Adalbert Nagele
Mei Urgroßmutter
Scho sehr laung zruck gibt´s in Hieflau,
die Gschicht von ana oitn Frau.
A rechtschoffns Weiberl, liab und fein,
schneeweiße Hoar und lustig obendrein,
trotzdem is amoi wos gwein,
wo d´Leit heit no drüber reidn.
A Bursch hot ihr wos repariert,
und sei Orbeit guat vollfiahrt,
es is für sie a große Pflicht,
daß sie eam an Kaffee anricht.
Aus der Kredenz do nimmt sie daun,
des scheinste Heiferl für den Maun,
und obwui ihre Augen neamma so guat san,
richt sie den Kaffee glei an.
A er gfreit si b´sunders drum
und rührt si den Kaffee glei um.
Wie er do so umarührt,
an Widerstand er plötzlich gspürt.
Mit dem Löffel, oh welch Graus,
ziagt er´s aus dem Kaffee heraus.
„Himmelherrgottsakrament,
des san jo meine dritten Zeihnt!“
Die Blamage is riesengroß
und sie entwickelt mords an Hoß.
Ihr is so schiach ums Herz,
daß sie´s Gebiß nimmt in ihr´m Schmerz
und schmeißt´s in d´Gluat von ihrem Herd
bis langsam da Friedn in ihr wiederkehrt.
Da Bursch sogt: „Es is jo net so schlimm,
trink ma´n Kaffee, wann i´s nächste Moi kimm.“
Die Leit, dei´s immer recht verehrt,
hobn ihr a net den Rücken kehrt,
und es wor wieder ois in Butter,
mit meiner liab´n Urgroßmutter.
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Der Stoff dieses Gedichtes ist eine wahre Begebenheit. Als Kind habe ich mit meiner Urgroßmutter immer große Freude gehabt. Sie war eine besonders liebenswürdige Frau, trotzdem widerfuhr ihr einmal dieses Missgeschick. Ich habe mich deshalb sehr bemüht, diese Geschichte so gefühlvoll wie nur möglich aufzuarbeiten.Adalbert Nagele, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.12.2002.
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