Karl-Heinz Fricke

Der Traumschatz

Schwimmend erreichte er den Strand,
schwer atmend, erschöpft, übermannt.
Das Eiland schien unbewohnt zu sein,
ringsum nur Bäume, Sand und Gestein.
 
Nach Stunden raffte er sich auf,
die Sonne war am untergehn.
Er kletterte den Hang hinauf,
und blieb verdattert plötzlich steh'n.
 
Den vor ihm gähnte doch
einer Höhle dunkles Loch.
Er traute sich nicht hineinzugeh'n,
das sollte bei gutem Licht gescheh'n.
 
Ohne Arg und ohne Wacht,
legte er sich hin zur Nacht,
unter einen hohen Baum,
und er fiel in einen Traum.
 
Es erschien ihm das Höhlenloch,
und fürwahr, da sah er doch
eine eisenbeschlagene Truhe.
Er schritt zu ihr in großer Ruhe.
 
Hob den Deckel einen Spalt,
es überkam ihm heiß und kalt.
Silber, Gold und Edelstein,
Ketten, Ringe, Elfenbein.
Ein unbeschreiblich großer Schatz
auf diesem öden, verlassenen Platz.
 
Am Morgen durch der Äste Lücken,
ließen sich Sonnenstrahlen blicken,
erweckten den Schläfer unterm Baum,
er dachte verstört an den Traum.
 
Dann stand er wieder vor dem Loch,
in das er mit Vorsicht kroch.
Durch eine Spalte im Gestein
stahl ein Lichtschein sich hinein.
 
Und was er sah, das glaubte er kaum.
War die Erfüllung es vom Traum?
Dort stand an einem Felseneck
eine Kiste, halb verdeckt.
 
Als er den morschen Deckel hob,
feiner Staub zur Höhe stob.
Und im Innern sah er dann
das Skelett von einem Mann.
 
Seine Ruhestatt schien es zu sein,
er schlief darin für immer ein.
Von Gold und Silber keine Spur,
er fand eine Kladde nur.
 
Es war des Toten Tagebuch,
in das  er ein sein Schicksal trug.
Die Kumpane ließen ihn zurück,
nahmen den Schatz, Stück für Stück.
 
Der Verblichene hatte ihn mitgeraubt
und er hatte fest geglaubt,
dass sie ehrlich mit ihm teilten,
hohnlachend sie jedoch enteilten.
Er blieb zurück allein und starb,
auf dieser Insel und verdarb.
 
Hoffungloslos sah der gestrandet,
kalter Schweiß die Stirn umrandet.
Sein Schicksal schien besiegelt zu sein,
er stürzte sich ins Meer hinein.
 
Die siebte Welle der steigenden Flut,
meinte es mit dem Armen gut.
Sie trug ihn hinaus in den schwellende See,
umarmte ihn zärtlich und  nahm all sein Weh.
 
   Karl-Heinz Fricke  09.05.2006

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