Lothar Krist

Ich Arschloch

Ich Arschloch
 
Ich bin ein Arschloch.
Ich bin nicht immer gerne so ein Arschloch,
doch meist, da liebe ich mich.
Ich war auch nie anders.
Ich war immer genau so,
wie eben die anderen auch.
Ich habe ja nichts anderes gelernt.
Ich bin das Kind von Gutmann und Gutfrau.
Ich bin das westliche Gutkind meiner Zeit.
 
Ich habe vom Grund des Gut-Seins keine Ahnung (mehr),
das Drama in den Luftschutzkellern habe ich nicht mehr erlebt.
Ich frage mich daher jeden Tag,
was dieses „gut sein“ wohl sein soll?
Ich habe aber ein All-In-One-Handy,
welches geile Fotos aus geilen (Folter-)Partys zupft,
es-em-essen tut es natürlich auch,
(das kostet jedes Mal nur drei Pennies),
es ist an Klingeltönen äußerst mächtig,
das fällt im Kino immer wohl beachtet auf,
und das ist gut so, saugut.
 
Ich bin zum Wochenende auch immer gut drauf.
Ich habe Alles, was man zum Gut-Drauf-Sein so braucht.
Ich beee jeden Tanzpalast mit meinem guten Ich.
Ich nase auch gegen Morgen noch von jedem Klodeckelweiß
jede schmale Lain von noch viel weißerem Speed.
Ich liebe auch das Cola, klar,
doch auf Dauer kommt mir das zu teuer.
Ich verschwammerle auch nicht ungern
in ein rot-oranges Flimmermorgensommersonnenlicht hinein,
am liebsten hinter dem Volant meines aufgemopsten GeTeI.
Ich iche dann am Nachhauseweg jeden Du von meiner Straße.
Ich bin schließlich gut, so gut,
mein Gasfuß ist die letzte gute Gutheit dieser Welt,
und das ist gut so, sooo saugut.
 
Ich bin Ich.
Ich zeriche mit meinem Gut-Ich jedes andere Ich.
Ich eriche mir der Gesellschaft letzte Dienlichkeit.
Ichlos beiche ich mein Ich zur ichigsten Ichtigkeit.
Ich entiche mich aus der Familie altbewährtem Sinn.
Ich iche mich los aus jeder Verantwortlichkeit des Ichs.
Ich entnachwuchse mich sogar.
Ich hätte wahrhaftig Nichts gegen eine kinderlose Welt.
Ich kann Kinder nämlich nicht ausstehen,
sie stehlen mir bloß die ichigsten Teile meines Ichs.
 
 
Ich bin Ich.
Ich-vericht fliehe ich mich in den Schutz meines Ichs.
Ich bin schließlich Ich-Nur-Ich,
der gelernte und inzwischen perfekte Individualist.
Ich scheiße heute einfach auf Alles.
Ich scheiße sogar auf meine Mutter.
Ich verzichte auf Nichts,
auch nicht für Göttin Danae, meine Mutter, die Erde.
 
Dabei habe ich heute sogar schon klar ericht:
Mutter Erde mag mich Ich-Menschen von Heute nicht.
Mutter Erde ist heute von so vielen Ich-Nur-Ichs schon völlig zugeicht.
Ich weiß: Ich habe nun bald ausgeicht,
die Ära der Ich-Kultur eilt ihrem Ende entgegen.
Doch was soll’s? Das berührt mich nicht!
Ein paar Jahre wird es schon noch gut gehen für mein Ich.
Und dann? Ha, hinter mir die Sintflut! Hahaha!
Ich bin schließlich Ich, der Egoist.
 
Ich bin das Arschloch meiner Zeit.
Ich weiß das auch, und deshalb liebe ich mich.
Leckt mich doch Alle am Arsch!
Verrecken sollt Ihr Alle, die Ihr nach mir kommt!
Mutter Erde soll Euch ruhig ertränken.
Adolf Hitler und Josef Stalin
waren die Riesen-Arschlöcher ihrer Zeit,
sie haben gemeinsam Millionen Deppen umgebracht.
Doch ich, der Gutmensch, bin besser als die zwei.
Ich schaffe alleine locker drei, vier Milliarden.
Ich will nun werden DAS ARSCHLOCH der ganzen Menschenzeit.
 
 
© Copyright by Lothar Krist (Smaragd und Walthers am 19./20.10.2005
von 22.50 – 2.45 Uhr)
Erläuterungen einiger Begriffe:
 
Ich beee oder be-e-e – ist ein neues Zeitwort, mit drei „e“ hintereinander, echt geil, es ist den Wirrnissen der Zeit von Heute harmonisch angepasst, es kommt von E, Ecstasy. Heute werden die Discos ja von den Gästen nicht mehr beehrt, wie in den guten alten Zeiten, als noch Gott Alkohol der alleinige Herrscher über Dummheit und Idiotie war, sondern völlig dicht „beeht“ oder „beet“, über die richtige Schreibweise wird sich einst eine neue Rechtschreibkommission den völlig zugeehten Kopf zerbrechen, hihi, mit Sicherheit sogar, denn der Krieg gegen die Drogen ist nicht zu gewinnen, außer Big Brother bombt unsere Welt zurück in die Steinzeit.
 
Ich nase – Zeitwort aus „eine Nase Speed oder Cola ziehen“.
 
Sich in einen Sonnenuntergang hinein verschwammerln – wenn man so gewisse Schwammerl isst, die zu den Halluzinogenen gehören, dann verschwimmen einem die Farben, u.a. Wenn man heute auf den Straßen unterwegs ist, hat man oft genug das Gefühl, alle Autofahrer wären wieder einmal völlig dicht, und dass ca 40-50 Prozent der Autofahrer blind sind vom Wohlstandszucker, das weiß heute jeder Arzt, aber keiner traut es sich laut zu sagen. Das Auto ist schließlich das liebste Kind der europäischen Gutmenschen.
 
Wenn Jemand ein Problem mit einem Wort hat, dann bitte melden!

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.10.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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