Michael Lieshoff

Nervosität - Oder an die Kanonen ihr Schlappis

I. Etwas über mich, meinen Heimatmond und Zwangsrekrutierungen
 
Hi, ich bin Chapter One, ja, ich weiß, deshalb wurde ich als immer genäckt, in der Übersetzung heiße ich Kapitel Eins, mein Bruder übrigens Kapitel Zwei.
Naja, auf unserem abgeschiedenen Mond gibt es nun mal keinen allzu großen Reichtum an Namen, Kinder erhalten einfach den Familiennamen und eine passende Nummer, man kann sich jetzt darum streiten in wie fern es logisch ist oder nicht, die Regierung hatte es vor Jahren beschlossen und so ist es jetzt nunmal. Auch deswegen legte ich mir in der Kindheit schnell einen Spitznamen zu, früher kam es mir so vor, als ob ich der einzige sei, dem der Witz bei dieser Namensgebung auffiel, naja, sie können mich Choe nennen, daß gefällt mir entschieden besser, einfach nur Choe, nicht Jo oder Joe, sondern Choe.
 
Nun, da ich mich bisher nur über die verrückte Namensgebung meines Heimatmondes aufgeregt habe, möchte ich gleich weitermachen, nämlich mit der Misere, die vor einem knappen halben Jahr anfing. Der Planet, um den mein Heimatmond seit Centuren und Äonen kreist, heißt ANGRIFFSLUST und unterliegt einer harten Militärdiktatur. Früher wollte der verrückte Diktatur nur unsere Glasklumpen, wir Mondbewohner züchten nämlich Schmierks, daß sind glasscheißende riesige Wollschweine, die sich von dem heißen Wüstensand meiner Heimat ernähren. Ich weiß nicht, was sie mit diesen Glasklumpen machen, die ich und mein Bruder bis vor kurzem noch eifrig in der kleinen Hütte auf unserer Farm sauberputzten, bevor wir sie an die Raumhändler des Diktators abtraten, aber eines ist sicher,
er benötigt sie unbedingt und kommt es mal zu Lieferverzögerungen, die auch nur eine halbe Woche dauern können, werden auf unserem Mond die Steuern gleich verdreifacht, bis wir mit der Produktion und Veredelung wieder vorangekommen sind, so ist es, ein hartes Leben, daß nur aus der Laune heraus von den Schmierks bestimmt wird, produzieren sie Glasklumpen oder nicht, senken oder erhöhen sich die Steuern. Eine einfache logische Gleichung.
 
Bis vor kurzem ließ es sich noch auf diesem öden Mond leben, doch dann wollte der Diktator mehr, er wollte junge Burschen und da kamen damals dann plötzlich große Transporter zu uns, verstecken lohnte sich nicht, denn sie hatten gute Radarausrüstungen, genau abgestimmt auf Wehrdienstverweigerer, daß waren neue Geräte, die perfekt funktionierten. So kam auch ich irgendwann dran, ich konnte mich nirgends verstecken, sie waren Überall, diese Postboten, die mich suchten, um mir den blauen Einberufungsbescheid schmälern lächelnd zuzustecken. Noch am selben Tag, als ich den Bescheid bekam, sollte ich mich auf einem der großen Transporter melden, logischerweise tat ich das nicht, ich wüßte auch nicht, warum ich dies tun hätte sollen. Doch meine Logik interissierte diese schlechtgelaunten Feldjäger kein bißchen, sie jagten mich durch unser kleines Dorf, stellten mich dann volltrunken in einer kleinen Kneipe, in der ich mich bei Freunden versteckte und gleich den Geburtstag eines alten Kumpels mitfeierte, ich war total voll. Dann kamen die Typen, und anstatt mich gleich mitzuschleppen, setzten sie sich erst einmal dazu und besauften sich fleißig mit, auf die Rechnung meines guten alten Kumpels natürlich, der dann auch noch das Glück hatte und mit meinen anderen Freunden Zwangsrekrutiert wurde, so zusagen als kleines Geburtstagsgeschenk unsere lieben Diktators. So ging es dann weiter, bis die Kerle endlich den Biervorrat des guten Wirts leerten, mein Gott, was hatten die für einen Durst, als wären sie Jahrhunderte lang auf Entzug gewesen, schöne Aussichten taten sich mir da auf.
 
