Elisabeth Zieger

Stumm und Taub

Noch fast Kind, da haben sie mich geholt.

Klar. Ich habe das nicht gewollt!

Nicht viel habe ich damals drüber nachgedacht -

Es hätte mir wohl auch nichts gebracht:

Taube wurden sterilisiert,

wie’s “erbbiologische Maßnahmen“ fixiert.

Hinauszuzögern war ohne Sinn -

Ein kleiner Eingriff und bis 1938 mein Leben einfach weiterging.
 
Da wurde ich schwanger. So plötzlich!

Ein Irrtum! Ich glaubte es nicht wirklich!

Auch meine Mutter konnte dies nicht verstehen,

besorgt gingen wir, einen Frauenarzt zu sehen.

Der aber gratulierte mir zur Schwangerschaft,

zunächst hat Schrecken uns erfasst:
 
Sterilisiert war ich immerhin!

Bis Freude unsere Überraschung auffing. 

Und heiter waren wir noch als es hieß

„Ein Fall für die Frauenklinik? Gewiss!“

Man nahm meine Sachen und Kleider hinfort -

Befahl ich müsste nun bleiben dort.
 
Ich fühlte mich unwohl und wollte heim,

da sperrte man mich in ein Zimmer ein!

Ich  probierte zu fliehen, doch wurde gepackt.

Die Falle hatte zugeschnappt!

Ich weinte, verzweifelte, versuchte mich aus dem Fenster zu werfen.

Man hielt mich fest. Ich begann sie zu nerven!
 
Aufgewacht in der Intensivstation.

Eine Schwester hantiert mit der Infusion.

Wir verständigten uns nonverbal:

Es war ein Bub. Er war normal!

Stumm sind wir beide vor der Welt.

„Wir stehen unter der Macht.“ Hat mein Verlobter erzählt.
 
Beieinanderzubleiben ward unser Schwur.

Heiraten wollten wir von jetzt an nur.

Doch hat man von mir im Standesamt,

eine weitere Sterilisation verlangt!

Ich gedachte Im Kloster abzuwarten,

bis Nazis zweifellos nach bald verlorenem Krieg abtraten!
 
Aber selbst dort wurde sterilisiert und abgetrieben!

Ohne Hoffnung. So hab ich mich 1941 für unsere Ehe entschieden.

Ich war so unendlich traurig ohne Kinder.

Und auf diese Weise niemals wieder,

was auch immer noch lag uns im Leben bevor,

war der Liebesakt  noch einmal wie zuvor.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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