Ulrike Reich

Deutschland sucht den Supergau

Vor endlos langen Zeiten schon gab's eine Castingagentur,
im Stimmbruch war der Dieter schon und Thomas ganz woanders noch,
man suchte Deutschlands Supergau, versprach als Preis die Sonne pur,
die einem Sieger winken sollte,
den sonst wohl niemand richtig wollte.

Und zu gerade dieser Zeit war's meinen Eltern größtes Leid,
dass ich das Licht der Welt erblickte,
ihr Unglück nahm dann seinen Lauf und sie gerieten bald in Streit,
weil sie der Oberarzt, der Lümmel, recht forsche in den Hintern zwickte,
und sagte, es sei nicht so schlimm, ein Ding wie ich wär' weit und breit
sehr wohl das ärgste, was er sah, doch gäb es Schlimmeres sehr wohl,
auf dieser Welt, in der wir leben und nach mehr modern talking streben,
so nahmen sie mich doch noch mit und merkten rasch, das Kind ist cool.

Man fütterte und wiegte mich mit aller Sorgfalt und Geduld,
und merkte bald, dies war ein Schock, dass ich wohl ein Mutantlein bin,
sie wurden außerhäusig nun recht gut von RTL geschult,
und lernten in nem crashverfahren, dass ihr Mutant macht keinen Sinn.
So brachte man mich in den Keller, um diese Erde gut zu schützen,
hielt mich dem Bruder vor's Gesicht, zur Strafe und als Kinderschreck,
mehr war von mir nicht zu erwarten, als lediglich zum Schreck zu nützen.

"Wie geht's nun weiter mit dem Wesen?", berieten sie sich insgeheim,
vielleicht sucht "unter uns" noch doubles, die Geisterbahn noch Personal?
nicht GZSZ, unter uns, noch wwm oder auch Holbe waren bereit zum
Stelldichein,
und auch für Brockdorf, Michael Jackson und Dänicken wär's nur ne Qual,
sich rumzuschlagen mit Mutanten, die weiter vor sich hinmutieren,
ganz ohne Vogelpest und BSE sich eines Tags' vermehren würden,
die Menschheit musste man wohl schützen, mehr noch als vor den größten
Tieren,
doch wie? dies war die große Frage, man müsste nehmen viele Hürden.

Am Ende waren sie sich einig, im Kellerloch mich zu verstecken,
zum Schlafen, Essen und zum Fernsehen an einer nicht zu kurzen Kette,
und täglich kam dann die Familie, um ihr Mutantlein stets zu necken,
doch, wie's so ist bei Supergaus, manchmal da sind sie auch ganz nette...
die Mama lehrte alles mich, weil Schule ja nicht möglich war,  
auch Buchstabieren fand ich schön, fand, dass das Alphabet macht Sinn.
Man brachte bei mir einen Letter des Alphabets in jedem Jahr,  
nun weiß der informierte Leser, warum ich noch nicht weiter bin.
Meine Familie, die mich liebte, sie überlegte hin und her,
ob da nicht mehr zu machen wär',
so las man die Annoncen durch, und rtl schien wohl sehr passend,
sie suchten Deuschlands Supergau, ob Mensch, ob Tier, Hauptsache spaßend.


Ich wurde sorgsam eingepackt, zum Megacasting ging die Fahrt,
wir waren kaum dort angekommen, bekamen wir ne schöne Nummer.
Ein Leben als Mutantending ist, wie ihr sicher wisst, sehr hart,
mutierst du ewig so dein Ding, dann hast du ständig deinen Kummer.
Nicht lange warten mussten wir, denn wenige nur waren hier,
kein Wunder, dacht' ich insgeheim, wer stellt sich gerne schon der Wahl
zum Obersupergau von Deutschland, als bräucht's des Übels mehr als wir.
Man rief mich rein und war geschockt, grinste recht fies und flüsterte,
dann ging die rechte Türe auf,
es tauchten viele Promis auf,
sie bogen arg vor Lachen sich, bevor mich jeder musterte.

Der Fliege rief "oh Gott oh Gott",
der Bohlen "alder Vollidiot",
Herr Jauch mit Schmunzeln und Gegrinne
"herzlichen Glückwunsch zum Gewinne",
und Wowereitens kleiner Schelm
"du bist dabei, und das ist gut so",
mir wurde bange unterm Helm,
"was ist das hier? Ne PROMIshow?!"
der Hape meinte nur ganz trocken "das ganze Leben ist ein W(Qu)i(t)z"
und Super Nanny dachte sich "da nutzt der stärkste Einsatz nix"
und einer, der gern alles sieht, allseits bekannter Super Krüger,
meinte gelangweilt, irritiert "gings nicht ne kleine Nummer klüger?"

Nun hock ich weiterhin im Keller,
zähle die Stunden und die Tage,
Ich schrei ganz laut "ich bin ein Star",
doch niemand holt mich hier mehr raus,
Mutanten's Leben ist und war
ein Schein, der trügt, doch bald ist's aus.

DSDS gibt's demnächst wieder,
jedoch ganz ohne schöne Lieder,
man sucht den neuen Supergau,
egal, ob Mann, ob Kind, ob Frau.
Ich hab das Recall schon vermasselt,
hab mich bei Dieter wohl verquasselt.

Ich war der Sieger unter allen, war Deutschlands erster Supergau,
wurde gekrönt mit Krüger's Nippel, die Tine baute mir nen Thron,
doch mittlerweile möcht' ich bitten, erlöst mich bald von dieser Schau,
bewerbt euch und ehtthront mich bald, denn Supergau... das ist ein Hohn.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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