Die schönste Misere kam allerdings noch, als die Feldjäger uns zum Raumhafen fuhren, stocktrunken feststellten, daß ihr Transporter schon vor zwei Stunden weiterflog und jetzt weg war. Sie schauten sich um und entdeckten einen Schmierk-Transporter, voll mit faulig stinkendem Glasklumpenschleim, wir wurden natürlich in die Ladekammer gesteckt, sauten uns unheimlich ein, mit dem Schleim und erbrachen fleißig daran. Die werten Herren der Armee machten es sich in der kleinen Nobelsuit bequem, schliefen während der Reise ihren Suff aus, natürlich nachdem sie den armen jungen Schiffspiloten Zwangsrekrutierten und zum armeegeprüften Transporterflieger ernannten.
 
So lief es also ab, in der Werten Armee des Diktators. Irgendwann erwachten wir, ich glaubte alles wäre nur ein Traum, ich stände bald auf, zog meinen Klamotten an und frühstückte mit meiner Familie am Tisch, alles ganz normal, doch es war kein Traum. Wie ich nur ungern bemerkte steckte ich in einem unbequemen Bett, in einer kleinen Stube, mit einer grellen Neonlampe an der Decke und nur einem kleinen Tisch mit einem Höckerchen und zwei anderen Betten, fabelhaft, ein Hocker für drei Personen, die Ironie weckte mich langsam aber sicher aus dem Schlaf und ließ mich auf den harten Boden der Tatsachen knallen.
Mit mir waren zwei andere Typen hier gefangen, hatte ich Freunde (?), sie trugen merkwürdige Uniformen, es war ödes olivgrün, anscheinend doch nicht (!), solche Typen hatte ich schon einmal bei einem Urlaub auf ANGRIFFLUST gesehen, ihre Uniformen waren aus einer Gummilegierung, man zog sie einmal an, von dem Moment an begann sie sich ständig aber langsam aufzulösen, bis man endlich nur noch in Unterhosen da stand und hoffte, eine Neue anziehen zu dürfen. Benommen registrierte ich die beiden, die sich für mich gar nicht interissierten, heulte schon eine laute Sirene hinter meinem Kopfkissen auf und mehrere rote Lampen leuchteten und blinkten an meinem Bettrand auf, war ich doch im Traum, war ich in einer Disco, ich griff gerade schützend die Decke und streifte sie mir über die Ohren, als ich merkte, daß ich gar keine hatte, verzweifelt griff ich nach meinem Kopfkissen, aber es war keines da, es war wohl doch kein Traum, wieder wurde ich enttäuscht.
 
II. Die GA bei Uffz Möwe
 
Doch kurz darauf kam die Antwort auf alle meine Fragen, pure Gewalt und ein schwerer Kracher, den ich erlitt, als das Bett ruckartig nach unten wegklappte und mich auf den blanken Betonboden setzte, schrecklich, mein Kopf schmerzte, meine Glieder brannten und die beiden Typen hatten nicht besseres zu tun, als ihre Ausrüstung zu begutachten und insgeheim zu kichern. Schmerzerfüllt rieb ich meinen katergetränkten Kopf, als mir jemand tierisch unsanft in den Allerwertesten trat, mein Gott, was war das, ein ausgeflipptes Schmierk, daß mir den Laufpass geben wollte oder ein geheimer Fan, der mir das Autogramm eingravieren wollte. Schnell schauten meine Augen, um dem Schmierk den Stinkefinger zu zeigen, da bemerkte sie eine breitschultrige fettwänstige Gestalt, ebenfalls in dieser seltsamen Gummyuniform steckend, sie trug ein schwarzes Barett, das blecherne Abzeichen seiner Einheit fast in die Mitte der Stirn gezogen, wohl doch kein Schmierk, aber wie sich später zeigen sollte, eine feurige Bekanntschaft, der man besser aus dem Weg ging.
 
