Kommentare unserer Leserinnen und Leser zum Gedicht
„Das traumverlorene Kind“ von Andreas Vierk


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So sehr mir dein Gedicht gefällt, so sehr bin ich beeindruckt vom Kommentar, den Frau Alma
Brosci vorlegt. Brillant gedacht, brillant formuliert. Da macht mir sogar das Innehalten Spaß.
Offensichtlich hast du ein hochinteressantes Thema angepackt. Chapeau !!!
Olaf

Andreas Vierk (16.01.2022):
Lieber Olaf, ich habe schon als Jugentlicher angefangen, mich relativ klassisch durchzubilden, aber Inges Kommi hat mich doch etwas hinten über kippen lassen. Es ist einfach so lange her, dass ich auch mal nachschlagen muss. Eine derartige Symbolkraft hätte ich meinem eigenen Gedicht gar nicht beileigen wollen. Das darf ich auch nicht, denn ein Gedicht, so metaphorisch es auch immer ist, sollte den Leser ja nicht überfordern. Ich dachte an ein Kind, entweder wirklich nur traumversunken, oder tatsächlich gerade gestorben. Es wäre dann noch nicht verherrlicht, sondern in einem Zwischenreich und wüsste erstmal nicht, was ihm geschehen sei. So dachte ich mir das in etwa. Übrigens danke für das Lob meiner Gedichte in deinem Re-Kommentar! Da hatte ich aber auch nicht an die von mir geschriebenen Bücher gedacht, sondern an die tausend Wissensschätze im Regal und die nochmal tausend auf dem Dachboden. Manchmal werden Bücher halt nicht weiterverkauft, sondern eingestampft und recycelt. Da sind auch Bücher darunter, nach denen ich jahrelang auf der Jagd war, Bücher, die 500 Jahre berühmt waren und jetzt nicht mehr verlegt werden, weil sie niemand mehr liest. Das ist doch schade, oder? LG von Andreas Liebe Grüße von Andreas

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Lieber Andreas! Hier der Versuch einer Annäherung.
Wo von Schatten die Rede ist, ist das Schattenreich nicht weit. Ränder sind immer Zeichen des
Übergangs, von einer Welt in die andere. Vor der Unterwelt lauert Cerberos mit drei Köpfen.
Das ist im Gedicht die Gegenwart. Nun zur Vergangenheit: Göttervater Zeus verliebt sich in (die
sterbliche) Semele, die den ununterdrückbaren Wunsch hat, Zeus in seiner wahren Gestalt zu sehen.
Er kommt als Blitz und tötet damit Semele. (siehe das wunderbare Bild von Gustave Moreau).
Doch rettet er das noch ungeborene Kind der Semele und näht es in seinen Oberschenkel ein.
Der Sohn ist Dionysos, Gott des Weines. Der Vater hat einen Weinstock gepflanzt und Wein geerntet.
Der Wein wird in einem Hautsack (Oberschenkel) verwahrt. Das Begräbnis (im Oberschenkel(Wein-
schlauch) ist nur vorübergehend.( Obwohl die Mutter (Semele) noch im Jenseits trauert um ihren
Sohn: Im Brunnen ihres Schluchzens). Dionysos ist wandlungsfähig: er wird zu Hermes/Merkurios,
so die Ankündigung, und was ist wandlungsfähiger als Quecksilber. (=Mercury). Als Heilmittel
jahrhundertelang verwendet, als Wundermittel, als Mittel zur Veredlung der Metalle. Es =Quecksilber
ist rätselhaft.
Jahrhunderte mussten vergehen, um sich ein Bild von diesem fließenden Silber zu machen.
Und nun zum "traumverlorenen Kind": Hermes/Merkurius (der Götterbote) bringt den Menschen
Träume, in denen Realität und Traumwelt nicht mehr zu unterscheiden sind ("wenn ihr alle mich um-
schwebt), aber er ist auch derjenige, der die Seelen in die Unterwelt bringt (Schatten, die Farben
der Tiefsee sogen)und sie schließlich in ein Lichtreich entlässt, in das Reich seines Vaters ........... (Zeus),
den Blitzeschleuderer und Lichtbringer. In der letzten Zeile ist die Gegenwart ("färben") wieder
eingeholt. Was für ein Sprung von den hetzenden Hunden zum kristallenen Licht!
((Ich habe mich bewusst auf den tradierten mythologischen Bezugsrahmen beschränkt: mir ist
klar, dass er dir viel zu eng ist... er ist auch nur Hintergrundsmusik .... Herzlich Inge hg


Ich habe mich bewusst auf die tradierte mythologische
Einbettung beschränkt.
Seite geschlagen


so wandlungsfähig wie Quecksilber

Andreas Vierk (16.01.2022):
Liebe Inge, als ich heute sehr früh morgends deinen Kommentar auf dem Handy las, dachte ich, Patrick hätte mir wieder eines seiner endlosen Referate über Bob Dylan geschrieben. Dann hat mich diese griechische Mythologie etwas erschreckt, besonders Zeusen, der ja immer mal irgend jemanden in der Hüfte oder in der Stirn hatte. ;-)) Aber, Inge, da hast du ja mal den halben Ovid und noch ein bisschen Hesiod über meinem Gedichtle ausgegossen! Bei dem Vers mit Papas Schenkel war ich im Nachhinein erstaunt, wie sehr ich Ovid schon gleichsam verdaut habe. Aber ich hatte bei dem Gedicht überhaupt keine griechisch/römische Mythologie im Sinn. Umso mehr freut es mich, dass da noch jemand große Literatur liest. Ich kenne hier bei e-Stories viele Dichter, denen ich unterstellen könnte, überhaupt keine Bücher zu lesen. Wie kann man schreiben, ohne zu lesen? Ich kenne eine junge Frau, der ich mal sagte, sie hätte einen Hals wie Nofretete. Sie fragte mich, wer das sei! Ich habe Berliner Kinder gesprochen, die nichts über die Gedächtniskirche wussten, und sie für ein Schloss hielten. Halbwegs intellektuelle Leute kenne ich nur aus meiner Kirche. Meine ehemalige Chefin hatte mal als Whatsapp-Motto "Auch ich in Berlin". Da wusste ich, dass sie sich schon mal mit Bildern von Poussin beschäftigt hatte. Warum bildet man sich? Ich hatte Freude an Bildung. Ich bin als 16-Jähriger laut deklamierend in der U-Bahn aufgesprungen, so begeistert war ich von den aischyläischen Chorversen der "Totenspende" (übersetzt von Emil Staiger). Aber bücherlesen macht auch einsam und eigenbrötlerisch. So weit erstmal. Liebe Grüße von Andreas

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