verGEWALTigung
Liebevoll rauscht es
im reizenden Busen der Natur
Vogelgezwitscher pulsiert in den Adern
wollüstig durchstreif ich bewaldete Hügel
meine Gedanken hängen wie Goldfäden
in Lärchen-Ästen
ich genieße den sanften Frieden
deines wogenden Körpers
im Hauch des Windes
Plötzlich ein Knattern und Heulen!
Eiserne Ketten fressen sich rauchend
in die Rinde deiner Schenkel
durchtrennen den Lebensnerv
Die Säulen der Waldkathedrale sind abgesägt
unter Krachen und Bersten
bricht sie zusammen
Ein furchtbares Getöse
brüllt durch die unschuldige Landschaft
stählerne Raupen graben tiefe Furchen
in ihren anmutigen Leib
bohren sich tief zwischen die Schenkel
von Buchen und Fichten
zerreißen das Hymen von Moos und Pilzgeflecht
Entjungfert ist die Natur
vergewaltigt und blutüberströmt
ihre Seele zerrissen
jahrzehntelang kriecht Trauerarbeit
die neu entstandene Forststraße entlang
und wälzt sich tonnenschwer
ins finstere Tal
Dies Gedicht enstand
anlässlich der zahreichen Wanderungen während der Kur,
wo ich eine Unmenge von Forststraßen kreuzte.
Hier wird Natur vielfach zu einem rein kommerziellen Faktor.