... ich frage mich, wie etwas derartig Wunderbares passieren konnte – und auch jetzt, da ich ihn ganz für mich habe, scheint es mir immer noch wie ein Traum, der sich davor fürchtete Wahrheit zu werden...
Es ist Frühjahr 2000 – ich ganz unten, nichts mehr wollend und schwer zweifelnd, ob ich diesem Leben wirklich irgend etwas passables, wenigstens annehmbares abverlangen kann.
Diese Sinnlosigkeit hat System, hat, ohne für mich erkennbar zu sein, eine Eigendynamik entwickelt, die mir das Gefühl gibt nicht mehr leben zu wollen.
Tag oder Nacht, morgens, mittags oder abends – alles ein großes graues Nichts, das mich völlig in sich aufgesogen hat; dem zu entfliehen ich nichts willens bin – nicht mehr.
Ich chatte mich durch die Nächte, um nicht alleine zu sein, dabei bin ich einsamer als jemals zuvor – ein alter, einsamer und verbitterter Wolf, der rastlos auf der Suche nach einem annehmbaren Platz zum Sterben ist.
In dieser Zeit der großen Hoffnungslosigkeit, der unermeßlichen Einsamkeit, trat, zunächst nur aus weiter Ferne, ein kleines Licht aus dem Dunkel der ewigen Nacht hervor – wie das Licht am Ende eines langen Tunnels, dessen Ende nur wage zu erahnen ist.
Langsam fuhr der Zug, doch meine Augen wichen nicht mehr von diesem kleinen Licht, daß fröhlich vor dem Ausgang, vor der Tür zum Leben tanzte.
Erst nur einige wenige Worte – ein vorsichtiges Taxieren, immer in der Angst dieses Licht zu verlieren, durch allzu große Freundschaftsbezeugungen sein Strahlen zum Erlöschen zu bringen.
Doch ich wußte sehr bald, daß ich mich verliebt hatte – worin? Ich weiß es nicht zu sagen; vielleicht in Worte, die so voller Unschuld und Zärtlichkeit waren...
Ich spürte Leben, spürte eine kleine Hoffnung, sah ein wenig Sinn in dem, was wir da selbst Sein nennen – nicht sicher, immer noch zweifelnd und voller angst, daß ich etwas suche, das zu finden für mich nicht mehr möglich schien.
Wußte ich doch genau, daß die Anonymität des Netzes nur das preis gibt, was wir zu sagen, zu zugeben bereit sind – ich wußte wohl um meine Ehrlichkeit, aber konnte ich sie auch meinem Gegenüber zutrauen, oder hatte ich jedes Recht zu zweifeln, zum Zweifeln? Vielleicht, daß man mir nur Geschichten erzählte, von denen man glaubte, daß ich sie gerne hörte...
Die ersten Mails waren voller Vorsicht, übervorsichtig vielleicht.
Doch mein Gefühl ließ sich nicht unterdrücken, ließ sich nicht lange verschweigen, weigerte sich von mir verleugnet zu werden.
Eine Nacht voller Angst, nachdem ich ihm meine Liebe gestanden hatte – und ich dachte: “Alles ist bestimmt aus – hast Du ja wieder Klasse hinbekommen; obwohl, eigentlich wolltest Du ja doch nichts mehr anfangen mit diesem Überrest Deines Lebens!... Aber ich spüre dieses Gefühl ganz deutlich, kann nicht daran zweifeln, daß es da ist...! Ich liebe Dich, mein Wolf!“
Wie kann man sich in jemanden verlieben, den man nur durch dessen Worte kennt, auch wenn deren Klang die eigene Seele so tief berührt, als wenn das eigene Selbst sie in tiefster Zärtlichkeit und mit dem Brustton der absoluten Überzeugung zu einem gesagt hätte. Soviel schizophrene Tendenz wollte ich mir dann doch nicht zuschreiben – wäre ich es dann doch selbst gewesen, der mir all diese Dinge gesagt hätte... doch es war ein anderes Wesen, eine andere Seele – wenn sie mir auch so ähnlich und dennoch so verschieden war.
Nur ein junger Wolf, der einen alten trifft? Ist das so einfach; kann es so etwas geben – und ist das vielleicht der Mensch, den zu suchen ich mein ganzes bisheriges Leben gebraucht hatte?
Kann es denn wirklich soviel Glück geben – ist das nicht zuviel Glück, für zwei einsame Wölfe... zuviel wahr werdende Träume?
Unser erstes Telephonat – mit wenigen Worten alles sagend; zitternd, als stünde man nackt in einer kalten Winternacht an einem einsamen Waldsee – nur das Rauschen des Windes, der durch uralten Tannen weht und das sanfte, unglaublich beruhigende Heulen eines Wolfes – ein großes „Ich liebe Dich“, das aus der Tiefe der Seele kam... „Ich liebe Dich, mein Wolf!“
...Und wir konnten uns vom ersten Moment an immer nur sehr schwer trennen – keiner von uns wollte jemals ein Gespräch beenden (meine Güte, die Telekom wird sich freuen!*ggg*) – auch wenn wir die Nähe auch ohne die physische Anwesenheit des Gegenüber spürten.
Dann der Tag, an dem mir mein Wolf schrieb, daß er mich am 15. April besuchen würde... Ich bin vor Freude sicherlich drei Meter groß gewesen und trug bestimmt ein völlig debiles Grinsen mit mir herum – wie sonst sollte ich mir die eigenartigen Blicke der Passanten im Bus, auf der Straße und im Supermarkt erklären? So glücklich hatte ich mich niemals zuvor gefühlt, und ich glaubte lange Zeit, daß es nur ein Traum sein könne, aus dem ich schon sehr bald und mit übergoßer Traurigkeit erwachen würde, erwachen müßte.... doch es kam ganz anders.