"Stehen sie auf, Rekrut !" schrie dieses Wesen mich an, als hätte er wildgewordene Schmierkmütter zu beruhigen, die kurz vor ihrer Entbindung standen, "Na los, sie Stück Dreck !", mein Gott er sang fast, laut schrie er, daß meine Trommelfelder brannten, "Sie sollen aufstehen !"
Als sich das Gewitter schon wieder beruhigte, so dachte ich jedenfalls, wurde er unbehaglich und ehe ich mich versah kassierte ich abermals einen schweren Tritt in den Allerwertesten, "Eine Woche Strafdienst !" brüllte diese Typ, völlig, vor Erregung bald platzend, zitternd und bebend, zu mir herab.
 
Langsam knackten die Knochen, der Kater beruhigte sich, glich sich meinen schweren Bewegungen an, benommen und fast noch trunken stand ich auf meinen beiden Beinen, zitternd, ächtzend. "Ja ja" murmelten meine Lippen dabei vor sich hin.
 
"Zwei Wochen Strafdienst !" brüllte dieser Wahnsinnige schon wieder los, das Gewitter brannte wieder über die Heide, "Jetzt auf !", er schloß seinen großen Mund, der mich bald an das Maul eines von Mandelentzündung geplagten Schmierk erinnerte, und öffnete ihn wieder laut brüllend, "Aufstehen !"
 
Dann stand ich endlich vor ihm, ich konnte zumindest das Gleichgewicht halten, er war nicht größer als ich, doch mindestens dreimal so breit und fett, was fraß dieses Monster nur, war es eine Vitaminkur oder gab ihm seine Mutter statt Babyessen Schmierk-Schmackos.
 
"Sie sind also der Neue !" beruhigte er sich langsam wieder, endlich sprach leiser, wahrscheinlich war ihm die Puste ausgegangen, ich atmete tief durch und wollte ihm gerade antworten, als der mich abrupt unterbrach.
 
"Haben sie was an den Ohren ?" brüllte er schon wieder los, ich bemerkte das die beiden Anderen wieder kicherten, daß waren also meine neuen Freunde, naja.
 
"Ja, ich bin der Neue !" antwortete ich ihm rauh ins Gesicht, die Unhöflichkeit, die er mir entgegenbrachte, zurückgebend.
 
"Wieso reden sie, haben sie eine Erlaubnis bekommen ?" brüllte er wieder aus voller Güte, wahrscheinlich hatte er wieder genug Puste bekommen.
 
"Ich bin ihr Ausbilder !" daß hätte ich mir fast denken können, "Unteroffizier Möwe !" und wieder zitterten die Trommelfelder, denn er betonte seinen Namen noch deftiger als alles andere, was er bisher sagte. Möwe, was war denn das, etwa dieses alte fliegende Vieh, von dem ich mal im Geschichtsbuch las, daß es Anglern ins Auge machte, wenn es erblickt wurde, Möwen hatte ich mir anders vorgestellt, nicht so fett und ekelig.
 
"In fünf Minuten ist antreten, ihre Kameraden haben schon ihre Sachen empfangen !" er pausierte und grinste breit, "Ihre sind schon in ihrem Spind, ziehen sie sich um !", er lächelte fies und breit, "Sie haben zwei Minuten Zeit !" Danach ging die Möwe bis zu Tür, die Anderen konnten sich schon gar nicht mehr einkriegen vor Lachen, als sich der Bulle wieder umdrehte, plötzlich verstummten sie und taten sehr beschäftigt.
 
"Gibt es heute keine Meldung mehr ?" schrie er in das kleine Zimmer, in meine Richtung. Was wollte er schon wieder, was ist eine Meldung, was war das, langsam nervte dieser Muskelprotz.
 
"Rekrut One, sie sind der Älteste in der Stube, haben sie das nicht gewußt ?" lächelte er bösartig.
 
