Michel Schmidt
Das Zeichen im Baum
Immer fröhlich, immer mit einem Lächeln auf den Lippen.
Doch wenn die Schule vorbei war, wenn die Eltern nicht da waren-
Dann zog sie sich zurück.
Ein kahler, alter Baum, nur selten grün anzuschaun.
Viele Narben trug er,
Eingeritzt mit einem Messer in die verletzende Haut.
Und immer wenn das Mädchen nicht mehr weiter wusste,
Nicht mehr konnte, keinen Lebensmut mehr hatte,
Ritzte sie erneut blutige Wunden in die Haut des Baumes.
Und so wie er ein trauriges Wispern,
Unhörbar für die anderen,
Verlauten ließ,
So schmerzte es auch ihr.
Die Schule-mit aufgesetztem Lächeln durchlaufend.
Die Eltern-auch sie bekamen von den
Unhörbaren Hilferufen ihrer Tochter nichts mit.
Dieser lange und dunkle Weg,
Der zum dem Baum führte,
Den sie einst so geliebt hatte.
Schmerzverzerrtes, eisiges und trauriges Kindesgesicht über.
Doch dieses Mal,
Dieses mal sollte es anders sein,
Dachte sie sich.
Dann küsste sie den alten Baum und umarmte ihn.
Bevor sie das Messer an ihre Hand ansetzte
Und ihrem traurigen Dasein endgültig ein Ende setzte.
Die Familie und auch die Freunde,
Die sich ihr nie richtig zu erkennen gegeben hatten,
Glaubten an eine Entführung, an Mord.
Und es schmerzte sie sehr,
So ein glückliches und lebensfrohes Kind
Verloren zu haben.
Niemand hatte ihr Leid erkannt.
Ihre Maske war perfekt gewesen.
Und nur der Wind,
Der noch stets an dem Baume umherging,
Erkannte das Gesicht des toten Mädchens,
Dass wie eine leise Zeichnung,
Im Baum eingeritzt schien.
Im toten Baum.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.07.2006.
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