August Sonnenfisch
Die Finsternis
D i e F i n s t e r n i s
Dunkelheit im Dezember.
Kälte, kahle Geäste.
Am Nachmittag schon
entschwindet das
spätherbstlich tiefe Tagesgestirn!
Drei Wochen
nur noch bis
zur Jahresmitternacht!
Im frühen Abend schon regiert
finstere Nacht:
"Tag, wo fliehst du hin?
Wie flach und
flüchtig du bist!"
Der Sonnengott weilt nur
noch zu Gast.
Mondeskinder sind wir.
Nur Mondeskinder noch!
"Papperlapapp, mir macht die
Dunkelheit nichts aus!"
prahlt der starke Mann, auf welchen
gar manche
der Damen geflogen!
Doch jetzt liegt er mit Fieber zu Bett.
Im Beginn des Dezember.
Bei elektrischen
Lichterketten und Kerzen.
*
Dunkelheitsresistent wir uns wähnen -
doch grippale Infekte
strecken uns nieder,
Migräne, Missgeschick
und depressive Verstimmung
im Dezember.
Mit Blei in den Adern
schleppe ich mich
durch sommerlich pralle Programme!
Die Finsternis wirkt,
draußen wie drinnen.
Und sie schreit nach Ruhe und Rast -
mitnichten nach Maloche.
*
Nur nicht spüren, dass
des "Schützen"
spätherbstlich mächtige Nacht
in mein Inneres mich ruft!
Meine Schatten zeigte sie mir!
Und meine Göttlichkeit in nuce, die ich
versäumt und verpasst ...
hätte ich nur Mut!
Doch es benötigte
der Courage eines Colombus!
Unsere Lebenslügen und -lügeleien:
wie fürchten wir sie!
Unsere Bedürftigkeit,
unsere Strenge,
unsere Pein.
Der Fluch einer fatamorgierten Schuld!
Das weinende und
das wütende
Kind in uns, welches nach
Gerechtigkeit und
Geborgenheit schreit!
Lieber verleugnen wir uns selbst:
unsere Schatten
und unser Licht aus den Göttern!
Gleich dem Aostel,
der seinen Meister verriet!
*
Um doch am Heiligen Abend,
wie an den zu
feiernden Tagen,
in Sicherheit uns zu wiegen:
in Sicherheit
vor der Stille
in der Tiefe der Nacht!
Mit Karpfen,
Gänsekeulen,
Tiramisu und Kaffee!
Um mit solcher
List und Tücke,
in der Familie leidlich geborgen,
dem Zähneklappern
und der Freude
für diesmal
*
Wir wähnen, die Finsternis
tangiere uns nicht!
Doch NYX, die Göttin der Nacht,
findet einen Jeden
in ihrer AGAPE:
ihrer göttlichen Liebe!
Uns bleibt die Wahl:
ob wir uns selber begegnen
in der Nacht -
oder uns fliehen.
Ob wir uns zärtlich berühren
oder barsch -
wenn in unserer Blöße
wir uns finden
im finsteren Stall!
*
Doch leuchtet in all der Finsternis
irgendwo ein Licht?
Das WUNDER geschieht in
der fügsam durchfürchteten Tiefe
innerer Nacht:
dort begegnet uns
göttliches Licht!
Hier sind wir das Sterntalerkind,
welchem Wunder
auf Wunder geschieht:
Aus der OHNMACHT unseres Karfreitag,
die wir im Licht unseres
Bewusstseins
durchschmachten -
erwächst uns österliche Macht!
Die FURCHT vor dem Tod,
die wir im Licht unseres
Bewusstseins
durchfürchtet -
wird uns
zu VERTRAUEN und MUT!
Der ZORN und die PEIN,
die wir im Licht unseres
Bewusstseins
innerlich durchzürnt und durchlitten -
kehren sich
in FRIEDE, STILLE
und DANK!
***
STILLE NACHT, HEILIGE NACHT!
In der Finsternis,
welche in
Glückseligkeit gekehrt!
Durch den
göttlichen Grund in uns.
(c) August Sonnenfisch, in den Tiefen
des Dezember 2003 ff
Vorheriger TitelNächster TitelLITERATUR ZUM AUSFÜHLEN DER GEFÜHLE:
(1)
Johann Wolfgang Goethe (1749-1832):
"Und so lang du das nicht hast,
dieses: Stirb und werde!,
bist du nur ein trüber Gast
auf der dunklen Erde."
(in: "Selige Sehnsucht")
(2)
Rudolf Steiner (1861-1925):
"Wie finde ich den Christus?"
(Vortrag in Zürich, 16. Oktober 1918)
in: Rudolf-Steiner-Taschenbuch,
Band 740, S. 180 bis 184
(3)
Christian Meyer (spiritueller Lehrer, * 1952):
"Ein Kurs in wahrem Loslassen.
Durch das Tor des Fühlens
zur inneren Freiheit",
arkana 2016
(4)
Meister Eckhart von Hochheim in Thüringen
(circa 1260-1328),
deutscher Mystiker:
"Wenn wir Gott einen Schritt entgegengehen,
kommt er uns seinerseits eintausend
Schritte entgegen!"
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Rainer Maria Rilke
DU DUNKELHEIT
Du Dunkelheit, aus der ich stamme,
ich liebe dich mehr als die Flamme,
welche die Welt begrenzt,
indem sie glänzt
für irgend einen Kreis,
aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß.
Aber die Dunkelheit hält alles an sich:
Gestalten und Flammen, Tiere und mich,
wie sie's errafft,
Menschen und Mächte -
Und es kann sein: eine große Kraft
rührt sich in meiner Nachbarschaft.
Ich glaube an Nächte.
22.9.1899, Berlin-Schmargendorf August Sonnenfisch, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.01.2008.
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