Anna Guttmann

Im Namen unserer Träume

für den Jugendredewettbewerb 2008
 
 
Hallo, liebe Phantasten und Realisten, liebe Luftschlossbauer, Regenbieger und liebe Menschen, auf die das alles nicht zutrifft.

 

 

Das Träumen ist es, worüber ich sprechen möchte.

 

Klingt das Wörtchen Träumen nicht ein wenig fremd? Außer dem Träumen in unseren Nächten können wir nicht wirklich viel damit anfangen.

 

Oder doch?

 

Ich weiß nicht, ob es unter uns viele Träumer gibt.

 

Wie auch immer, ich meine nicht unsere Träume von letzter Nacht, ich meine unsere Kinderträume.

 

Kinderträume mit denen wir als kleine Kniebeißer auf die Welt zugegangen sind.

 

Träume, die für die meisten Erwachsenen absurd klingen.

 

Träume, die die großen Leute von heute nicht mehr kennen, weil sie sie vergessen haben. Sie kennen ihr inneres Kind nicht mehr, nehmen das Leben schwer und schaffen sich selbst viel zu viele Probleme, die eigentlich keine sein müssten.

 

Meiner Meinung nach gibt es sowieso keine Probleme. Alles Schwarzmalerei. Herausforderungen würde ich sie nennen. Herausforderungen, die unsere Charaktere formen und stärken.

 

 

Wir Menschen, wir machen aus jedem Gedanken eine Wissenschaft, wir vergeben Namen an Dinge, die keinen Namen brauchen.

 

Was ist Liebe?

 

Wer ist Gott?

 

Jeder sollte das Recht haben, diese Dinge für sich selbst zu definieren. Man kann doch den Glauben an eine höhere Macht nicht in ein Wort zwängen.

 

Wir tun es trotzdem. Wir wollen die Welt verstehen. Warum gingen wir sonst zur Schule?

 

Alle ungenutzten Gehirnwindungen des Menschen reichen nicht aus, um diese Welt auch nur ansatzweise zu verstehen. Um alles zu wissen, was es hier zu forschen und zu experimentieren gibt.

 

Dabei verstehen wir nicht, dass wir nicht in der großen weiten Welt nach der großen weiten Wahrheit suchen sollten, sondern vielmehr in uns selbst.

 

Denn die Wahrheit ist in jedem von uns. Egal, wie verborgen.

 

Ist ein Träumer nicht viel weiser als ein Wissenschaftler? Ein Träumer kennt seine Welt.

 

 

Viele von uns, wahrscheinlich die meisten hier, schwimmen mit im Alltagstrott.

 

Wir essen, wir schlafen, wir arbeiten und wir lernen.

 

All das, um eines Tages etwas Besseres zu sein, als wir es ohnehin schon sind.

 

All das, um eines Tages etwas mehr zu verdienen als die, die gleich einem Beruf nachgegangen sind. Warum sonst hat man uns immer gesagt:

 

 „Lean gscheit, dass wos wiad aus dia!“

 

 

Die Gesellschaft, in der wir leben, drängt uns immer eher dazu, erwachsen zu werden. Immer schneller, mehr Verantwortung zu übernehmen.

 

Die Kindheit, in der uns erlaubt wird, ans Christkind zu glauben, wird immer kürzer.

 

Wer heute noch an etwas glaubt, das nicht wissenschaftlich bewiesen wurde, wird als kindisch hingestellt.

 

Viele von uns verhalten sich wie pupertierende Kleinkinder, obwohl sie doch den Respekt der großen Leute von heute wollen. Sie können keine Verantwortung übernehmen, wollen aber wie Erwachsene behandelt werden. Irgendwas kann dabei nicht stimmen.

 

Lasst uns also das, was wir leben, mit Freude tun.

 

Lasst uns Spaß daran haben.

 

Sterben werden wir sowieso. Wenn nicht früher, dann später.

 

Nicht umsonst hat jemand mal gesagt:

 

„Wir sollten das Leben nicht zu ernst nehmen, denn überlebt hat es sowieso noch keiner!“

 

 

Viel zu oft hängen wir down übern Zaun, weil uns der ganze Druck, der auf uns lastet, so erdrückt. Das Leben wird eben immer teurer.

