Juli Beuys
Nachricht
Es klingelt
doch niemand geht dran
es klingelt
und beide bleiben sitzen
es klingelt
„Mama? Warum gehst du nicht dran?“
es klingelt
eine Träne fällt auf ihre Schuhspitzen
nochmals dieser Ton
und ich spüre: hier stimmt etwas nicht
zögernde Schritte…dann…
„Ja...?“
Papa steht daneben
schaut sie an…schaut mich an
so voller Trauer hält er ihre Hand
die Finger lösen sich voneinander
er geht auf mich zu
warum nimmst du mich hoch?
warum drückst du mich an dich?
Mama setzt sich…
…auf den Boden.
Kein Stuhl in ihrer Nähe
Trauer erfüllt mich, erfüllt diesen leeren Flur…
durchdringt mich, kriecht in mein Herz
Ich ahne, was passiert ist
Die Wolken reißen auf
Ein feiner strahl hellen Lichtes berührt den Boden
nassen, kalten Boden
die Wolken verschließen sich, wie ein stählernes Tor
so undurchdringbar
ich weiß es nun
ich ahnte es ja schon
„Ist sie gegangen?“
frage ich
doch Papa sagt kein Wort
…eine Träne…
auf meiner Wange
an meinem Kinn
tropft auf den Boden
tropft auf ihr Grab
Warum nur?
frage ich
und schaue auf ihr Grab
Warum….?
schreie ich gen Himmel.
Warum hast du mich verlassen?
Vorheriger TitelNächster TitelLiebe Leser,
dieses Gedicht ist meiner Großmutter gewidmed, die 1998 einen Herzinfakt erlitt, einige Monate im Koma lag und leztendlich starb. Jetzt, 8 Jahre später verspürte ich das Gefühl, mein Erlebtes von damals in Worte zu fassen um damit endgültig meine Trauer zu überwinden, von der ich doch geglaubt hatte, sie schon längst los zu sein. Doch kam mir da ein Gedanke: hört man denn jemals auf zu trauern? Einen Menschen zu vermissen, den man sehr liebte bzw. noch liebt? Ich denke doch nein.Juli Beuys, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2006.
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