Lizzy Tewordt
Der Zahnarztbesuch
Mein Kalender zeigte drohend an,
der Zahnarztbesuch war heute dran.
Ich war doch erst vor Kurzem da,
so ungefähr vor einem Jahr.
Warum gerade ich? schrie es in mir,
ich fühlte mich wie ein gehetztes Tier.
Es half nichts; ich putzte nochmal die Zähne,
vergoß ne dicke Leidensträne,
wusch mein Gesicht und schon gings los,
Zahnärzte, wozu gibt es die bloß?
Im Wartezimmer angekommen,
nahm ich Platz, noch ganz benommen.
Ich sah auf die zwei Anderen mit starrem Blick,
sie guckten, wen wundert`s, genauso zurück.
Plötzlich hörte ich schwere Schritte:
Die Tür ging auf:"Der Nächste bitte"
Die Helferin lächelte, sie hat`s ja auch gut,
sie muß nicht zum Zahnarzt-ich kochte vor Wut.
Ein junger Mann mit taumelndem Schritt,
ging mutig mit der Helferin mit.
Ich fühlte mit ihm, er tat mir so leid,
Nächstenliebe machte sich in mir breit.
Nach zehn Minuten kam er zurück,
auf seinem Gesicht den erleichterten Blick,
den jeder Mensch hat, nach der Behandlung:
erst gequält, dann befreit, welche Verwandlung!
Nur noch die Frau, und danach dann ich,
die Vorstellung versetzte mir einen Stich.
Ich krallte mich am Stuhl in die Lehne,
warum hat ein Mensch, verdammt noch mal, Zähne?
"Frau Tewordt," sagte die Helferin munter,
mir lief der Angstschweiß den Rücken herunter.
"Ihr Termin ist am Neunten, heut`ist erst der zweite",
kann jemand ermessen, wie mich das befreite?
Vorbei meine Ängste, vorbei diese Qual,
"Ich komm nächste Woche dann gerne nochmal!"
Mit diesen Worten stürzte ich raus,
ich wollte nur Eines:Schnellstens nach Haus!
Die Leute auf der Straße, ich könnt`sie umarmen,
ich spürte den Sonnenstrahl, den Warmen,
die Vögel, sie sangen so lieblich wie nie,
die Welt, sie war herrlich, so voll Poesie.
Und nächste Woche das Theater noch mal,
doch für heute gerettet, der Rest war egal!
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In Gedenken an M.Z.
Dieses Gedicht widme ich meinem verstorbenen Zahnarzt. Er konnte mir zwar die Angst vor Zahnärzten nicht gänzlich nehmen, aber durch seine witzige, lockere Art, auch seinen Arzthelferinnen gegenüber, wurde das Ganze etwas einfacher.
Er war nicht nur ein lieber Mensch, sondern auch ein brillanter Meister seines Fachs.
Bestimmt weiß er, daß ich ihn meine und zwinkert mir von da oben zu. Lizzy Tewordt, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.09.2005.
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