Jessica Fischer

Brief an meine Mutter

Soviel Glück stand dir zu.

Und was bekamst du?

- Nichts. Nur Tritte, Schmerzen.

Sag mir, wie konntest du das nur aushalten?

Ich verstehe es nicht.

Warum hast du mir nichts gesagt?

Und was habe ich gemacht?

Genauso zugetreten, genauso Schmerzen zugefügt.

Doch was war das für ein Lohn, für das, was du gabest?

Um dich herum nur Liebe, Vertrauen, Hoffnung.

Und in dir? Schmerz, Einsamkeit, offene Wunden über Narben.

Du musst ein Engel gewesen sein.

Und ich habe es die ganzen Jahre über gesehen, ohne es zu schätzen.

Es war ja so selbstverständlich.

Warum? Warum musstest du von mir gehen?

Ich weiß. Ich war bereit.

Du hast deine Aufgabe erfüllt, und nun wirst du woanders gebraucht.

Ich vermiss dich so.

Ich will dich wieder in meinen Armen halten.

Meine Tränen sind keine Tränen des Verlustes, sondern des Glücks, was du für uns alle warst.

Ich verstehe nicht, warum ich würdig war, dich als Mutter zu haben.

Du bist so viel besser als ich, so gut, so strahlend.

Ich werde nie an dich heranreichen.

Nun bist du bei deinen Engeln.

Und ich werde zu dir kommen.

Wir beide.

Und dann sind wir das, was wir im Leben nie sein konnten.

Ich liebe dich.
 

Deine Tochter

Meine Mutter ist genau heute vor einer Woche noch am Leben gewesen. Am 10.11.2005 um ca. 16:00Uhr wurden dann die Medikamente abgesetzt und sie starb an den Folgen von SAB, einen Monat nach dem ersten Gehirninfarkt von ingesamt 4 und nach drei Wochen Koma und 9 Stunden Operation und künstlicher Lebenserhaltung. Nun muss sie nicht mehr kämpfen. Nächsten Montag um 11:00Uhr ist die Beisetzung. Ich weiß nicht, ob ich das überstehe. Es ist alles so schrecklich. Und ich stehe alleine da, ohne jemanden, der mich halten könnte. Den einzigen Menschen, der dies könnte, wurde gezwungen, wegzugehen. Und jetzt bin ich ganz allein. Oh Gott, bitte hilf mir!Jessica Fischer, Anmerkung zum Gedicht

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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