Bernd Rosarius

Sechs Freunde

Sechs Freunde waren wir einmal.
Der Lebensraum war unser Tal,
das eigens für uns hingestellt,
bedeutend war für uns als Welt.
 
Ein Tal mit einer großen Wiese,
es wehte eine frische Brise.
Die Natur in Farbenpracht.
Helles Licht auch in der Nacht.
 
Um das Tal die Außenwand.
Der Himmel fasste ihren Rand.
Die Welt sollt' ausgeschaltet sein.
Wir wollten bleiben ganz allein.
 
Doch der Kontakt nach draußen blieb,
nadelfein wie durch ein Sieb,
durfte nur der Wind ins Tal,
jederzeit und allemal.
 
Er brachte uns die Weltenkunde,
in die abgeschirmte Runde.
Wer waren diese sechs Gesichter.
Es waren zwei der sechs als Dichter.
 
Ein Musikant, ein  Zirkusclown.
Ein Architekt wollt Traumschloss bauen,
und als Flakschiff unserer Crew,
kam eine Malerin hinzu.
 
Mit Windeslüftchen kühl,
sogen ein wir das Gefühl,
zur Befreiung unsrer Seelen,
doch ich möchte nicht verhehlen,
Träumer haben kurze Leben,
weil sie dem Traum ihr  Leben geben.
Doch wir fühlten uns grandios,
machten unsere Seelen groß.
Weit empfänglich für die Gaben,
großer Kunst von großen Namen.
 
Für uns zählten jene Werte,
die man damals gerne hörte.
Für das Schöne, für das Zarte, für das Reine.
Nicht für das Böse, für das Schlechte und Gemeine,
So führten wir dann unsere Geister,
auf die Spuren alter Meister.
 
Wir alle wurden sacht geküsst,
von Wagner, Beethoven und Liszt.
Auch Literaten jener Jahre,
immer gegenwärtig waren.
Wir prägten durch ihren Lebensspiegel,
unseren Bohemesiegel.
 
Nächtens sitzend um den Ofen,
wurden wir zu Philosophen.
Unsere Lyrik nahm der Wind,
zärtlich wie ein schwaches Kind,
mit nach draußen in die Welt,
wo nur Macht zählte und Geld.
 
Wir sechs doch blieben unter uns,
für ein Leben mit der Kunst.
 
Jeder Traum findet ein Ende.
Beschwörend hoben wir die Hände.
Es brachen Steine aus der Mauer,
und die Winde wurden rauer.
Die abgestürzten Mauerbrocken,
klangen schon wie Todesglocken.
 
Als die Mauer nicht mehr stand,
sahen weit wir raus ins Land,
wo niemand sich zurechte fand.
Wir wurden wahllos  hingestellt,
in eine für uns fremde Welt.
 
So wie die Mauer schließlich brach,
zerbrach die Gruppe auch danach.
Einer starb danach im Ort,
alle Anderen zogen fort.
Wir mussten neu das Laufen lernen,
für unseren Weg in neue Fernen.
 
Der Gedanke unserer Gruppe,
war das Salz in unserer Suppe.
Es ist wichtig dies  zu nennen,
will man die Geschichte kennen.
 
Als Träumer wurden wir bezeichnet,
und waren fortan auch gezeichnet.
Still und leer war unser Tal,
für alle Zeit und allemal.
Doch treu blieb uns der Wind,
mit ihm wir stets verbunden sind.
Anmerkung:
Mitte der 60er Jahre gab es erhebliche Klassenkämpfe (68er-Unruhen)Einerseits die harten Etablierten, andererseits die Studenten, die sich mit der Arbeiterklasse solidarisierten um das bestehende System zu verändern. Zwischen diesen Fronten standen wir im Alter zwischen 20+25 Jahren und hatte eine andere Ideologie. Wir lebten in der Illusion, eine Welt voller Frieden, Glück für alle, Sinn für Schönheit, Menschlichkeit, Schutz für Tier und Wald schaffen zu können. Wir bauten uns ein Traumparadies und schotterten uns völlig ab. Doch es gab Eltern, Schule Studium und Beruf. Die Realität holte uns zurück und die Gruppe zerbrach. Die Kontakte wurden weniger. Einer fand sich in seiner Welt nicht zurecht und starb. Einer verunglückte mit dem Auto und zwei starben durch Krankheit.1966 bedeutet, 40 Jahre ist das her. Der erste Freund der 1966 starb möchte ich zumindest in dieser Woche ehren. Ich habe ihm im Laufe der frühen Jahre 50 Briefe geschrieben in Versform. Die meisten Briefe sind sehr persönlich. Über ihn erzähle ich morgen und drei Briefe poste ich Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Für mich ist es eine Ehrung, die ich gerne mit jemand teilen möchte. 

Danke!

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Wenn erst ein laues Lüftchen weht,
das sich naturgemäß dann dreht
und schnelle ganz geschwind,
aus diesem Lüftchen wird ein Wind,
der schließlich dann zum Sturme wird,
und gefahren in sich birgt-
Dann steht der Mensch als Kreatur,
vor den Gewalten der Natur.
Der Mensch wird vielleicht etwas klüger,
seinem Sturmwind gegenüber.


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