K.N.Klaus Hiebaum

A U F E R S T E H U N G

 
 
Zur Feier des Tages, lass ich heute mal einen Toten auferstehen!!!    Wie ?  Das werdet ihr wohl merken
 
 
 
 
Ein Tragischer Fall
 
Die trauernde Gesellschaft
sitzt im Gasthaus,
mit eintönigem Geklapper
löffeln sie den Leichenschmaus
aus ihren Mundhöhlen
in die leeren Teller,
dass diese sich füllen.
Alsdann kommt der Ober,
schöpft das Hervorgeschluckte
mit der Kelle in den Suppentopf,
bringt ihn in die Küche.
Der Koch füllt damit
den großen Aluminiumpott
und stellt die brodelnde Masse
auf den glühenden Herd,
damit sie langsam erkaltet.
 
Die Gesellschaft erhebt sich,
einer nach dem andern
geht rückwärts aus dem Speisesaal
und verlässt mit hungrigem Magen
das Gasthaus.
Nur langsam
sammeln sich die Leute
am Friedhof.
Hastig speit das Grab
die ersten Schaufeln voll Erde
auf das Werkzeug des Totengräbers.
Vorwärts tritt die Trauergemeinde
in Reih und Glied
an das dunkle Loch.
Einzeln neigen sie ihr Haupt.
 
Die unsichtbare Leiche
im verschlossenen Sarg
scheint ihnen Erdkrumen
auf das Schaufelchen zu werfen
und nachdem etwas Weihwasser
aus der Tiefe spitzt
werden die andächtig Hinterbliebenen
mit Gruftrosen beschenkt.
 
Rückwärts treten sie zurück
in die graue Menge
Zwei Männer lassen bedächtig
Seile ins Grab hinab.
Diese fädeln sich
unterm Sarg hindurch, steigen
auf der gegenüberliegenden Seite
empor wie Schlangen,
bei den beschwörenden Tönen
der Blasmusik.

 
Unter dem Rhythmus der Trommeln
dröhnt das bekannte Lied
eines Männerchores
übers Friedhofsareal:
„…nedaremaK nenei ttah hcI”.
 
Die Schlangenseile
züngeln aus der Grube
beißen sich fest an den Händen
von zwei Sargträgern
und langsam hebt sich der Sarg
empor.
Nach dem Segen des Priesters
laden sechs Träger
den Sarg auf ihre Schultern.
In bedächtigen Zweierreihen
schreiten die Neugierigen
rückwärts aus dem Friedhof
in Richtung Leichenkapelle.
 
Ihnen folgen die Hinterbliebenen,
der Priester und die Ministranten,
Sargträger, Chor und Musikkapelle.
Der Sarg wird in der Kapelle abgestellt,
Andere Träger legen ihre Kränze nieder
langsam zerstreuen sich die Leute,
machen sich rückwärts
auf den Weg in die Pfarrkirche
 
Der Sarg verschwindet
im Leichenwagen,
die Bremslichter leuchten auf,
dann die Scheinwerfer.
Rückwärts fährt der schwere Wagen
zur Kirche.
Der Sarg wird hineingetragen,
mit Blumen geschmückt,
die Kerzen werden angepustet.
Langsam füllt sich der Raum.
die Orgel spielt die letzten Klänge
und mit dem Segen
beginnt der Priester die Messe.
Er spendet der weinenden Witwe
mit unverständlichen Worten
in der Predigt Trost.
Vor dem Schuldbekenntnis,
bei dem sich die Leute
reumütig auf die Brust klopfen
singt der Chor ein feierliches:
„...nosiele eiryK“.

 
 
Priester und Ministranten
schreiten alsbald
rückwärts zur Sakristei,
die Glocke ertönt,
und sie verschwinden darin.
Mit dem Feuerzeug
werden die brennenden Kerzen
gelöscht.
 
Nachdem auch das Volk,
sich rückwärts bekreuzigend,
den Raum verlassen hat,
wird der Sarg wieder
in den Leichenwagen verfrachtet
und ins Krankenhaus überführt.
Dort geht’s hinab in die Leichenkammer.
 
Nach drei Tagen
kommen Männer in Schwarz,
schrauben den Sargdeckel auf,
heben den Leichnam auf eine Bahre
und decken ihn
mit einem Leintuch zu.
Nach Stunden
erscheinen aufgeregte Krankenpfleger,
ganz in weiß, entfernen das Leintuch,
ziehen dem Toten den Festanzug aus,
waschen ihn, und stecken ihn
in eins der hinten offenen
OP-Nachthemden.
 
Daraufhin transportieren sie die Leiche
rückwärts in den Reanimationsraum.
Einer der Ärzte
ergreift den Defibrillator!
5oo Volt werden verabreicht.
Der Tote protestiert
indem er seinen Körper
heftig in die Luft wirft.
Strom wird gedrosselt, auf 4oo Volt
der Tote schüttelt sich,
scheinbar erschrocken.
3oo Volt, 2oo,
das Schütteln wird schwächer
der verschiedene Patient
scheint sich daran zu gewöhnen.
Bei 15o Volt, beruhigt sich die Leiche,
und schnarcht sich mit tiefem Atemzug
ins Leben zurück.

 
 
Hektisch werden Geräte
von ihrem Platz genommen,
Blutdruck gemessen,
der Patient  wird in den OP verfrachtet,
das grüne Tuch
über den Narkotisierten ausgebreitet,
ein langer Schnitt an der Bauchdecke
wird aufgenäht.
Es beginnt ein 9o minütiges
gespenstisches Herumhantieren
mit allerlei Instrumenten,
Nadeln, Scheren und Klemmen,
in der offenen Bauchhöhle.
Allerlei Medikamente
werden mit Spritzen
aus den Venen gezogen
und mit Schläuchchen und Kanülen
in hängende Glasflaschen gepumpt.
Dann wird die Bauchdecke
mit dem Skalpell zugeschnitten.
 
Das grüne OP-Tuch wird entfernt, der Patient auf ein Krankenbett gehoben und rückwärts auf die Bettenstation gebracht.
Nachdem die Vornarkose
mit der Injektionsnadel
aus dem Körper gesogen
bewegt sich ab und an ein Glied,
der Harn rinnt aus dem Plastiksäckchen
unterm Bette hängend,
zurück in die Blase, der Patient ermüdet
und öffnet ganz langsam die Augen.
 
Seine Frau steht schluchzend am Bette.
Tränenflecken auf dem Leintuch
formen sich zu Tropfen,
fallen auf die Wangen
der Leidgeprüften
und rinnen langsam
in die ausgetrockneten Augenhöhlen.
Ein Taschentuch
flattert vergnügt aus dem Mülleimer
in die Hand der gewesenen Witwe,
welche den Inhalt
tief in die Nase inhaliert.
 
Langsam beruhigt sie sich,
schleicht rückwärts
aus dem Zimmer
und der Patient fällt
in genesenden Schlaf.
 
 © peter hauger
 
(Verkehrt abgespult ...wurde dieser Film  ;-))
 

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