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Ingrid Baumgart-Fütterer (26.06.2021):
Hallo Egbert,
danke für deine Kommentare, zu denen sich mir folgende
Problemstellungen aufdrängten.
Früher verrichteten Nonnen im Sinne der Nächstenliebe die
Krankenpflege für „Gottes Lohn“. Krankenschwestern hatten
ihren Einsatz an vorderster Front. In Feldlazaretten kümmerten
sie sich rund um die Uhr um die verletzten Soldaten. Immer ein
Lächeln auf den Lippen verrichteten sie engelgleich „aus tiefsten
Herzen“ klaglos die nicht enden wollende Arbeit. Das Dienen war
ihre wahre Bestimmung. Permanente Selbstaufopferung und
Selbstverleugnung waren angesagt. Die eigene Befindlichkeit
spielte da keine, bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Die
Krankenschwestern waren gegenüber dem Arzt
weisungsgebunden und ihm untertan. Die Anweisungen der
„Halbgötter in Weiß“ wurden so gut wie nicht hinterfragt,
geschweige denn angezweifelt. Der Arzt hatte quasi immer recht.
„Sei wie das Veilchen im Moose, sittsam bescheiden und rein und
nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein“ (Göthe).
Man könnte meinen, er hätte in weiser Voraussicht dieses
Gedicht speziell für die (damaligen) Krankenschwestern verfasst.
Ungerecht: Krankenschwestern werden auch heutzutage bei
gleicher Leistungserbringung geringer entlohnt als ihre
männlichen Kollegen.
Das Berufsbild der Krankenpflege wird nach wie vor sexualisiert.
Sexuelle Übergriffe seitens der Patienten sind mehr oder weniger
an der Tagesordnung. Der Film „Krankenschwestern- Report“
(1972) hatte diesbezüglich noch Öl ins Feuer gegossen.
Krankenpflege ist ein sehr anstrengender und verantwortungs-
voller Beruf. Viele fragen sich schon in jungen Jahren, ob sie bis
zur Rente durchhalten können. Etliche Fachkräfte steigen bereits
wenige Jahre nach dem Krankenpflegeexamen aus. Sie suchen
ihr Glück in anderen Berufen/Tätigkeitsfeldern oder im Ausland,
wo in einigen Ländern der Personalschlüssel der Pflege und die
Bezahlung der aktuellen Belastungssituation gerechter werden.
Wer im Pflegeberuf unter widrigen Umständen durchzuhalten
versucht, dem droht wegen permanenter Überarbeitung die
Frühberentung. Leiharbeiter in der Pflege stehen infolge
befristeter Arbeitsverträge erst recht unter Druck. Die
Zukunftsplanung ist und bleibt unter solchen Umständen
ungewiss.
Auch das Thema ist ein Thema ohne Ende – es wartet auf eine
erfreuliche Wende.
Wochenendgruß von Ingrid
Ingrid Baumgart-Fütterer (31.05.2021):
Wenn Pflegekräfte den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr
sehen, geschweige denn den Silberstreif am Horizont geht
irgendwann die überaus wertvolle intrinsische Motivation verloren
- dieses innere Feuer der Begeisterung für den Beruf -
Arbeitgeber sollten Interesse daran haben, diesem "Leuchtfeuer"
Nahrung zu geben durch Handlungsweisen, die den Mitarbeitern
signalisieren, dass sie für das Unternehmen nicht nur Mittel zum
Zweck sind, sondern Menschen, deren Individualität und
Einsatzbereitschaft gerade in herausfordernden Zeiten erst recht
wertgeschätzt werden.
LG - Ingrid
Zusatz 1.6.21
Vielleicht wird infolge der zurzeit stark thematisierten Problematik allmählich ein Stein ins Rollen gebracht. In der letzten Zeit hatten einige Pflegekräfte eigene Erfahrungsberichte erfolgreich in Büchern veröffentlicht. Vor dieser brisanten Thematik können die Verant-
wortungsträger nicht länger die Augen verschließen. Im Grunde genommen ist es ein Problem, das uns alle angeht – es ist z.B. nur eine Frage der Zeit, bis man selber als Patient im Krankenhaus oder als Bewohner eines Altenheims auf Pflege angewiesen sein wird.
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