Einsam liegt sie in dem Bette,
ganz allein, wie abgestellt.
Um den Hals trägt sie die Kette
mit dem Knopf zur Außenwelt.
Dreimal kommt man sie zu pflegen,
jeden Tag, zur gleichen Stund‘.
Dürft sie heut noch Wünsche hegen,
hätt sie einen nur: „Gesund“.
Gitter hatte man gezogen,
links und rechts, gefängnisgleich,
Um das Leben jetzt betrogen,
schien sie an Erfahrung reich.
Wann kommt auch ein liebes Wesen
zu Besuch? Es wäre schön.
War es lang doch her gewesen,
dass sie hörte:“ Wiedersehn“.
Wieder zieht ein Tag vorüber.
Morgen, Mittag, Abend, Spät.
Wartend geht ihr Blick hinüber
zu dem Zeitenmessgerät.
Ihre Kinder wohnen ferne,
zogen früh von ihr hinaus.
Ach, wie hätte sie jetzt gerne
alle um sich, hier zu Haus.
Ab und zu nur hört sie leise
eines mal am Telefon.
Und ihr scheint die Art und Weise
undankbar, als Frechheit schon.
Manchmal fängt sie an zu grübeln:
Hab ich denn was falsch gemacht?
Kann man mir es denn verübeln,
dass ich auch an mich gedacht?
Gab ich nicht in meiner Jugend
auch genügend für sie hin?
Wo bleibt hier die gute Tugend,
Pflicht im Elternliebessinn ?
Zittrig greift sie in die Tasche,
unterm Plumeau, an der Wand,
öffnet langsam ihre Lasche,
nimmt das Sparbuch in die Hand.
Setzt sich ihre Lesebrille
vor die Augen, auf die Nas.
Geld zu mehren, war ihr Wille
und die Summe zeigt ihr das.
Schwer und müde sind die Lider
und sie schließt sie ein‘ Moment.
Da erblickt sie plötzlich wieder
die Gestalt, die sie schon kennt.
Wartend, dort in einer Ecke,
doch ist sie noch nicht bereit.
Fröstelnd zieht sie an der Decke
angstbedrückt in Frömmigkeit.
Noch ihr Sparbuch fest umklammert,
lag sie da auf kühlem Weiß.
Niemand hat geweint, gejammert.
Einsam starb sie, `s war der Preis.
Und im Nachruf war zu lesen:
„Gott vergib ihr gnädig, warm!
Ist sie auch sehr reich gewesen,
war im Herzen sie doch arm“.