Gerwin Degmair
Siebzehn Rehlein - sechzehn Rehlein
Siebzehn Rehlein - Sechzehn Rehlein
Siebzehn Rehlein oder mehr,
(wenigstens so ungefähr,
schätz ich mal im Dämmerschein,
denn die Hälfte war noch klein)
lauschen, wittern, springen rum,
- Jäger Waidmann bleibt ganz stumm -
senken ihre Köpfe, Sinne,
kein Gedanke jetzt an Minne,
äsen sich aus Herzenslust
durch den Wiesen-Gräser-Wust,
allseits röhrt es fröhlich „Mahlzeit!“.
Leider hallt der Wunsch fatal weit,
denn schon hört man wildbret-geil
Jäger Waidmanns „Waidmanns Heil!“.
Bums, da kracht auch schon sein Schuß
mitten in den Hochgenuß
und von dort in Rehleins Herz,
respektive in die Lende ---
Jägersmann blickt himmelwärts,
Rehleins Äsen war zu Ende,
und desselben Missgeschick
wurde Waidmanns „Waidmanns Glück“
dessen Augen, blitzeblank,
strahlen voller „Waidmanns Dank!“
Sechzehn Rehlein oder mehr
waren’s jetzt noch ungefähr,
“Rache!“ hieß nun ihr Begehr
mit dem Rehlein-Schießgewehr.
Sie verharren still im Wald,
lauschend, ob’s noch einmal knallt.
Denn noch sitzt der Jägersmann
oben auf dem Hochsitz an.
Aber diesmal fehlt’s am Glück,
Rehlein schießen scharf zurück:
drehen ihre “Spiegel“ Richtung
Waidmann auf der Hochsitz-Lichtung,
und vergrößern ihre Brust
dank gefühlter Angriffslust,
geht doch so ganz mühelos
jeder Schuß nach hinten los.
Sich in alle Richtung reckend,
feuern sie gleich flächendeckend,
treffen Hochsitz, samt Vermoosung,
punktgenau mit ihrer Losung.
Rehlein kennen keine Gnade
bei der heißen Kanonade!
Waidmann steht schon bis zur Wade
leider nicht in Schokolade,
fühlt stattdessen sich beschissen,
schießt zurück mit Hochsitzkissen,
doch beim Wurf aus der Kabine
fehlt es ihm noch an Routine,
denn er traf trotz bestem Wollen
nur den Jagdhund in die Vollen.
Selbst die Flinte liegt verödet
schon mit Losung zugelötet
und er atmet nicht mehr tief
bei dem ungeheuren Mief.
Jagdhund Waldi seinerseits
riecht und hört nichts mehr bereits,
ja, des Kissens große Wucht
schlug ihn sofort in die Flucht!
Waidmann selbst will auch entkommen,
doch er sieht nur noch verschwommen.
Rehlein treiben die Aktion
nämlich bis zur Perfektion:
Hochsitz kracht mit Wucht zusammen,
Rehlein schossen ihn in Flammen,
Waidmann kann nur noch auf Knien
dem Inferno knapp entfliehen,
seine Augen blicken leer ----
er versteht die Welt nicht mehr ----
und sein Antlitz wird sehr faltig,
stinkt ihm doch all dies gewaltig,
schon beschleicht ihn Agonie
mangels Psychotherapie.
Rehlein aber – mon ami! -
blasen froh zum Halali.
Waidmann – philosophisch weise –
ist der Meinung: „so ’ne Scheiße!“
und beginnt zu kombinieren,
ohne sich zu amüsieren:
sitzst du erst mal mitten drin,
ist ein Hochsitz Dein Ruin:
bisher Waidmann, der gefragte,
bist du plötzlich der Gejagte,
und statt vollem Waidgenuß,
stehst du unter Rehbeschuß.
Folglich ziehst du mit Verdruß,
jedoch messerscharf, den Schluß:
schießt der Jäger virtuos,
ist das Rehlein chancenlos,
schießt das Rehlein comm il faut,
ist’s der Jäger ebenso,
und schon merkst du ganz spontan:
auf die Losung kommt es an!“
Also betet Waidmann leise:
„Lieber Gott, Du siehst allein
mein „sit-in“ hier in der „Schneise“,
ringsum nur noch üble Pein,
naß, braun, zäh und „tonnenweise“!
Soll das echt Dein Wille sein?!
Hilf, dass ich beim Rehlein-Spiel
nie mehr bin das Losungs-Ziel,
laß mich in den nächsten Tagen
wieder waidmannslustig jagen,
also nur nach Rehlein schielen,
die nicht gleich auf Jäger zielen,
denn Du weißt, wie alles endet,
wenn das Reh den Waidmann schändet.
Herr, ich hoff’, Du hörst mein Flehen
um mein waidlich Wohlergehen,
laß mich auch einst, wie die Frommen,
in den Jägerhimmel kommen,
aber, bitte, ohne Rehe,
doch Dein Wille, Herr, geschehe!
Da sprach Gott, vom Himmel hoch
durch ein kleines Wolkenloch:
„Zeigt das Reh den “Spiegel“ Dir,
wie ein Stück der Haute Couture,
riecht das zwar im Jagd-Revier
ziemlich schnell nach Jagd-Plaisier,
und Du fühlst in Deiner Nähe
schon das Glück der Jagd-Trophäe,
doch aus derlei „Spiegel“ Klarheit
leuchtet alte Waidmanns-Wahrheit:
Waidmann sein ist Waidmanns-Kunst
im Feld-, Wald- und Wiesendunst,
doch wenn’s Rehlein scheißt und brunzt
bis Du nicht mehr jagen kunnst,
ist die ganze Kunst umsunst
und nicht nur der Hund verhunzt.
Darum will ich Dir verraten:
soll die Jagd stets gut geraten,
hol das Rehlein Dir als Braten,
ohne Schießgewehr und Waldi,
gleich da vorn, um’s Eck, beim Aldi!“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.06.2007.
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