Georg v. Rechenberg

Das Glück des anderen

Ein Gelächter drang aus der Küche und kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen.
Zwei Männer kamen heraus.
„Was gibt's morgen?“
„Hmm... wie wär's mit ... ach ich weiß nicht, diesmal bist du doch dran. Ich hab
schon letztes Mal.“
„dann ... Pizza?“
„Ist doch gut.“
„dann ... ciao!“
Sie gingen in verschiedene Richtungen. Der etwas größere in Richtung
Partnerapartments.
Ich hab' mich nicht zu beklagen! - Ich habe schon einen Freund. Und der Job macht Spaß. Und sie...   
Er schaute kurz auf und sah diese Tür. Sie war aus Panzerstahl und trennte den Wohnbereich der in dem Hochsicherheitsgefängnis Beschäftigten von den Zellen, in denen die schnellsten, grausamsten, geschicktesten, brutalsten und wahnsinnigsten Schwerverbrecher vor sich hin vegetierten.
... sie ist glücklich! Ihre Arbeit ist perfekt für sie! Wir haben eine schöne Wohnung! Ich hab' mich nicht zu beklagen!
Er sah zurück zur Tür. -- Diese Tür! --  Er mochte sie nicht. Sie machte ihn unglücklich. Es hätte nicht viel gefehlt und er selbst hätte nun auf der anderen Seite der Tür sein können. Denn er hatte einmal selbst –
... Ich hab mich nicht zu beklagen! Es geht mir gut ... und sie ...
Er öffnete die Tür zu seinem Apartment.
...Sie ist glücklich!
„Ich bin wieder da!“
- Keine Antwort -
Er ging ins Wohnzimmer und blieb stehen. Sie lag auf der Couch und war eingeschlafen. Blätter von ihrer Arbeit lagen auf ihr und um sie herum zerstreut. Ihre Haare waren in ihr Gesicht gefallen. Sie sah glücklich aus. So glücklich - so friedlich. Mit der Katze im Arm. Widerwillig wandte er seinen Blick von ihr ab und schlich in die Küche.
Sie ist glücklich ... aber die Tür!
Sie näherte sich leise von hinten.
„Hallo Liebling. Hattest du einen schönen Tag? Ich hatte einen.“
Sie ist glücklich!
„Ja... ja... der andere Koch ist nett.“
„Ich habe auch eine Freundin gefunden“ Sie lächelte ihn an und sie umarmten sich. Der Kuss war lang, doch erschien es ihnen, als wären es nur wenige Sekunden gewesen, als sie von einander abließen und sich in ihren Blicken verfingen. Sie verschmolzen miteinander. Sie schwebten wie auf einer anderen Ebene dahin, wie durch Wasser und doch im freien Fall. Er wollte nicht, aber musste es dennoch tun.
 „Ich ... ich muss dir was sagen ...“
„Was denn?“
Sie ist glücklich!
„Ach, ach ni –“
Die Tür!
„Du... ich... ich... kann... möchte nicht bleiben.“
„Was?“
„Irgendetwas stört mich hier.“
„Aber ... das liegt doch bestimmt daran, dass du dich noch nicht richtig eingewöhnt hast. Außerdem hast du schon einen Freund, dein Job gefällt dir und... und...“
„Ich weiß... dies hier ist alles wovon du geträumt hast.“
„Ja ... aber warum ... ?“
„Ich weiß nicht ...“
Die Tür!
„Es ist... ich fühle mich nicht wohl hier zu sein.“
„Aber es muss doch einen Grund haben“
„Ja, es ist...“
Die Tür!
„Die... Die Tür.“
„Die Tür?“
„Ja.“
„Was für eine Tür?“
„Die gepanzerte ... du weißt schon, die aus Stahl, die Sicherheitstür.“
„Und?“
„Sie.. sie macht mich ... unglücklich, ich bekomme Angst ...“
DIE TÜR!
„Ach das ist normal. Ich fühle mich dort auch unwohl... Ich weiß du fühlst dich erinnert an die Zeit als du selber –
...du wirst dich schon daran gewöhnen. In ein paar Tagen wirst du sie schon gar nicht mehr beachten. “
DIE TÜR!
„Aber... die Tür... sie...“
So kann ich nicht leben!
„...sie... ach, du hast recht!“
Sie streckte ihre Arme aus und küsste ihn. Er erwiderte den Kuss. Doch in seinem Innersten rief es noch immer: „DIE TÜR!“
Und er fragte sich, ob er jemals wieder glücklich sein würde.
Und wenn nicht ich, dann wenigstens sie!

 

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