Wieder einmal liegt SIE da. SIE liegt dort
auf dem harten Boden, mit angewinkelten Beinen und den Händen vor den Augen. Es
sieht so auch, als wolle SIE nichts mehr sehen und genau das versucht SIE. SIE
wollte weg von hier, den Rest der Welt einfach ausschließen, verdrängen und
vergessen. SIE hat die Augen zu, will nichts mehr denken, an gar nichts. Doch
auch wenn die Lider geschlossen sind, kann SIE keine Schwärze sehen, nicht
einfach abschalten. SIE möchte doch einfach nur leer sein, doch SIE schafft es
nicht. Immer wieder muss SIE an ihn denken. An seine Küsse. Und SIE sieht
dieses Mädchen, die mit den dunkel-blonden Haaren und den blaugrauen Augen, die
so voller Lebenslust stecken. Wenn man sie näher kennt, weiß man, dass dies
Lebenslust durch ihn kommt. Ja, er hatte sie wieder zum Leben gebracht. Zum
Lachen. Zum Lieben. Ja, sie war verliebt, sie lieb ihr Leben und ist vernarrt
in ihn. SIE sieht dieses Mädchen, das endlich dieses Gefühl hat begehrt zu
werden und sich deshalb fallen lässt. Sie lässt sich gerne bei hm fallen und
gibt ihm alles, was sie je jemandem von sich gegeben hat. Sie vertraut ihm
alles an. Sie fühlt sich gebraucht,
merkt dass es jemanden gibt, dem sie abgehen würde, wenn sie nicht wäre. Fühlt
sich nicht mehr um sonst auf dieser Welt. SIE sieht zu, wie sich das Mädchen
immer mehr fallen lässt, wie sie fällt und fällt. Sie merkt nicht wie tief
sie fällt. Und so fällt sie in ein tiefes schwarzes Loch. Es ist hart. Sie
schreit beim Aufprall vor Schmerz, weint. Doch niemand ist da. Doch! Es sind
viele da. Sie stehen um sie rum, sehen auf sie herunter. Sie wollen ihr helfen,
sie hochziehen. Doch sie können sie nicht halten. Uns sie fällt wieder zurück.
Zurück auf den kalten harten Boden. Dort bleibt sie liegen. Sie lässt sich
nicht mehr helfen, probiert es nicht mehr sich hochziehen zu lassen, denn so
kann sie auch nicht wieder fallen gelassen werden. Sie liegt nur da und starrt
hoch in den Himmel. Dieses endlose blau, das nur manchmal von ein paar samtig weißen
Wölkchen unterbrochen wird. Eine Wolke – dort! – sie lächelt ihr zu. Er! Es ist
er! Sie spürt einen tiefen Stich in ihrem Inneren. Sie starrt diese Wolke an.
Starrt ihn an. Kann nicht wegsehen. Er lächelt sie immer noch an --- nein! Er
lächelt nicht! Er lacht sie aus! Findet es lustig, wie sie dort so liegt. Ihr
tut alles weh. Sie kann das alles noch nicht fassen.
SIE sieht die dunkel-blonden Haare des
Mädchens, schaut in den Spiegel. Dort sieht SIE in blau-graue Augen. Doch diese
hier sehen ins Nichts, sind leer. Haben keinen Ausdruck. Die Augen sind feucht,
möchten weinen, doch SIE hat keine Tränen mehr. SIE fährt sich durch die
dunkel-blonden Haare, die jetzt ab der Hälfte schwarz, dunkel gefärbt sind. SIE
starrt in den Spiegel und sieht dort das Mädchen, das in diesem Loch liegt.
Aber jetzt versucht sie herauszuklettern. Jetzt möchte sie wieder an die
Oberfläche. SIE sieht, wie es das Mädchen immer wieder probiert. Immer wieder
und wieder. Manchmal hat sie es fast geschafft, da fällt sie wieder zurück.
Zurück in das tiefe, schwarze Loch. Sie schafft es nicht, oben zu bleiben. SIE
sieht dem Mädchen zu, wie es vergeblich versucht wieder an die Oberfläche zu
kommen und immer, immer wieder abrutscht. Sie hat keine Kraft mehr.
Und da liegt SIE auf dem harten Boden und starrt an die
Decke. An die Holzdecke mit seinen dicken tragenden Masten. Da sieht SIE ihn.
Ihn, wie er SIE auslacht und bei jedem Lachen spürt sie einen tiefen Stich! Und
sich möchte weinen –
Doch sie kann nicht...
Sie
hat keine Tränen mehr!!!