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„Ich hasse Rap!!!“ von Hartmut Wagner


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Aber Geld verdienen kann mit dieser Kacke jeder Dummkopf, denn viel Geist braucht es dazu nicht.
Karl Wiener

Hartmut Wagner (26.02.2022):
lLieber Karl, da hast Du völlig Recht. Doch noch im höheren Alter, wenn sie schon längst in ihren bescheidenen Villen mit goldenen Lokusdeckeln hocken, suggerieren sie ihren Fans trotzdem immer aufs Neue, sie wären gerade blutüberströmt mit tiefen Schusswunden der gefährlichsten Favela Rio de Janeiros oder dem schwärzesten Ghetto in L A entronnen. Vielen Dank für Deinen positiven Kommentar, Gesundheit, Lesespaß, Humor und Lebensfreude, Hartmut!

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Nun, mein lieber Hartmut, es kommt, wie bei fast allen Dingen, drauf an, was man unter Rap/Hip-Hop versteht - und welche Zeiten und Künstler man sich vornimmt. Gehen wir in die Frühzeit des deutschsprachigen Hip-Hop/Rap hierzulande, das war Ende der 80er, Anfang der 90er, war diese Musikrichtung, die ursprünglich in amerikanischem Englisch war und aus den Ghettos überwiegend schwarzer Unterprivilegierter (damals noch wirklich) gegen Ende der 1970er stammte, war der deutsche Rap damit nicht zu vergleichen: Er kam aus eher (gut-)bürgerlichen Schichten, zunächst, durchaus teilweise auch dem Bildungsbürgertum. Die ersten erfolgreichen Hip-Hop-Combos, etwa BLUMENTOPF und DIE FANTASTISCHEN VIER, hatten durchaus etwas geistig Anspruchsvolles, thematisch drehte man sich nicht, im Gegensatz zum erst gegen Ende der 1990er sich allmählich herausgebildet habenden Gangsta-Rap heutigen Formats, ein Genre, das stark von migrantisch geprägten Milieus okkupiert wurde. Bezüglich DESSEN hast Du mit Deinem spaßig-spannenden aber auch animositätslastigen Abneigungsgedicht absolut recht: Das ist asoziale Musik für Asoziale, die alles in sich vereint, das wir im aufgeklärten Westen ablehnen (sollten): Frauenfeindlichkeit, Chauvinismus, Homophobie, Prahlerei und die Verherrlichung verbrecherischen Verhaltens, also "Gangster-Image", wenn man so will. Die ersten Gehversuche der FANTASTISCHEN VIER waren jedoch durchaus hoher Standard - und ihre Lieder drehen sich nicht nur um Selbstverherrlichung und Angeberei. In "Die da?!", ihrem ersten größeren Hits von vor 30 Jahren (kann nicht fassen, dass das so lang her ist) geht es um eine promiskuitive Dame, die, wie sich herausstellt, mit zweien der im Lied auftretenden Erzähler gleichzeitig zusammen ist, ohne dass diese das wissen, sogar noch einen weiteren Kerl im Petto hat. Auch andere Rap-Gruppen haben nicht zwangsläufig nur Gangsta-Style im Repertoire: In "Chartbreaker (einmal Star und zurück)" (MASSIVE TÖNE, 1999) geht es um eine junge Frau, die als Popsternchen in BRITNEY-SPEARSesker Manier groß rauskommen will - und nach einem Hit scheitert, "fallengelassen" wird vom Produzenten, der sich einfach eine neue junge Schnitte sucht, die ihm die fette Kohle in die Kasse spülen kann. Bei GAUTSCH und seinem "König des Pop" geht es um einen (fiktiven) König der Populärmusik (NICHT Michael Jackson), der als arroganter Pinkel und Großkotz auftritt, in "Gibt's doch gar nicht" von DER WOLF dreht sich alles um absurde Alltagssituationen, die ihn zum schön mit Hintergrundchor geträllerten Refrain verleiten, wo er es nicht fassen kann, eben "Gibt's doch gar nicht". "Silberfische in meinem Bett" von FETTES BROT handelt von einem total verpatzten Tag, der für den Pechvogel-Protagonisten gar im Kittchen endet, "Die Einsamkeit der Klofrau" ist ein melancholisches Lied, das in jeder Strophe eine andere Geschichte über Menschen und ihre unerfüllten Sehnsüchte, Träume und anderweitige Konflikte erzählt. In BASIS' "Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte" stellt sich eine junge, eher poppige Hip-Hop-Combo, die immerhin zwei gute Alben hatte und dann schon vor fast 23 Jahren wieder in der Versenkung verschwand, die Sinnfrage und was man tun würde, hätte man lediglich noch 24 Lebensstunden. In einem Hit derselben Band, "Ich liebe mich" entdeckt die Erzählerin im Song die Selbstliebe, übertreibt es jedoch ein wenig dabei - und wird über die Zeit auch wieder normal werden. FISCHMOB erzählen in unterschiedlich gestalteten Strophen von Trendsettern und Trend-Mitläufern, den Machenschaften der kommerzgetrimmten Musikindustrie und einfach dumme, profillose Menschen, im etwas heftig klingenden Titel "Fick mein Gehirn". Klar, nicht jedes Lied (bis auf die von mir genannten weitestgehend) dieser Musikrichtung ist frei von Unflätigkeiten und Ferkeleien, logisch. Es ist eben eine Art Lyrik mit ein paar Tönen, die in eine Art Musik gegossen ist, bei der es mehr auf Rhythmus und Reimschemata ankommt als eine stringente Melodie. Auch kann man dieser Musikrichtung wie keiner anderen vorwerfen, zwar keine konkreten Coverversionen (also bloße Nachsingungen, Neuinterpretationen), dafür aber Mashups zu verwenden: Sie bedient sich Melodie- und Harmonien-Linien anderer Songs (bevorzugt sehr bekannter, aus dem Mainstream-Pop und gelegentlich Rock (man denke nur an PUFF DADDYs "Come With Me" zum 1998er US-GODZILLA-Film, das unzweifelhaft auf LED ZEPPELINs legendärem Rockriff bei "Kashmir" zurückgeht) - sie ist also ein Klau-Genre. Nun denne, in vielen Deiner Punkte hast Du dennoch recht und es ist zu billigen. Ich verabschiede mich und übergebe an den Rock der Gezeiten.

