Kommentare unserer Leserinnen und Leser zum Gedicht
„Es war einmal....“ von Igo Dieter


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ibaum

10.09.2021
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Lieber Igo, dein tiefgehendes, komplexes Gedicht weist auf unglückliche Entwicklungen hin, die mit einem psychischen Wohlergehen auf Dauer nicht in Einklang zu bringen sind. Es hat mich nachdenklich gestimmt.
Die Kindliche “Allmacht“ wird von (althergebrachten) Märchen befeuert. In der Fantasiewelt der Kinder kann alles und jeder Gestalt annehmen und zum Leben erweckt werden. Am Ende siegt in Märchen immer das Gute über das Böse und der Gerechtigkeit ist Genüge getan.
Die Kinder identifizieren sich mit den Märchenfiguren. Sie schlüpfen im Spiel mal in die eine, dann in die andere Rolle, bis sie sich für die Identifikation mit ihrer „Lieblingsfigur“ entschieden haben und daran nicht selten ein Leben lang festhalten. Eine interessante Entwicklung, die im Rahmen einer Märchentherapie verstärkt beleuchtet werden kann. Märchen – Spiegelbilder unserer Seele - berühren mit ihrer symbolhaften Bildersprache die archaischen Wurzeln des Unbewussten. In Märchen sind alle Archetypen (charakterliche Urbilder) des kollektiven Unbewussten vertreten (s. Carl Gustav Jung). Sie fordern zur Auseinandersetzung mit eigenen Wertvorstellungen auf und fördern in ihrem „Zusammenspiel“ insbesondere bei Kindern Fantasie und Kreativität, was im Hinblick auf die psychische Gesundheit nicht zu unterschätzen ist.
Zeitgenössische Märchenerzähler, die professionell in Reha-Kliniken für Krebskranke, Psychiatrischen Kliniken, Altenheimen etc. auftreten, sind dort gern gesehen. Sie sorgen für eine märchenhafte Atmosphäre, verzaubern die Herzen der Zuhörer, die in die Anderswelt eintauchen, wie in ihrer Kindheit und vergessen für eine Weile alle Kümmernisse. Eine Wohltat für Psyche und Immunsystem.
Die Märchenprinzessinnen unserer heutigen Zeit sind die Influencerinnen, die mit ihrer Scheinwelt Sehnsüchte wecken, die zwangsläufig unerfüllt bleiben. Viele junge Mädchen neigen dazu, ihnen nachzueifern und verlieren dadurch nicht selten den Blick für die Realität.

Smartphones weisen einen hohen Suchtcharakter auf, bereits bei Kindern und vor allem bei Jugendlichen. Die Kommunikation von Mensch zu Mensch leidet darunter und mit der Selbstexploration ist es dann auch nicht weit her. Auf alle erdenklichen Fragen gibt es in Sekundenschnelle Antworten, die aus dem Gesamtzusammenhang gerissen sind und nur selten hinterfragt werden. Der Blick fürs Ganze und für spezifische Details geht verloren. Man glaubt, immer mehr zu wissen, doch das Gegenteil ist der Fall. Der mitmenschliche Kontakt gilt zunehmend als langweilig, mühsam und zeitraubend. Die Auseinandersetzung, das gegenseitige Feedback, das Hinterfragen, Relativieren der eigenen Ansichten, das konstruktive Streiten, die Konsensbildung etc. geraten immer mehr in den Hintergrund. Die psychosoziale Kompetenz hat für ihre Entwicklung kein hinreichendes Übungsfeld mehr …. mit fatalen Folgen, die bedauerlicherweise weltweit zu spüren sind…

Nachdenkliche Grüße
Ingrid


Igo Dieter (21.09.2021):
Liebe Ingrid, danke für diesen - von mir aus gesehenen - wirklich weisen, intelligenten und detaillierten Kommentar, welcher Dich als ein faszinierendes Wesen auszeichnet.... Dein Wissen, Deine Weisheit, aber auch deine Fähigkeit komplex und strukturiert zu denken, spiegeln sich in Deinen Zeilen,... Danke

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Lieber Igo,
dein toller und kritischer Text stimmt sicherlich in vielen Punkten. Und es ist oft wirklich erschreckend, wie sehr das Smartphone unser Leben bestimmt. Aber mittlerweile gibt es schon Partys, wo die Smartphones am Eingang eingesammelt werden für die Dauer der Feier...finde ich gut. Was mich oft erschreckt ist dieses Gefühl, dass vielfach erwartet wird, dass wir IMMER und zu jeder Zeit erreichbar sein müssen - und dass wir das oft sogar glauben. Und antwortet jemand mal 24 Stunden nicht auf eine Nachricht, kommt direkt schon Panik auf... Da sollten wir wirklich umdenken und uns erinnern, dass wir "früher" tatsächlich auch irgendwie überlebt haben... keine Ahnung, wie...*lach*
Bezüglich der Märchen kann ich dich aber aus meinem Job als Buchhändlerin heraus etwas beruhigen:
es gibt sie nach wie vor, die Geschichten und Bilderbücher, die Märchen und Sagen. Es gibt richtig tolle Kinder- und Jugendliteratur... und nach wie vor noch die Klassiker von Astrid Lindgren oder Erich Kästner. Meine Buchhandlung beliefert die städtische Jugendbücherei und wenn die Lieferungen kommen, staune ich immer wieder, welch tolle Literatur es noch gibt. Auch für die Erwachsenen gibt es noch immer reichlich spannenden neuen Lesestoff...für jeden Geschmack!
Und... auch ein Hollywoodfilm entführt uns in eine Märchenwelt und lässt uns abtauchen in eine "heile Welt", die es so meist nicht mehr gibt. (Mein Sohn schimpft immer, diese Liebes-Schnulzen würden bei den Frauen völlig unrealistische Erwartungen an den normalen Mann wecken, die kaum erfüllbar wären...*schmunzel*)
Und wer noch die "alten" Fernsehsender schaut, kann dort auch wunderschöne Märchen anschauen... toll verfilmt... Letztlich liegt es aber an den Eltern und Großeltern, ihren Kindern und Enkeln tolle Bücher vorzulesen und die Freude am Lesen zu wecken. Und dann beginnt die "heile Welt" bereits im Kinderzimmer beim gemeinsamen Lesen... mit schönen Erinnerungen, die den Kindern (und Eltern/Großeltern) bleiben werden.

Lieben Gruß! Anschi

Igo Dieter (09.09.2021):
Hallo Anschi... Danke für Deinen Kommentar... Ich habe Bekannte, die haben - ebenso wie ich - eine Unmenge von Büchern,...; deren Kinder haben auch wirklich eine stattliche Anzahl von Büchern (Geburtstagsgeschenk,...); leider lesen Sie diese nicht,... die Eltern sind sehr belesen, aber die Kinder können sich nicht mehr fokussieren und hatten/ haben auch nicht die Muse bzw. die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung einer längeren Aufmerksamkeit. Auch wenn es erfreulich ist dass noch immer Bücher gekauft werden, heißt es nicht das diese auch gelesen werden, und wenn sie doch gelesen werden, gibt es wenige die nach einem Jahr noch wissen was sie in diesem Buch gelesen haben,... :-); Wir zu Hause sprechen über den Inhalt der Bücher...manchmal in der Familie, manchmal mit Freunden und Bekannten,...

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