Manfred Rust

Cap Malheureux

So trauernd schäumt die Gischt ans Cap des Unglücks an


Spült weisse Kronen aus Schaum auf vulkanisches Gestein


Führt mich im Augenblick an vergangene Spektakel heran


Von dumpfem Kanonenklang , brennenden Schiffen im Widerschein


Des Kreuz des Südens ,tanzend auf den Wassern wie ein schwankendes Boot


Irrlichte am Ende einer Welt , lauert hinter spitzen Felsen der Tod.



Ich meine noch den Moder faulen Holzes zu schmecken,


Der Rauch verbrannter Segel verdunkelt noch die Sterne


Aus blutrotem Wasser seh ich verzweifelte Hände sich recken


Und Kriegsgeschrei drängt noch in die fernste Ferne


Zerborstenes Treibgut schwimmt vorbei an meinem Staunen


Jahrhundertealt, vernehm ich auch des toten Seemanns Klageraunen.



Wieviele Leiber wohl das Meer in sich begraben ?


Welch hohe Orden waren den mörderischen Siegern verliehen ?


Über schwankenden Wracks kreisten düster die Raben


Und kein Erbarmen vermochte neben den Gefallenen zu knien


Je heiliger der Zweck sich geriert


Desto einfacher tötet sich’s ungeniert.



Du Unglückscap ragst weit herein in der Schlachten Reihen


An deinen tückischen Riffen zerbarst mancher Eroberungstraum


Den kriegerischen Flotten mochtest du die Bühne leihen


Gabst ihrem blutigen Schauspiel weiten Raum


Wer eben noch erfolgreich hat gerungen


Wird bald von deiner Flut verschlungen.



An deinen Ufern ward Geschichte geschrieben


Vergessen von dem grossen Rest der Welt


In staubigen Archiven ist die Erinnerung geblieben


Verblichen und namenlos auch noch der letzte Held


Und niemand mag ihm mehr gedenken heute


Jede Gegenwart schliesslich kennt wichtigere Leute.



Fast beiläufig ragen Urgesteine zerklüfftet in das Meer hinein


Bergen das Geheimnis eines malerischen Ortes


Wäre ich an deinen Ufern ganz allein


Ein Robinson im wahrsten Sinn des Wortes,


So wollt zu Wasser, Wind ich werden und auch zu Sand


Dahingestreckt , ineins mit diesem zauberhaften Strand.



Der Schlachten Feuer längst erloschen, die Säbel im Meeresgrund verrostet


Nur der Möwen Klagelaute erinnern dunkel noch der Zeiten


Wer einmal nur von den leuchtenden Farben gekostet


Der mag nicht mehr um andre Ziele streiten


Will verwachsen , sucht Vereinigung , Verweilen für des Lebens Rest


Wo einst das Unglück sich erbrach, feiern nun die Sinne ein rauschendes Fest.



Nach langer Wanderschaft hält der Getriebene an deinen Ufern Rast


Mag selbst sesshaft werden der heimatlose Vagabund


Darnieder liegt allen Alltags zerreibende Last


Zum Schweigen gesundet hier der geschwätzigste Mund


Und zügelt beizeiten jedes voreilige Wort


An diesem der leisen Töne ausersehenen Ort.



Mag auch der Zeiten Lauf sich gebärden wie er mag


Das sogenannte Weltgeschehen sich überschlagen


Hier regiert nur das Meer den Lauf von Nacht und Tag


Und will nicht nach Jahreszeiten fragen


Weil alles zu grandiosem Stil-Leben gefroren


Und jeder Moment in einem Zauber neu geboren.



Des abends schaukeln morsche Kähne trunken in die Nacht hinein


Treiben lässig in der warmen Fluten Müssiggang


Zahllose Sterne legen nieder ihren silbernen Schein


Tummeln sich ergiebig in der mächtigen Wellen Überschwang


Ausgestreckt lieg ich von warmem Sand getragen


Fernab von allen Welt- und Himmelsplagen.



Wenn nicht nur Reise, doch auch Ankunft ist das Leben,


Du Unglückscap,


An deinen Stränden erfüllt sich alles Streben.

Das Gedicht entstand während eines Aufenthalts auf der Insel Mauritius im Sommer 2002; das Cap Malheureux
ist ihr nördlichster Punkt
Manfred Rust, Anmerkung zum Gedicht

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