"Da haben wir wohl wieder einen Fehler begangen, heh !" Klar, machen sie mich nur fertig, Möwe dachte ich leise in mir, ich kannte keine Meldung, doch irgendwie platzte etwas aus mir heraus, was ich immer zu Vater sagte, wenn ich morgens als Erster in den Ställen war und die Schmierke mit Sand und Wasser fütterte. Ich sprang in Habacht-Stellung, salutierte mit dem Stinkefinger, wie es bei uns in der Familie Tradition war und schrie aus vollem Leibe.
 
"Tung ! Drei sattgefressene Schmierks in den Ställungen, ein besonders fettgefressenes gerade durch die Tür, auf die Felder zu !" Mein Gott, was hatte ich da nur gesagt, das wollte ich nicht, die Möwe würde mich dafür erschlagen, das war klar. Doch er blieb gelassen, lächelte wieder bösartig, fast giftig.
 
"Rekrut One !" sagte er leise mit einem hämischen Zischen auf der Zunge, "Zu den zwei Wochen Strafdienst, kommen noch zwei weitere, in denen sie mir täglich die Stiefel putzen oder lecken, daß überlege ich mir noch !"
Dann drehte er sich um und ging stolzierend aus unserer Stube, das war also die Möwe, ein äußerst unsympathischer Knabe. Die zwei Anderen verschwanden aus der Stube, ich bemerkte, daß sie sich schon draußen auf dem Flur hinstellten, mein Gott, ich hatte nur noch eine Minute Zeit meine Sachen zusammenzusuchen, daß war zuwenig, ich riß den Spind auf und der explodierte förmlich, die Sachen waren so hineingepreßt, wahrscheinlich von muskulösen dicken Möwe, das sie jetzt praktisch herausquollen. Ich hatte keinen Schimmer Ahnung, was ich anzuziehen hatte, verzweifelt suchte ich ein paar Klamotten, doch dann hörte ich schon die Stimme der Möwe.
 
"AN-TRE-TEN !" schrie er voll aus ganzen Leibe, so war er, die Möwe.
 
Wahnsinn, jetzt bemerkte ich erst, daß man mir nur noch meine Unterwäsche gelassen hatte, wo waren wenigstens meine privaten Klamotten, was sollte das, daß konnte doch bestimmt nur ein Traum gewesen sein, aber dieser Gedanke verschwand ganz schnell wieder, zu oft belehrte mich jetzt schon das Gegenteil, es war kein Traum. "Rekrut One," brüllte die Möwe, ein Zeichen dafür, das ich der Letzte war, "Treten sie an !" Sollte ich oder sollte ich nicht, er befahl es und in der kurzen Zeit lernte ich bereits, daß man Befehlen lieber gehorchen sollte, ansonsten regnete es Strafdienste und das Trommelfell oder der Allerwerteste wurden trainiert.
 
Nur mit einer alten Unterhose und einem durchgeschwitzten Hemd schlich ich aus der Stube, hinaus auf den Gang, gut drei Meter neben mir stand der Erste der langen Reihe von Rekruten, der irgendwie schon länger hier war als ich, er sah so erfahren aus, trug mehrere komische Streifen auf den Schultern. Ich stellte mich neben ihn, einem Riesen, ich reichte ihm nur bis zu den Schultern. Er rümpfte sich die Nase als er mich sah, er war sehr sportlich, war bestimmt ein hohes Tier, ich fühlte mich nicht gut genug, um neben ihm zu stehen, doch jetzt konnte ich nicht mehr weg, ich war da und da sollte ich auch bleiben. Die Möwe erblickte mich, breites Grinsen zog sich über sein Gesicht, triumphierend verharrte er auf seiner Position, in der Mitte vor der Reihe, er blickte die Jungen an, kontrollierte Uniformen und Stiefel, einige schickte er zum Stiefelputzen weg, einen sogar noch einmal zum Rasieren.
 
Die Aufgeforderten spurteten, wie sie nur konnten, ein Zeichen für Möwes Macht, er hatte anscheinend viele Hescher, er schaute mich nicht mehr an, wartete auf eine Gelegenheit für einen Tiefschlag, doch ich blieb stehen, wo ich war, ich gab meinen Platz jetzt nicht mehr auf.
 
