Stefan Rieger

Burg Neuhaus bei Fleißen, genannt die Schneckenburg

Die Schneckenburg bei Fleißen (nach historischen Quellen)


Kommst Wandrer du an diese Stelle
Halte kurz ein wenig ein -
Denn früher stand an jener Schwelle
Eine Burg erbaut aus Stein.
 

Wo Türme hochragten und Zinnen empor,
Und Mauern trutzten zur Wehr,
Wo rasselnd aufsprang ein finsteres Tor,
Davon kündet uns nichts mehr.
 

Als letzte Zeugen findest du nur
Noch Reste von Burgwall und Graben,
Die im Gelände als deutliche Spur
Die Burg von drei Seiten umgaben.
 
Des Gründers Name ist vergessen -
wohl war es ein Ministerial,
Der im Mittelalter die Burg besessen
Als des Kaisers getreuer Vassall.
 

Doch mit dem Ende der Stauferzeit,
Als die Pläne der Kaiser zerstoben,
Entschwand auch der Ritter Herrlichkeit,
Da im Reich sich die Fürsten erhoben.
 

Kaum fehlte des Kaisers lenkende Hand
So führte man auch schon Fehden.
Wo ehedem noch Friede bestand
Bekämpfte nun jeder jeden.

Gegen Fürsten aber und Städte Macht
Mußten die Ritter verzagen,
Und wer es nicht anders zu Rreichtum gebracht,
Der mußte mit Raub es nun wagen.
 
 
Dienten die Burgen einst früher dem Schutz
Der Bauern vor feindlichen Heeren,
S
o waren sie jetzt zu nichts weniger Nutz
Und man mußte sich ihrer erwehren.
 

So kam es, daß im Egerland,
Den Bürgern und Bauern zum Schrecken,
Auf jedem Berg fast ein Raubnest stand,
G
rad so wie die Burg hier von Schnecken.

Nicht viel ist´s was sich berichten ließe:

Die letzten Burgherrn hießen von Grün.
Zwar waren sie wohl aus Eger, so hieß es,
Doch als Raubritter schon lange verschrien.
 
 
Der letzte Grüner trieb gar es zu toll -
Er raubte das Vieh von der Weide,
Erpresste von Kaufhändlern Schutzgeld und Zoll
Und ritt auf der Jagd durchs Getreide.
 
 
Was kümmerten ihn die Sorgen
Der fahrenden Kaufmannsschar?
Wollt er sich von einem was borgen
Den schmorte im Turme er gar...
 
Drum wollte der Rat der Stadt Eger
Grün werfen ins finstere Loch
Der triebs daraufhin um so reger
Und höhnte „dann fanget mich doch!“
 
 
So ging es lang gut und er lachte,
Als fünfzehnhundertzehn,
Der Egerer Stadtrat sich dachte
„Es muß etwas geschehn!"
 
 
Eines Morgens stand Grün auf dem Söller
Nach einer durchzechten Nacht,
Da donnerten auf einmal die Böller
Der Egerer Stadtstreitmacht.
 
 
Schnell handeln hieß jetzt die Devise!
„Ihr Ritter und Knechte gebt Acht!
Nicht glücken darf die Reprise
Und vor allem das Tor zugemacht!“
 
 
Schon hörte man das Feldgeschrei
Aus Büchsen krachten Schüsse,
Landsknechte führten den Angriff herbei
Aus Pechnasen heiß stürzten Güsse.
 
 
Sturmleitern wurden in Stellung gebracht
Dumpf prallte der Rammbock ansTor,
Zu groß war der Feinde Übermacht,
Aus der Burg schlugen Flammen hervor.
 
 
Mittags schon waren die Mauern erstürmt,
Der Widerstand war gebrochen,
Als Letzter, der noch nicht getürmt,
Kam Grün aus den Trümmern gekrochen.
 
 
Nach Eger führte man ihn dann,
Rittlings aufs Pferd gebunden,
Und im Gericht ward für den Rittersmann
Schnell das passende Urteil gefunden.
 
 
Der Tod traf ihn durchs Henkersbeil,
Die andern hing man auf.
Der Pöbel lief zuhauf in Eil
Und rief sein „Vivat!“ drauf.
 
 
Die Burg riß man dann nieder
Bis auf den Mauerrest,
Und es erstand nie wieder
Das alte Räubernest.
 
 
Nur eine Ruine schaute
Künftig ins Land hinein.
Und als die Bahn man baute
Da blieb von ihr kein Stein.
 
 
Doch manchmal, wenn um Mitternacht
Melusine auf Sturmgewölk reitet,
Da hört man wies vom Graben her lacht
Von Donnergrollen begleitet.
 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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