Jutta Schwarz
Des Objektes Tücke
Ein Mensch, der sich gern ungehemmt
von Zeit zu Zeit was Gutes gönnt,
ist, weil er gern chinesisch speist
und ihn sein Magen drauf verweist,
flugs in ein Restaurant gegangen
und hat sich dort ganz unbefangen
ein Reisgericht mit Huhn bestellt;
man hat es vor ihn hingestellt
und, weil´s der Sitte so obliegt,
ein Stäbchenpaar hinzugefügt.
Der Mensch erkennt der Hölzer Zweck,
sie dienen hier als Eßbesteck,
dazu, was üblich für Banausen,
die lieber ganz gewöhnlich jausen.
Der Mensch hält sich im allgemeinen
und im besonderen für keinen,
der alles, was da unbekannt,
aus seinem Tageslauf verbannt;
jedoch in diesem Augenblicke
jäh offenbart sich eine Lücke
in seinem Bildungsrepertoire,
das ist dem Menschen sehr schnell klar.
Er aber will sich nicht blamieren
und sucht die Lage zu sondieren;
verstohlen geht sein Blick umher
und was er sieht, bedrückt ihn sehr:
die anderen um ihn herum,
sie scheinen nicht wie er so dumm;
denn sie hantieren mit den Stäben,
als gäb´s nichts Leichteres im Leben.
Der Mensch, von seinem Wunsch besessen,
die Speisen, eh sie kalt, zu essen,
stürzt sich, obgleich´s ihm nicht geheuer,
mit Todesmut ins Abenteuer,
jedoch das Resultat ist kläglich,
des Hungers Qual wird unerträglich.
Dem Menschen ist es nun egal,
es bleibt ihm keine and´re Wahl:
er speist mit Gabel und mit Messer
nicht stilgerecht, doch dafür besser
und hat am Ende unverdrossen,
sein Mahl, wenn auch sehr spät, genossen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.01.2003.
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