Hans-Jürgen Hendricks
W A T T E N meer
Wie eine Decke, grau und schwer,
hängt der Himmel über dem Watt.
Nebel taumeln hin und her;
Flut die Ebbe schon abgelöst hat.
Licht sich über den Horizont zwängt,
kündet an den Morgen.
Die Nacht sanft verdrängt;
Kaum ein Laut die Stille stört.
Die Nacht kein Anrecht mehr geltend macht.
Es ist die Stunde die niemanden gehört.
Der Tag erst zögernd erwacht.
Zaghaft erste Möwen schreien;
ihre Flügel gegen den Wind ausbreiten.
Sich von Erdenschwere befreien,
mühelos sofort in die Lüfte gleiten.
Auf dem Deich, die Silhouetten von Schafen;
wie mit ihm verwachsen verharren.
Entweder sie noch schlafen,
oder nur ins Leere starren.
Das Wasser ist zurück gegangen,
folgend den Regeln der Gezeiten.
Meeresgetier, in Wasserlachen eingefangen;
Beute, um die sich Vögel kreischend streiten.
Das erwachte Watt, Grau in grau,
Schlick in jeglicher Schattierung;
abstrakt und dennoch naturgenau,
wie eine bizarre, riesige Radierung.
Eine urige Landschaft, von Wellen frei gegeben;
Priele, wie Flüsse sie durchziehen.
Das Watt, überquellend von quirligen Leben,
Sandbänke, vom Meer an die Ebbe nur ausgeliehen.
Die Mittagsonne Wolken überwindet;
heller wird’s, über Watt und Meer.
Das Grau jedoch nicht ganz verschwindet;
die Sonne tut sich am Wattenmeer schwer.
Ein Seehund, aus dem Wasser schaut.
Betrachtet skeptisch das Sonne-Wolken Spiel,
zum Sonnen auf eine Sandbank sich nicht traut!
Tauchend wieder verschwindet im Priel.
Dämmerung den Tag versiegelt;
einsames Vogelrufen, allmählich verstummt.
Mondlicht im feuchten Watt sich spiegelt;
verlorene Wolken, wie Gesichter, vermummt.
Nebelschwaden, atmend sich senken und heben;
von seichten Winden streichelnd berührt.
Ziellos, schwankend hin und her schweben;
graue Träume, vom Wind zum Tanz auf Schlick verführt.
Im Gras der Marsch noch raschelndes Tun;
der Wattvögel Gerangel um Ruheplätze.
Doch dann Vögel und Winde ruhn,
als folgten sie nächtlichem Gesetze.
Vernehmbar wird ein quellendes Murmeln und Tuscheln;
Vorboten aufkommender Flut.
Wellen bedecken sich öffnende Muscheln.
Das Meer niemals ruht... .
Der Deich auf silbern schimmernde Wellen schaut.
Die Beiden kennen sich gut.
Ihrem friedlich plätschernden Flüstern nicht traut;
kennt er doch auch ihre Wut!
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.02.2008.
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