Tickern wir uns zum 15. April 2000 – ein Datum, vom dem mein Wolf später sagen wird: „Unser Leben hat an diesem Tag begonnen...!“ Wie recht Du hattest!!
Die Nacht zum Samstag war ein einziges Wirrnis, kein Schlaf zu finden, an nichts anderes denken zu können, als daran, daß man sein Leben treffen wird – alles zurücklassend, was sich als bisheriges Leben aufgespielt hatte... wie gering es mir heute scheint, das Leben vor diesem Leben!
Früh ist es, grau der Himmel und dennoch strahle ich aus mir heraus, trage die Sonne ganz dicht an meinem Herzen und bin so aufgeregt, wie es niemals zuvor in meinem Leben war.
Um 9.58 Uhr soll der Zug am Bahnhof sein – ich bin schon um 9 Uhr auf dem Bahnsteig, falle bestimmt auf, weil ich nicht still stehen kann, wie ein gefangenes Tier in seinem Käfig hin und her laufe.
Zu langsam scheinen sich die Zeiger der Uhr zu bewegen – noch eine kleine Strafe, die aufzunehmen ich verurteilt wurde, um mir dieses wahnsinnig Glück auch zu verdienen… es ist alles gleich, denn ich höre den Herzschlag meines Wolfes bereits; schon lange bevor der Zug in die Station einfährt…
Im Abschnitt C soll der Wagen mit der Nummer 9 halten – er tut es nicht, rollt weiter zum Nächsten Abschnitt… Nur noch wenig Schritte, vielleicht 50 Meter trennen mich von meinem neuen Leben; ich sehe es schon, wie es suchend seinen Blick über den Bahnsteig schweifen läßt.
Mein Herz schlägt mir bis unter die Schädeldecke und ich glaube zu schweben. Ich spreize mein Arme, sehe in das schönste Gesicht, das ich jemals sah und versinke eine Sekunde später in die zärtlichsten Arme, die es auf dieser Welt für mich geben kann – all das weiß ich schon in jenem Moment – all dies wußte ich schon von dem Augenblick an, als ich mich in ihn verliebt hatte: Hier ist Dein neues Leben... Halte es fest, laß es nicht wieder los!
Und so standen wir, versunken in ein Meer aus Glück und Zweisamkeit, alles vergessend was vor unserer Einheit existiert hatte…
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis wir uns entschlossen zu mir zu fahren – mir unsicheren Schritten gingen wir zur S-Bahn, den Blick nicht abwendend vom Gegenüber – und seither als Bild, eingebrannt mit glühenden Eisen, in unseren Herzen, unserer Seele; und als Eins, das nie wieder getrennt werden kann…
Der Tag, der folgte, war eingehüllt von Wolken, in den wir uns liebten, uns so nahe waren, daß an einer Einheit nicht mehr zu zweifeln war. Versunken in Blicke, in Augen, die mir sagten, daß wir nie wieder allein sein würden, die mich den Himmel so nahe brachten, als sei ich selbst ein Gott…
Nun sind wir Yin und Yang – nicht zu trennen der eine vom anderen – und alles Versuche es zu tun waren zum Scheitern verurteilt.
Nun, alleine aber nicht einsam, warte ich darauf, daß wir wieder zusammen treffen, wieder die Gegenwart zur einzigen Wahrheit erklären – unsere Wahrheit, die zu verstehen wir selbst nicht einmal im Stande sind.
Wie sagte mein Wolf: „So glücklich zu sein ist mehr, als ich jemals vom Leben erwartet habe…!“
Und ich weiß nicht, ob es ein größeres Glück geben kann – und wenn es das gibt, dann werde ich es mit meinem Wolf erleben, denn nur durch ihn lebe ich, nur durch ihn weiß ich um die wahre Liebe, um die Unendlichkeit der Seele…
Unsere Liebe ist wahre Glückseligkeit, denn sie läßt sich nicht in Worte fassen!
©Copyright 16.04.2000 Pierre-André Hentzien.
Alle Rechte vorbehalten! Verwendung des Textes, auch Auszugweise, nur mit schriftlicher Zustimmung des Autoren!
PAHPub© 01782322718 „E-Mail für mich“ für S.W. (mein Wolfknäul-Yang) Ich liebe Dich!!!
Vorheriger TitelNächster TitelMan verschone mich bitte mit Benotungen, ohne eine entsprechende Kritik abzugeben (egal ob positiv oder negativ!).
Ich finde es feige eine 6 zu vergeben, nur weil man einer persönlichen Abneigung zuspricht, aber nicht den "Arsch in der Hose hat", derlei auch kurz zu begründen!
Und für all jene, die dies' dennoch so handhaben: Arm, wer ein Gesicht hat, das der Courage nicht erlaubt sich zu zeigen!
Pierre-André Hentzien, Anmerkung zur Geschichte
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.03.2002.
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Liebe, Frust und Leidenschaft - eine Internetliebe
von Adelheid van de Bourg
Nach einem schweren Autounfall hat sich Hanna, eine reife Frau von 59 Jahren,
entschlossen einen PC zu kaufen., weil ihr die Ärzte mitteilten, eine Therapie würde
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Der ''verliebte'' sich in Hanna und wollte sie unbedingt treffen. Doch Hanna weigerte
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Chat immer mehr. Das Flirten, mit Jonas, in seiner charmante Art, gefielen Hanna. Erst
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wieder vertröstet hatte [...]
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