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„knuspernacht“ von Lothar Krist


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Gerrit Aust

28.07.2003
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Der Autor dieses Werkes überrascht durch seine virtuose Sprache, die, durch dadaistische Anteile angereichert, vortrefflich die innere Episodenhaftigkeit des Themas zu porträtieren weiß. Durch mutige Bilder ("Zittertod") sowie die provokante Nennung von lange in der Poetik tabuisierten Begriffen wie "Schwanz" oder "geil", gelingt es dem Verfasser mühelos, einen Bogen vom erotisch-poetischen Genius des Minnesangs Walther von der Vogelweide in die postmoderne, industrialisierte Welt des 21. Jahrhunderts. Durch die Verwendung eines hergebrachtne Strophenschemas contrapunktiert der Autor seine provozierenden Aussagen und weist damit auf die eklatante Doppelmoral des etablierten Kunstbetriebes hin, schon rein stilistisch dadurch, indem er das starre Korsett der Strophen zwar einhält, dem jedoch eine aus abgehackter, sprunghafter Syntax gebildete Binnenstruktur quasi karikierend entgegensetzt. Er befasst sich innovativ mit einem provokanten, aber trotzdem alten Sujet der Kunst, erweist dabei sowohl alten Meistern seine Referenz, als dass er auch der Postmoderne Tribut zollt. Dies alles geschieht auf eine Art und Weise, die zwar an die Vorbilder anknüpft, aber trotzdem etwas Neues bildet.

Lothar Krist (31.07.2003):
Liebe Gerrit!

Deine Worte herzbeweichen mich.
Deine Kritik beseelt mein ich,
das gerade hart am Boden lag
und so wortleer war.

Du zungenbeflatterst meine Seele.
Du Lippenweichberührung ganz nah am Herz
hast mich vom Boden aufgehoben
und mich wieder wortbewehrt.

Ich danke Dir. Du hast es voll erfasst, was ich immer sein wollte und auch glaube, das ich bin. Ich bin und war immer nur Realist. Das hat mich fast zerstört. Meine Worte wollte man nicht. Doch ich weiß, jetzt kommt eine junge Generation, die verstehen wird, weil sie unbelastet ist von einem Großen Krieg und nichts mehr von diesem Alptraum weiß, und deshalb einen Weg gehen wird abseits des dummen, alten Traums vom Leben. Sie gieren nach der Wirklichkeit - Reality ist angesagt (siehe TV - die andere, die dumme Seite der Medaille). Sie wollen das Leben endlich so erfassen, wie es wirklich ist, dies auch mit seinen negativen, oftmals so bösen Seiten.

Doch um auch den allerletzten Schritt zu wagen, werden auch sie den Krieg leider noch erlernen müssen. Und ihre Großeltern wissen das unbewusst. Sie haben längst begriffen, dass das \"Nie wieder Krieg\" und eine Welt ohne Gewalt bloß das dumme Philosophenparadoxon ihrer Zeit auf die jüngste Vergangenheit gewesen ist, auch wenn sie es heute noch nicht wirklich glauben wollen. Das ist ja immer das große Problem: man weiß zwar, doch man will nicht glauben, wenn es nicht in die eigene, so schöne Philosophie passt.

Die Friedensgeneration wird jetzt zur Kriegsgeneration, ob sie das nun will oder nicht. Es ist furchtbar, aber ich habe keine anderen Dichterbilder mehr. Es ist so furchtbar. Diese Bilder erschlagen mich. Und dabei glauben Alle, ich hätte Spaß daran.

Verzeih bitte, ich weiß, das ist eigentlich nicht die richtige Antwort auf Deine soo netten Worte, noch dazu zu diesem meinem Lieblingsliebesgedicht an Göttin Danae, unsere Mutter Erde. Aber ich habe gerade eine \"böse\" Geschichte geschrieben über das Ende der Ära der Gutmenschen, und wie sie jetzt unaufhaltsam in eine Ära der Gutmenschenkriege hinein triftet, in eine Zeit von Kriegen der selbst ernannten Gutmenschen gegen die so genannten Bösen, und das so und so, also von beiden Seiten gesehen. Und als ich danach dann Deine Kritik gelesen habe, hatte ich auf einmal so das Gefühl, als wäre da Jemand, der mich heute schon verstehen könnte. (Ich weiß, das klingt schwer vermessen, haha!)

Du hast das mit den Worten \"Schwanz\" und \"geil\" soo richtig gesagt. Ich habe u.a. auch immer gegen die Ausschließung von Worten aus der Sprache der Kunst angekämpft, aus welchen Gründen auch immer man sie negiert hat. Ich habe mir immer gesagt, wenn eine Gesellschaft Worte wie Ehre, Treue, Volksvermögen, usw. aus ihrem Alltag verbannt, dann verbannt sie eines Tages auch den Inhalt dieser Worte. Und genau so ist es ja auch gekommen. Diese Worte haben in unserer Gesellschaft heute keinerlei Bedeutung mehr.

Die Nazis haben diese Worte \"vergewaltigt\". Und die Philosophen und Intellektuellen der Nachkriegsgeneration haben diese Worte dann durch die Verleugnung gleich noch einmal über den Tisch gezogen. (Deine \"Doppelmoral des etablierten Kunstbetriebs\")

Wir hätten es ganz anders machen müssen. Wir hätten diese Worte wieder neu und wunderschön beleben müssen, ihnen wieder auf die Beine helfen müssen. Dies gilt auch für so viele andere Bereiche. Wir haben zB die Polizisten und die Gendarmen \"scheiß Bullen\" genannt und sie verachtet. Wir hätten unsere besten Männer und Frauen dorthin holen müssen, die Friedliebendsten, die Nettesten, die Weichesten, die Ehrlichsten usw. Das gilt auch für das Militär. Und all das bei bester Ausbildung und guter Bezahlung. Wir hatten die Macht und das Geld dafür. Aber wir haben durch unseren Negativismus dem Leben gegenüber, so wie es nun einmal ist, Alles versaut.

Entschuldige bitte jetzt meinen Negativismus, aber wie oben in den Versen schon angedeutet ... ich \"lag gerade am Boden\".

Danke und liebe Grüße
Lothar

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