"Verpiss dich !" flüsterte der Riese, "Hau ab, bevor der Alte kommt, du machst nur Probleme !"
Ich schaute ihn an, blickte zu ihm nach oben, "Du wirst sterben du ..." hauchte er mir mit voller Überheblichkeit ins Gesicht, sein starker Mundgeruch blies mir fast den Atem aus der Seele.
 
Ich beschloß ihn mir zu merken, irgendwann, irgendwo, würde er mich aufmischen wollen, na gut, er wollte Krieg, ich war bereit, aber nicht jetzt, ich brauchte einen Plan, aber das konnte noch etwas dauern. Haßerfüllt ließ dann auch der Riese von mir ab, als der Alte aus seinem Stübchen kam, er schloß die Tür, drehte sich um, erstarrte einen Moment, als er mich sah und ging dann zielstrebig auf die Möwe hinzu, seine Uniform war sehr gepflegt, seine Stiefel glänzten im Neonlicht und er blieb einige Meter vor der Möwe stehen, salutierte.
Die Möwe drehte sich zackig zu ihm, nahm Haltung an und erwiederte den Gruß mit einem prächtig gestimmten Salut, seine Hacksen schnalzten, alles begann in Routine auszuarten.
 
"A-CH-TUNG !" brüllte er aus vollem Halse, wie vor einigen Minuten schon in unserer Stube, "Augen zur Meldung an den Zugführer" er pausiert holte Luft, um dann fast zu platzen, "Links !"
"Unteroffizier Möwe, melde Dritter Zug vor den Stuben angetreten, Herr Oberfeldwebel !"
"Jawohl," der Alte schaute uns an, mich am meisten, "Guten Morgen Männer !"
"Guten Morgen, Herr Oberfeldwebel !" Von Allen hallte es lauthals zurück, bis der Alte, "Augen geradeaus, rührt euch !" befahl.
 
Die entspannten Bewegungen der Beine, die aus der Habacht-Stellung zu den Seiten schwenkten und dann kräftig mit dem rechten Fuß auf den Boden auftraten, konnte man wie ein Gewitter hören, es sah wie ein großer Tausendfüßler aus, ich fand es sehr komisch, doch ich war der einzige, dem ein Lächeln entstieg. "Sie da !" Pfeile schwellten nach mir, das Fegefeuer brannte, "Wer sind sie !" giftete der Alte, mich bösartig mit seinem Zeigefinger treffend.
 
"Ich bin der Neue !" antwortete ich zackig, "Rekrut One, Chapter One"
"Wieso trägt dieser Rekrut keine Uniform ?" fragte der Alte die Möwe.
 
"Rekrut One ist erst eben gerade aus seinem Suff aufgewacht, außerdem ist er zu spät zur Einberufung erschienen !" antwortete die Möwe knackig zurück, schnalzte wieder mit den Hacken, stand wieder in Habacht-Stellung. Ich war zu spät, daß war doch die Schuld dieser versoffenen Feldjäger gewesen, na sowas, jetzt war es mein Problem.
 
"Zwei Wochen Strafdienst für den neuen Kameraden im Steinbruch Alpha, immer vier Stunden nach Dienstschluß !" er pausierte, musterte mich auf tödliche Art und Weise, "Nach dem Antreten zeigen sie dem Rekruten die korrekte Uniform, Herr Unteroffizier !" jetzt atmete er nochmals ein, "Tritt er morgen nicht pünktlich und korrekt an, gibt es eine Woche Strafdienst für den ganzen Zug, auch für sie, Herr Möwe !" Die Möwe nickte, das war ja was, alle waren jetzt gegen mich, ein guter neuer Anfang, ein Herd für Haß und Krieg.
 
