Anette Esposito

Lebensbilanz (Brief an meine Cousine)

 
Heut will ich dir, nach langen Zeiten,
auch noch mal eine Freud bereiten.
Ich schreibe dir mit dem PC,
denn sonst tun meine Finger weh
Die sind nicht mehr so ganz geschickt,
sind Rheuma – und schon Gichtbestückt
und Kugelschreiber sind zu teuer,
die nehm’ ich nur noch für die Steuer.
Vorab muss ich dir noch berichten,
die Rechtschreibung bei meinem Dichten
ist immer noch nicht fehlerfrei,
doch hoff ich, dir ist’s einerlei.
 
Nun zwanzig Jahre ist es her,
dass wir im regen Briefverkehr,
doch irgendwie noch Muße kannten
und uns, verwandt, sehr nahe standen.
Mensch, was haben wir gelacht,
da hat noch Leben Spaß gemacht.
Nun möchte’ ich dir, von unsrem Leben,
schnell eine Kurzbilanz hier geben.
Denk mal zurück, an alte Tage.
Wir waren stets Herr unsrer Lage,
und oft, im Hausfrau – Muttersein
standen wir im Kampf allein.
 
Wir waren knackig, schön und jung,
so rundrum fit, voll Lebensschwung
und zogen uns gern sexy an
um aufzureißen jeden Mann.
Die Pflichten waren gerne Pflicht,
heut sind’s die Falten im Gesicht.
Nun sind wir älter und auch weiser,
uns schmücken zarte Besenreiser,
anstelle von viel glatter Haut,
werden Runzeln angebaut.
 
Die Haut ist schlaff, wie auch der Po
und mit der Lust geht’s ebenso,
die Zähen sind nicht mehr so scharf,
im Ehebett fehlt der Bedarf,
lang schon sind die Haare grau,
kurzum – wie bei `ner alten Frau.
Heut trägt man Hosen, keine Höschen
und hüftkaschierend’ lange Schößchen,
nichts Enges über nackter Brust
und vom Verlieben bleibt nur Frust.
 
Erinner’ dich an unser Lachen.
Wir wollten mal Karriere machen.
Berühmt werden wie die Marleen,
uns auch die ganze Welt ansehn,
mit Glanz, viel Glimmer, obendrein,
nie enden wie ein armes Schwein.
Was ist von all dem nur geblieben,
von dem wir hoffnungsvoll geschrieben?
Nun stehen wir, sind fünfzig Lenze,
fast schon an unsrer Lebensgrenze.
Was haben wir davon erreicht?
Ach, unser Leben war nicht leicht.
 
Ich will dir auch noch schnell erzählen,
mit was ich mich muss heute quälen.
Am Morgen steh ich müde auf
und widme mich dem Tageslauf.
Viel Kaffee weckt den Lebensmut,
der länger meist im Schlafe ruht.
Dann duschen, so gehört sich das,
mit sehr viel Wasser, meist zu nass.
Der Wandspiegel verrät mir bald:
„Hey, gute Frau, nun wirst du alt.
 
Da hilft kein cremen und kein liften,
kein Firlefanz mit bunten Stiften,
kein Hormocenta, kein Be Be,
kein Puschup-Bh, wie ich seh,
der Speck quillt übern Hosenbund
und auch dein Hintern ist nicht rund.
Du solltest’s endlich akzeptieren,
du wirst an Falten nicht verlieren.“
Dem Spiegel werd ich mich verweigern
und ihn bei Ebay gleich versteigern.
 
Dann kommt der nächste große Schreck……
Die Waage werf ich heute weg.
Seit Wochen spricht sie schon nicht mehr,
ich glaub, die Batterie ist leer.
Von Anfang an lag sie daneben
mit der Gewichtsanzeige, eben.
Seh’n wir’s mal so, das mein ich ehrlich,
solch Lügen sind für mich entbehrlich.
 
Die Technik wird heut ungeniert
nur für die Schlanken programmiert.
Der Fortschritt, von so manchen Dingen,
kann unsereins nur Unglück bringen.
Und neulich sagte mir mein Mann:
„An deinen Beinen ist viel dran.
Früher war’n sie gertenschlank,
hoffentlich bist du nicht krank.
Und an dem Hang von deinem Busen
kann ich schon lange nicht mehr schmusen.
Damals war er fest und prall,
heut hat er `nen Senkrechtdrall.
Dein Hintern lockte stet vor mir…
Ich gaub, ich hol mir noch ein Bier.“
Das macht mich wütend, voll von Hass.
Denkt der, mir macht die Sache Spaß?
 
Doch denk ich dann an seine Hose,
die lommelt auch schon mächtig lose.
Denn über seinen „Stick of Joy“,
ich mich ja auch schon lang nicht freu.
So bot ich ihm, dem „jungen“ Mann,
vor kurzem mal Viagra an.
Zuerst hat er nur dumm geguckt,
dann hat er brav gleich zwei geschluckt.
Das hätt ich besser nicht getan,
denn nun fing mein Dilemma an.
Der Joystick, hart wie ein Stück Stahl,
er gab erst auf beim zehnten Mal.
Danach war ich vier Wochen platt
und hatte Ehepflichten satt.
 
Den Packungsrest hab ich, bei Nacht,
dann heimlich unserm Hund gebracht.
Der hoppelt nun, vor Feud und Lust,
auf einer Teddybärenbrust.
Er wirkt seitdem nicht mehr gesund
und unten rum ist er ganz wund.
Da siehst du mal, wie’s mir so geht.
Zum Aussteigen ist’s nun zu spät.
Der Traum, von der Karriere pur,
verliert am Ende seine Spur.
So spielt das Leben, oft fatal.
Nun sei gegrüßt, bis nächstes Mal.
 
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Anette Esposito).
Der Beitrag wurde von Anette Esposito auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Anette Esposito als Lieblingsautorin markieren

Buch von Anette Esposito:

cover

streiflichtern gleich von Anette Esposito



Drum hab ich in Reime zusammengefasst
was oftmals im täglichen Leben geschieht.
Viel davon doch zu manchem wohl passt,
wie man beim Lesen der Texte schnell sieht.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (6)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Humor - Zum Schmunzeln" (Gedichte)

Weitere Beiträge von Anette Esposito

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Trugschluss von Anette Esposito (Offene Fragen)
Es herbstelt von Adalbert Nagele (Humor - Zum Schmunzeln)
Anno Dazumal und die Doitsche Streidkultur von Patrick Rabe (Absurd)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen