Inge Offermann
Berlin im Herbst
Verliebt in eine Stadt,
Berlin im Regen.
Bunte Herbstblätter
auf Kopfsteinpflaster.
Lindengelb und Eichenrot,
Birkengold und Platanenbraun.
Der Wind zaust graue Ranken
an verfallenen Zäunen
und bunte Astern verwilderter Gärten,
die der Stadt morbides Flair verleihen.
Dennoch pulsiert hier
das Leben wie Nirgendwo.
Straßen voller Menschen,
Läden und Lokalitäten,
Hektik, Arbeit und Verkehr.
Abends die bunten Lichter
der Schaufenstern und Biergärten,
der Schiffe auf dem Wasser
oder angeleuchteter Kunstwerke.
Und überall die grünen Lungen
der Stadt: Bäume, Parks, Alleen.
Wiedersehen mit lieben Freunden
in einer griechischen Taverne,
Fotos vor einer bunten Ikonennische,
Bummel am verkaufslangen Abend
auf dem Kurfürstendamm,
Modchenschau vor einem Geschäft
und Auftritt einer Abba-Revival-Band,
erleuchtete Stände mit Schmuck
und Kunsthandwerk vor dem
blauschimmernden Fenstermosaik
der Gedächtniskirche.
Dann entfernt mich der Bus
mit jeder Etappe von dieser Metropole
und lässt einen alten Freund
in einem abendlichen Café zurück,
der traurig auf welke Kastanienblätter blickt
und einen anderen Freund,
der am Dachfenster Briefe tippt
und abfahrenden Bahnen nachsieht
und eine Freundin,
die ihre bunten Blumenbilder malt.
Und ich denke an sie alle
und bin verliebt in Berlin und seine Menschen
und mit jeder Busetappe
wird mein Besuch zur verklärten Nostalgie.
© Inge Hornisch
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.10.2007.
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