"Der gesamte Zug geht heute zur Gefechtsübung, mit dem Unteroffizier Möwe, dort lernen sie das Tarnen, das Verstecken und den Überfall, dann geht es wieder rein, Stuben- und Revierreinigen, alles muß blitzen, dann geht es zum Abendessen, und dann" alle waren schon wieder erdrückt und hofften auf das goldene Wort, den Dienstschluß, "dann werden die Waffen gereinigt und die Rucksäcke gepackt, morgen geht es wieder raus, ganz früh, Dienstschluß entfällt, sie dürfen von 2400 bis 0400 ruhen !" er war erleichtert, seinen Zug wieder am Ende zu sehen, "Wegtreten !"
Alle verstreuten sich in sämtliche Richtungen, nur ich blieb erst einmal dort stehen, wo ich war, bis die Möwe auf mich zukam. Er war stocksauer, verhaßte mich und warf mir vor, ihn bei seiner Arbeit zu sabotieren, bitteschön, wenn er Unerfahrenheit mit Sabotage in Verbindung brachte. Im Eiltempo zeigte mir der zweimal laut rülpsende Ausbilder, wie ich die Uniform zu tragen hatte, er erklärte, daß eine solche Uniform bei keinster Belastung zirka eine Woche halten würde, nur im Kriegsfall sei alle zwei Tage eine neue anzuziehen, bei starker Belastung sei jeden Morgen eine frische Uniform anzuziehen, Möwe zeigte mir einen speziellen Raum, in dem ein Gerät stand, daß auf altersfällige Art und Weise frische Gummyuniformen bildete. Die schwarzen Gummistiefel seien am Tage und in der Nacht öfters zu putzen, mit einer speziellen schwarzen Gummycreme, die einen schwachen Matton erzeugte, dannach sollten sie mit einer Polierbürste poliert werden, um einen schwachen Glanz vorzutäuschen. Sie sollten mehrere Monate halten, bevor sie sich auflösten, dannach seien aus der selben Maschine neue zu beziehen. Doch die Möwe warnte mich vor Überproduktion, man mußte nämlich eine silbernschillernde Marke in den Automaten geben und dieser registrierte dann, wie oft man Stiefel und Uniformen bezog, bezog man einen Überschuß, so hagelte es Strafdienste, sehr logisch. Die Möwe gab mir diese Marke, sie hatte ein kleines Kettchen, es war eine Erkennungsmarke, die ich andauernd um meinen Hals tragen sollte, schöne Sache, Hunde, mit Hundemarken.
Im Laufe der folgenden Minuten erklärte die Möwe mir im Eiltempo, wie der Spind bis heute Abend eingeräumt werden sollte, der Alte höchstpersönlich wollte ihn kontrollieren, dann zeigte er mir etwas Gerödel, daß ich ebenfalls gleich an meiner schon fest sitzenden Uniform anbringen sollte, es sei der Schießanzug, meinte er. Dann waren wir fertig, er zeigte mir einen Schlüssel, mit dem ich den Spind abschließen sollte, später stellte ich fest, daß die Schlüssel aus Kostengründen alle gleich waren, dementsprechend auch die Schlösser.
 
Jetzt scheuchte er mich aus meiner Stube, wies mich auf einen Platz in der wiedermals schon stehenden Reihe im Flur und verschwand dann. Ich erblickte flüchtig die beiden Schleimer aus meiner Stube, irgendwie wußten sie schon alles vorher, deshalb hatten sie auch schon heute früh den Schießanzug an, sie waren die Einzigen, die nicht weggetreten waren, Schleimer, ich haßte sie. Dann kam der Moment, wieder kam der Alte heran, auch im Schießanzug, wieder die selbe Meldeprozedur der Möwe, jetzt musterte der Alte einen Jeden von uns, er überprüfte Haarschnitt, Rasur, Stiefelputz, Anzugsordnung und zu guter letzt, als er bei niemanden außer mir etwas fand, ihm gefielen die Harre nicht, die Reihenfolge der Größe, einige Male tauschte er mich aus. Er riet mir strengstens den Haarschnitt bis Morgen früh zu verbessern, wollte ich nicht wieder Strafdienste bekommen, die Logik schlug wieder zu. Dann ging es zum Waffenempfang, alle der Reihe nach, empfingen wir Gewehre, nur die Möwe empfing ein Lasergewehr, der Alte und der Riese nahmen mit leichten Uzis vorlieb. Da stellte ich auch schon fest, als ich an der Reihe war, das ich keine Waffenkarte besaß, ich hoffte die Logik dieses Apparats würde nicht schon wieder zuschlagen und mir ein paar saftige Strafdienste geben, doch der Obergefreite in der Waffenkammer stellte mir sofort innerhalb weniger Minuten eine solche aus, schon bekam ich im Austausch zu ihr mein Gewehr.
 
