An klaren, kühlen Wassern stand
ein alter Weidenmann.
Gar trostlos, wie ich erstmal fand,
mit Trauerbändern dran.
Die Zweige weit und bodennah
um seinen Stamm gelegt.
Die Äste hängend, die ich sah,
das Blattwerk unbewegt.
Ich fragte:"Alter Weidenmann,
warum bist Du betrübt?"
Da lachte er mich freundlich an
und gluckste hell und lieb:
"Nicht traurig bin ich, nur galant,
ich halte mich bedeckt.
Damit nicht jeder Narr im Land
mein Innerstes entdeckt.
So mancher Griesgram weiterzieht
der oberflächlich schaut.
Weil ich mich nicht für ihn verbieg,
sieht er nur meine Haut.
In meinem Schatten ist es kühl
im Sommersonnenheiß,
ein Wandersmann mit Herzgefühl
um diesen Vorteil weis.
Bei Regenwetter spende ich
dem Mensch, den Tieren, Schutz.
Leg meine Zweige sanft um Dich,
ganz ohne Eigennutz.
Oft lehnt an meinem dicken Stamm
auf einem trocknen Platz,
so mancher Jüngling glücklich an,
im Arm sein holder Schatz.
Doch willst Du dieses Plätzchen sehn,
mußt Du Dich überwinden,
darfst nicht nach Äußerlichem gehn,
mein Innerstes zu finden."
So lernte ich zu meinem Glück
vom alten Weidenmann,
wie schön doch so ein zweiter Blick
ins Innere sein kann!