Harald Haider

Sag' mir, Gott

Müde liegen die Augen in ihren Höhlen, blicken zuckend umher,
was werde ich heute wieder durchleben, gibt es denn noch mehr?
Schwer schluckend marschiere ich meinem Schicksal entgegen,
lasse über mich ergehen, wie sie meine Seele mit Fußtritten pflegen.
Ich weine nicht, denn meine Tränen sind schon längst versiegt,
zu oft wurde in eine nie schöner werdende Zukunft geblickt.
An jeder Ecke schwant mir Gefahr, verspüre ich Schmerzen,
ich zeige mich stark, doch blute tief in meinem Herzen.
 
„Sag’ mir, Gott, warum können Menschen so böse sein?
Sag’ mir, Gott, warum fühle ich mich auf dieser Welt so allein?
Sag’ mir, Gott, warum kann ich nicht mehr weinen?
Sag’ mir, Gott, warum muss alles so trostlos für mich erscheinen?
Sag’ mir, warum?“
 
Wann hat dieser grausame Alptraum denn ein Ende?
Das ist das einzige, an was ich noch Gedanken stets verschwende.
Was habe ich getan, dass ich täglich so böse büßen muss,
statt Lächeln im Gesicht sehe ich im Spiegel nur mehr Angst und Verdruss.
Die anderen sehen weg, wollen nichts von meinem Unheil wissen,
ich bin ganz allein, ausgeliefert, fühle mich verlassen und beschissen.
Zusammenzucken bei jeder kommenden Pause, bei jedem hilflosen Moment,
jeder freie Tag ist Balsam für meine gequälte Seele, das größte Geschenk.
 
„Sag’ mir, Gott, warum ist jeder Tag schlimmer als der davor?
Sag’ mir, Gott, warum sehe ich nicht mehr euphorisch zum Himmel empor?
Sag’ mir, Gott, warum will ich nichts mehr trinken oder essen?
Sag’ mir, Gott, warum bin ich aufs alleine sein schon so versessen?
Sag’ mir, warum?“
 
Ich höre auf zu denken, zu genießen, lebe nur noch dahin,
bin verschlossen, misstrauisch, finde kaum noch einen Sinn.
Was ist nur passiert, wie ist es soweit gekommen?
Warum bin ich dieser Farce nicht schon längst entronnen?
Fühle mich nur noch krank, ohne jegliche Energie,
komme mir vor wie ein gejagtes Freiwild in der Prärie.
Jeden Abend schicke ich ein Gebet zu Gott für ein baldiges Ende.
Ich warte so sehnsüchtig auf ein Wunder, eine plötzliche Wende.
 
„Sag’ mir, Gott, warum stirbt in mir jeder Funke von Willen?
Sag’ mir, Gott, warum ertappe ich mich täglich mit einer Hand voller Pillen?
Sag’ mir, Gott, warum kann ich nicht träumen, an nichts mehr Schönes denken?
Sag’ mir, Gott, warum kannst du mir nicht ein wenig Gerechtigkeit auf Erden schenken?
Sag’ mir, warum?“
 
Die Hoffnung verringert sich mit jedem Tag, jeder Stunde,
die ich ertragen muss, jede einzelne offene Wunde.
Körperlich und seelisch am Boden rappele ich mich stets auf,
nehme das Martyrium schon längst ohne Gegenwehr in Kauf.
Lasse es über mich ergehen, bin in Gedanken nur noch beim Danach,
wenn ich nicht mehr will, mehr mag, einen Schlussstrich mach’.
Zu lange musste ich dran glauben, ich fand keinen Weg mehr aus dieser Tyrannei.
Sucht euch jetzt ein anderes Opfer, denn nun bin ich gleich tot, endlich wieder frei.
 
„…danke.“
 
 
 
 
Über 20% aller Selbstmordfälle werden durch Mobbing in der Schule bzw. am Arbeitsplatz ausgelöst.
Von Mobbing selbst sind bereits etwa 10 % der europäischen Bevölkerung betroffen.
Mobbing ist niemals eine Lappalie, denn es geht um die Vernichtung der beruflichen und sozialen Existenz eines Menschen!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.08.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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