Der Tag sollte anstrengend werden, daß versprach ja schon der Alte in seiner morgendlichen Rede, wir waren erst auf dem Schießplatz, zu dem wir marschierten, mit vollem Standardgepäck, daß wir nach dem Waffenempfang noch schleunigst packen mußten. Es waren knapp zehn Kilometer gewesen sein, durch öde Steppe, einige der Rekruten waren verzweifelt, dursteten, doch sie hatten vergessen ihre Feldflaschen aufzufüllen, so mußten sie beim marschieren weiterdursten und leiden. Der Weg war wirklich anstrengend, es ging Berg auf und Berg ab, durch Äcker und Felder, schlammige Wege und Pfäde, alles in allem hatten wir an einem Tag jede Geländeart kennengelernt, einfach fantastisch.
 
Der Alte führte unsere Gruppe, in einem Affenzahn marschierte er und die flotte Möwe neben ihm. Sie hatten ja auch nichts zu tragen, keine Rucksäcke, wenig Gerödel, diesen Service hatten nur wir, die Rekruten. Trotzdem bewunderte ich die fette Möwe, sein Lasergewehr wog mehr als unser Rucksack, doch er hielt es konstant in vorhalte, spähte nach einem illusionären Feind. Schon auf dem Hinmarsch, gab es Gefechtseinlagen, wir lernten uns zu Tarnen, sogar ein kleines Versteck und eine Stellung zu bauen, alles lernten wir im Fluge, anscheinend hatte der hiesige Militärapparat es sehr eilig uns auszubilden, was mir auch nur recht war, denn wie ich schon hörte war nur die Grundausbildung ein harter Hammer, dannach sollte es locker und leicht werden.
 
Auf dem Schießplatz lernten wir den Umgang mit unseren Waffen, zunächst nur mit dem Gewehr, doch in späteren Tagen auch mit Laserwaffen, Pistolen und Uzis, sogar mit Granaten von unterschiedlicher Art, immer präsentiert von der Möwe und dem Alten, sie waren wirkliche Spezialisten auf diesem Gebiet. Ab und zu gab es Leistungsübungen beim Schießen, die in ein spezielles grünes Schießbuch eingetragen wurden, mir fiel das Schießen besonders leicht, schoß ich bei diesen speziellen Übungen fast immer Gold, mit jeder Waffe, nur beim Nachtschießen erlangte ich immer wieder nur Silber, doch der Alte schien zufrieden. So ging es Tag ein und Tag aus, wir hatten kaum Freizeit und wenn es welche gab, nutzten wir sie, unsere Ausrüstung zu pflegen oder unsere Stiefel zu putzen. Unsere Grundausbildung dauerte genau drei Monate, harte Monate, in denen wir mehr gequält und gepeinigt wurden, als richtig ausgebildet, doch inszenierte der Alte immer wieder mal eine Kriegsübung, Nachtalärme und desgleichen gehörten nach dem ersten Monat fast zur Tagesordnung. Wie sehnte ich mich nur nach meiner Familie, meinen Freunden, ich hatte hier nur die beiden Schleimer, die sich als nicht sehr zuverlässig und auch noch als Verräter erwiesen, sie hatten eine Spitzelfunktion, mit der sie sich bei der Möwe immer wieder eine goldene Nase verdienten, indem sie andere Kameraden anschwärzten.
 