LG und ein Hip ist noch lange kein Hop. Karl-Konrad

Hartmut Wagner (27.02.2022):
Lieber Karl-Konrad, vielen lieben Dank für Deinen kenntnisreichen sachlichen Kommentar, durch den ich vieles gelernt habe, das ich noch nicht wusste. Inhaltlich und formal wäre er sicher wert, im "Rolling Stone" abgedruckt zu werden. Du hast mir stilistisch perfekt viel Musikwissen vernittelt. Von den Musikstücken, die du erwähnt hast, gefällt mir besonders gut: "Silberfische in meinem Bett" von FETTES BROT. Auch die FANTASTISCHEN VIER, LED ZEPPELIN und PUFF DADDY sind mir bekannt und ich halte diese Leute für durchaus erstklassige Musiker. Ich erwähne hier auch DIE ÄRZTE, deren "Mitleid mit den Schweinen" ich sehr liebe. Natürlich trägt mein "Gedicht" polemische Züge und ist deswegen zwangsläufig etwas undifferenziert. Dass Du meine Kritik speziell des "Gangstaraps" teilst, freut mich sehr. Die Titel, die Du aufgezählt hast und die ich nur teilweise kenne, besitzen nach meiner Ansicht sprachliches Format und daher großen Neuigkeitswert, den gerade erschienenen Musikstücken zu verleihen bei der riesigen Fülle neuer Rapsongs, ich für äußerst schwer halte. "Fick mein Gehirn!!", "Fischmob" , "Ich liebe mich", "Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte", das sind alles Titel, die keineswegs alltäglich sind und einen auf Stücke frei von Trivialität und Konformität hoffen lassen. Diese Stücke werde ich mir alle bei You Tube anhören bzw. bei "Alexa" ordern. Gegen gelegentlichen Schweinkram und Ferkeleien habe ich übrigens nichts einzuwenden. Lieber Karl-Konrad ich bedanke ich mich ganz, ganz herzlich für Deinen Supertext. Internationale Musik, Literatur und andere Kunst wie Malerei, Bildhauerei, Architektur, Stadtplanung und zusätzlich die Wissenschaftten machen wesentliche Teile eines erfüllten Lebens und unserer Lebensqualität aus. Ich wünsche Dir Gesundheit, Lebensfreude, Humor und ausreichende finanzielle Mittel! Und ein Zick ist noch lange kein Zack! Mit den besten Grüßen und Wünschen, Hartmut!

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