 

Und je teurer es wird, desto öfter vergessen wir,

 

wer wir sind,

 

woran wir glauben,

 

wofür wir leben,

 

wovon wir träumen.

 

 

An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Vergleich einbauen.

 

Stellen wir uns vor, wir Menschen wären Bäume. Ein vollkommener Baum ist fest in seinem Mutterboden verwurzelt und gleichzeitig öffnet sich sein Geäst dem Himmel. Die Erde, in der wir wurzeln, symbolisiert unsere Realität, unsere Welt, in der wir leben.

 

Würden wir uns nur aufs Blühen konzentrieren, das heißt auf unsere Phantasie, so könnte uns der nächste Windstoß zerschmettern.

 

Ich finde, in unserer Gesellschaft wird aber zu viel Wert auf unsere Wurzeln gelegt, auf unsere Bodenständigkeit, auf unsere Ernsthaftigkeit.

 

Wir vergessen, uns dem Himmel zuzuwenden, weil man uns irgendwann eingeredet hat, dass es etwas Negatives ist und nichts bringt, mit den Wolken zu spielen.

 

 

Manchmal träumen wir noch von der großen Freiheit. Stellen uns vor, wie schön es wäre, komplett unabhängig von allem zu sein. Wenn nicht die halbe Welt auf unseren Schultern lasten würde.

 

 

Doch wie der Sprung ins kalte Wasser, so trifft uns auch die Erkenntnis, dass man in der schönsten Traumwelt nicht leben kann. Das wahre Leben findet eben hier statt. Hier, im Alltagstrott, wo jeder Tag horizontlos in den nächsten übergeht.

 

Viel zu viele haben so das Träumen verlernt. Wir wissen doch gar nicht mehr, wie schön sich etwas anfühlt, wenn man es sich bloß vorstellt.

 

Egal, wie naiv sich diese Gedanken auch anhören mögen.

 

Egal, wie kindisch.

 

Egal, wie uferlos.

 

 

Wenn uns jemand nicht bewiesen hätte, dass die Erde eine Kugel ist und um die Sonne kreist, so hätte die Erde in unseren Gedanken die Chance, etwas vollkommen anderes zu sein.

 

 

Wäre es nicht viel schöner, zu glauben, dass der Regen nicht aus den Wolken fällt, sondern aus einer überdimensional großen Gießkanne auf unsere Erde platscht?

 

Nimmt es uns nicht unseren göttlichen Funken, zu glauben, unsere Emotionen seien nur Reaktionen auf chemische Einflüsse?

 

Wäre es nicht viel schöner, zu denken, dass im Schutz der Dunkelheit all unsere Alltagsgegenstände zum Leben erwachen und ihr Doppelleben führen, von dem wir nichts wissen?

 

Verliert die Welt nicht ihren wunderschönen Zauber, wenn man ihre Geheimnisse entlüftet und aus jedem ihrer Phänomäne eine Wissenschaft macht?

 

 

Mag ja sein, dass sich diese Worte für euch anhören wie der größte Psychoscheiß, den ihr je gehört habt.

 

Aber vielleicht macht ihr euch auch mal Gedanken darüber und ihr werdet sehen, dass das Leben an Farbe gewinnt, wenn man daran glaubt, wenn man es zulässt.

 

Ich möchte mit meinen Worten keinen Appell an euch loswerden, der euch sagt, dass alle Wissenschaftler Deppen sind. Ich wäre schön blöd, das hier in aller Öffentlichkeit zu behaupten.

 

Was ich mit meinen Worten erreichen möchte, ist etwas anderes. Ich möchte einen Gedanken in eure Herzen bringen. Auch in die Herzen der bodenständigsten Realisten unter uns. Ich möchte einen Gedanken in all eure Herzen bringen, der erzählt von einer bunten Welt voller Phantasie, wo jeder das Recht hat, etwas anderes zu sein, ohne jeglichen Zwang.

 

Lasst uns im Namen unserer Träume das Träumen nicht vergessen.

 

 

Danke fürs Zuhören!

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.03.2008. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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