Kommentare unserer Leserinnen und Leser zum Gedicht
„Die Angst ist die Möglichkeit der Freiheit “ von Jürgen Wagner


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Lieber Jürgen,

ich hatte schon etwas geschrieben, aber wieder gelöscht. Dieses Thema ist schwierig. Ich denke, du sprichst hier von Ängsten, die sich kaum aushalten lassen und sich praktisch "über Nacht" über das jeweilige Leben legen.

Wenn man in der Schlinge einer großen
Angst steckt, ist man zuerst (meist) sehr hilflos. Oder man tut etwas voreilig, was sich dann als nicht gut erweist.
Die "Angst anschauen", das ist die Grundbedingung, aber das geht nicht sofort. Der Schock verhindert ein klares Denken.

Die Konsequenzen durchdenken und langsam versuchen, sie als eine neue Wirklichkeit anzunehmen, das ist der nächste schwere Schritt. Es folgen noch viele Schritte, äußerliche wie innerliche, bis man eine langsame Befreiung aus dieser lähmenden Angst erfährt und in eine neue Freiheit kommt.

Wenn man sich gegen etwas stellt, was nicht mehr zu ändern ist, tut man sich keinen Gefallen - aber das weiß man meist erst hinterher. Insofern ist das sich Hineinfügen, die Annahme der Situation vielleicht der bessere Weg - aber wer kann schon die fast übermenschlichen Kräfte aufbringen, die manchmal damit verbunden sind. Jeder Mensch ist anders angelegt... Aber wahr ist auch: Die Angst hat nicht mehr eine solche Macht wie vorher.

Liebe Grüße von Renate

Jürgen Wagner (26.02.2015):
Ja,es gibt hier sehr viele verschiedene Situationen. Kierkegaard selbst hatte ja, wie Heidi ausführte, eine schwierige Persönlichkeitsstruktur, aber eben das kann auch im Positiven Ungeheures eröffnen. Mir kam gestern Nacht Kierkegaard in den Sinn, der philosophisch versuchte, Angst zu integrieren mit der impliziten Aufforderung, sie anzunehmen: "Er sank absolut, aber dann tauchte er wieder auf aus der Tiefe des Abgrundes, leichter als all das Beschwerende und Entsetzliche des Lebens". Das ist wohl s e i n e Erfahrung, die etwas Erleuchtetes hat. So etwas erfährt man z.B., wenn man aus einer Todeserfahrung zurückkehrt. Das sind wahrscheinlich mehr Widerfahrnisse als Dinge, die man bewusst steuern könnte, aber ich habe trotzdem ein paar Zeilen versucht, diesen positiven Impuls aufzunehmen. Angst gehört irgendwie zum Leben, auch wenn wir alle problemlos darauf verzichten können. Sie muss ein Stück weit durchlebt werden. Und nicht jeder muss in diesen Sog des Abgrundes hinabgezogen werden, man kann und sollte das auch stoppen. Aber irgendwie stimmt das: wenn man es überwunden und hinter sich gelassen hat, lebt man anders als vorher. Danke Dir für Deine ausführlichen Gedanken. Das hilft immer sehr, auch selbst noch mal zu reflektieren - ganz zu schweigen von der Freude, dass eine(r) darauf eingeht, was man so von sich gegeben hat. Lieber Gruß! Jürgen

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Lieber Jürgen,

er hat ja auch die Bücher "Angst und Zittern" und " Der Begriff Angst" geschrieben. Kierkegaard war sein ganzes Leben innerlich sehr zerissen, war depressiv und hat nie geheiratet, was mich ein bisschen an seinen Landsmann H.Ch. Andersen erinnert. Nur hatte er es insofern viel besser, dass er nie (außer zuletzt) unter Geldsorgen litt. Er hat viel unter Pseudonym geschrieben, was mich glauben lässt, dass er nicht sehr mutig war. Auch dieser Satz, den Du aus seiner Feder zitierst ist total zerissen und für mich fast krank. Seine einzige Liebe hat er einem krankhaft für ihn als zu sündhaftem Eheerleben geopfert, was vielleicht der damaligen Zeit, aber für mich auch damals schon krankhaft, geschuldet ist. Seine hohe Intelligenz entschuldigt das in meinen Augen nicht. Ich denke mal, Regine Olsen konnte froh sein, ihn nicht bekommen zu haben. Er selber war, obwohl so über die Angst geschrieben, selbst zerissen in Ängsten.
Heute mal wieder ein tolles Thema,

liebe Grüße,

Heidi


Jürgen Wagner (25.02.2015):
Da ist bestimmt etwas oder viel dran an dem, was Du sagst. Er hat dennoch in seiner Zerrissenheit einige wunderbare Dinge geschrieben und hervorgebracht und viele nach ihm beeinflusst. Ich denke, er hat in seiner inneren Not auch etwas Erhellendes und Erleuchtendes erlebt. "Wenn alles still ist, geschieht am meisten", finde ich z.B. etwas davon. Das mit der Angst ist eines der schwierigsten Themen überhaupt. Ich wollte einfach eine Anregung geben und einen bedenken, der viel davon erlebt und bedacht hat. Danke Dir für Deine kenntnisreiche Antwort! Jürgen

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Lieber Jürgen, mit Angst als Möglichkeit der Freiheit kann ich nichts anfangen. Angst lähmt doch, nimmt den Atem, lässt erstarren, zwingt zur Flucht... Natürlich kann man sie hoffend durchstehen, aber...? Und Kierkegaards Satz musst du mir dann mal erklären, bitte. Aber ich finde es toll, dass du dich mit so hohen Themen befasst!
Liebe Grüße von Christa


Jürgen Wagner (25.02.2015):
Sich letzlich von den Ängsten lösen und darin eine neue Freiheit erfahren - das ist meine Erfahrung. Herzlich grüßt Jürgen

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