Leila Schneider

Schuld war die Bratwurst

(Dieses Gedicht schenkte ich meiner Schwester Bernadette und meinem Schwager Denis zur Hochzeit, welche am 1. Juni 2002 stattfand. Es soll die beiden für immer daran erinnern, wie sie sich kennenlernten.)


Heut geh ich in den Ausgang, dachte Bernadett bei sich.
Das war am Mai, den dreissigsten, im Jahre 93.

Zum Römerhof in Balzers, dorthin will sie gehen.
An diesem Abend hat sie ihn zum erstenmal gesehn.
„Ooooch, ist der süss“, dacht sie, „ich pack das Glück beim Schopf“.
Doch aus versehn warf sie ihm fast ein Feuerzeug an den Kopf.

„Ach, wie grässlich, ach, wie schrecklich, sowas passiert nur mir.
Nein, wie ist das peinlich, wo ist die Ausgangstür?“
Der Denis denkt da bei sich: „Ist das ne süsse Maus,
doch bevor die mich heut noch erschlägt gehe ich nach Haus.“

„Ciao, Tschüss, ich verschwinde“, sagt der junge Mann.
Bernadette schaut ihn ganz neben den Schuhen an.
Doch was muss sie sehn, als er an ihr vorrüber geht?
„Pfui! Welch hässliche Jacke er da an sich trägt.“

Heimlich, mit kleinen Schritten trippelt Bernadett ihm nach,
doch als sie Draussen ankommt gibt Denis schon Vollgas.
Der arme Opel seiner Eltern hat was durchgemacht.
Denis fährt mit voller Pulle durch die dunkle Nacht.

Und währenddem er fährt und fährt, nachdem er Bernadette traf,
denkt er mit grosser Wut auf sich: „Mann, bin ich ein Schaf!
Wenigstens Hallo hätt ich sagen können, nicht nur Tschüss und Ciao.
Naja, aus Fehlern lernt man, jetzt bin ich richtig schlau.

Zwei Wochen später im Cave in Trübbach.
Bernadette sitzt an einem Tisch und denkt mit Strenge nach.
Nur vier Stühle weiter sitzt er da, ihr Schwarm.
Wenn sie ihn so anschaut, wird ihr ums Herz ganz warm.

Doch was sieht die Bernadett? Sie hält’s fast nicht mehr aus.
Denis schaut verträumt sie an, er hat den Bogen raus.
Plötzlich zwinkert er ihr zu, mit seinen braunen Äugelein.
„Scheisse!“ Denkt er bei sich, „was flog mir da ins Auge rein?“

„Jetzt habe ich genug, ich geh“, sagt Bernadett zu sich.
„Ich glotze mir die Augen aus, und der macht einfach nichts!“
„Oh doch, ich mach ganz viel“, denkt Denis sich geschwind.
„Ich brauche nur kurz Zeit, bis ich das Viech im Auge find.“

„Da is’ es ja, toll, ich kann wieder sehn!
So, du süsse, kleine Maus, willst du mit mir gehn?
Na sowas, wo ist sie denn? Hab ich sie so erschreckt?
Jetzt trau ich endlich, mich zu äussern, und nun ist sie weg.“

„Aber weg einfach so, das geht doch nicht.
Oder kann sie vielleicht zaubern? Uuuh, das wär ja ungeheuerlich.
Auf diesen Riesenschreck brauch ich erst’n kühles Bier,
dann fahre ich nach Hause, und hocke vor die Eingangstür.“

„Dort schlaf ich meinen Rausch mal so richtig gründlich aus.
Ich muss doch in zwei Wochen fit sein, denn dann geh ich wieder aus.
Dann ist hier’n Rockfest, da tanze ich drauflos.
Moment! Ich tanz ja gar nicht gern. Was mache ich dann bloss?“

Nun ist es schon soweit, zwei Wochen sind vorbei.
Denis hört zu mit Wonne, ihm gefällt dies Rockgeschrei.
„Hilfe!!! Ja, was is’n das? Jemand hat meine Schulter getupft.
Um Gottes wuin, ich werd überfallen, ich fühl mich ganz geschupft.“

„Hallo, hey, darf ich mich vorstell’n? Ich bin die Bernadett.
Du, ich habe solchen Hunger, wärst du wohl so nett?
Steh doch für mich an die Schlange, und hol mir ne Bratwurst her.
Hörst du, wie mein Magen brummt? Er ist halt ganz leer.“

Ohne Widerworte tut der Denis, was sie sagt.
Als er ihr den Rücken kehrt, ist Bernadett verzagt.
„Was bin ich blöd, ich habe doch Bratwürste gar nicht gern,
doch ich musste ihn ansprechen, weil ich so für ihn Schwärm.“

„Danke, danke, vielen Dank, wie fein, sogar mit Senf.“
„Wäh, wie gruusig“, denkt Bernadett, „ich krieg gleich Magenkrämpf.“
Dann schaut der Denis rauf zur Bühne, hört der Rockband Lärm.
Bernadette hat da andere Sorgen, sie muss die Bratwurst loswerd’n.

„Na super, ein Kübel, schnell hinein damit,
der Denis ist ja so verteift, dass er mich nicht sieht.
Endlich bin ich los, das Ding, mein Hübscher, pass nun auf,
heut kommst du mir nicht davon, ich fahr die Krallen aus.“

„Hähähä, nun hab ich dich, und krall mich an dir fest.
Du kannst mir nicht widerstehn, ich weiss, dass du auf mich stehst.“
Genau so ist’s, am nächsten Tag steht er vor ihrer Tür, ganz rot.
In seinen Händen zittert ein ganzes Kilo Brot.

„Oh, ein Brot, wie schön, und wie originell.“
Das sagt Bernadett zu ihm, und lässt ihn rein, ganz schnell.
Und als sie das Ding in ihrem Kasten hat verstaut, denkt sie:
„Blumen hättens auch getan.“ Denis fröhlich schaut.

„Nimm doch Platz, mein Schatz. Na, gefällt’s dir hier?“
„Ja, Bernadette, weißt du was? Ich bleibe gleich bei dir.“
Und ein paar Wochen später zieht er tatsächlich um.
Bernadett räumt seine Sachen ein, und denkt sich: „Oh, wie dumm.“

Dort schimmelt frisch und fröhlich Denis Mitbringsel vor sich hin.
Bernadett nimmt einen Plastiksack, entsorgt das grüne Ding.
Dann wendet sie sich Denis zu, von da ihr Glück begann.
Und heute sitzen sie nun hier, und sind jetzt Frau und Mann.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.03.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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