Nun ich gab mein bestes, wollte nicht mehr auffallen, hatte doch die beiden Spitzel immer im Nacken, und so gab ich mir wirklich einen Ruck, ich strengte mich an, zeigte mich von meiner besten Seite. Sogar einen Saufabend feierten wir, diesen nahm ich mir als Vorwand, ein wenig über meine Peiniger zu lernen, sie etwas auszuquetschen, besonders die Möwe. Von ihr erfuhr ich, daß er ein recht lausiger Entlauser gewesen war, auf der Schmierkfarm seines alten Herren, ich fand das amüsierend, die fette Möwe pickte daumennagelgroße Läuse aus dem stinkenden filzigen Pelz dieser Tiere, wahrscheinlich naschte er dabei zuviel, deshalb wurde er so fett. An diesem Abend hatte ich noch ein Ziel, den alten, Meister über Zuckerbrot und Peitsche, letzteres gab er uns leider etwas öfter zu spüren. Er war ein Verweigerer ersten Grades, wurde in den Kriegszeiten, in denen ANGRIFFSLUST gegen die Amöbianer kämpfte einfach zwangsrekrutiert, seine Ausbildung dauerte zwei Wochen, dann schickten sie ihn an die harte stählerne Front, wo er zu überleben lernte, dort erkannte er den Sinn der Armee und wandelte sich im Beschuß vom Verweigerer zum Fanatiker. Na herrlich, das wäre wirklich nicht meine Welt, auch wenn es so schien, als wären die Möwe und der Alte an diesem Abend doch insgeheim noch etwas menschlich gewesen.
 
Dann, fast so plötzlich wie sie begonnen hatte, war die Grundausbildung endlich vorbei, wir mußten vor dem Kommandeur antreten, der die besten drei Rekruten eine Urkunde verlieh und die Ausbilder, also Möwe, den Riesen und den Alten, ehrte. Zu meinem Erstaunen war ich einer der besten Rekruten gewesen, erhielt als erster die Urkunde und einen feuchten Händedruck, ich war wirklich verwirrt, dachte ich immer, ich wäre der typische Verweigerer, ein Nichtsnutz, aber dann erinnerte ich mich, an die vielen harten Mühen, die Ausbildung und die Rekrutenprüfung zu bestehen. War das Militär vielleicht doch eine Berufung wert, ich mußte mir das überlegen. Die erste harte Phase war vorrüber, ich fragte mich, in welche Einheit man mich schicken würde, bestimmt zu den Kampfgasfritzen, falls es nicht noch schlimmer kommen mochte. Ich freute mich schon auf meinen Dienstschluß in sieben Monaten, dann war es vorbei, Dienstzeitende, dann könnte ich wieder auf die Schmierkfarm gehen.
 
III. Kampf den Amöbianern !
 
Der Morgen begann grausam, an allen Betten rasselten die Alarmsirenen, die Betten wurden automatisch weggeklappt und wir landeten alle dumpf auf dem Boden, es war noch dunkel, ich schaute auf die Uhr, es war erst 0230, Rotlicht sprang flackernd an, was war denn jetzt schon wieder.
 
"Achtung ! Achtung !" schnalzte der Lautsprecher neben dem Sirenengeheul, "Das ist ein Alarm !" Die Tür wurde plump von der Möwe aufgetreten, er war recht sauer, brüllte laut in unsere Stube, bevor er reinstürmte und uns in die Allerwertesten trat, die Schleimer schauten verdutzt, bekamen dann noch einen Tritt zu spüren. "Aufstehen, ihr Lumpenpack, ihr seid Soldaten, keine Penner !" brüllte er wie von einer Wespe gestochen.
 
"Nein, Herr Unteroffizier, wir sind nur Rekruten, wir sind keine Soldaten !" jammerte einer der beiden schleimigen Stubenkameraden, die perfekten Wehleidigen. "Falsch, du schleimiger Hund !" endlich hatte er ihn entlarvt, "Ihr alle seid gerade zu Gefreiten befördert worden, der Rucksack ist Standardmäßig zu packen, in acht Minuten ist antreten, zwei Minuten sind schon rum !", mein Gott, er war wieder ganz die alte fette Möwe.
 
Er warf jedem von uns ein paar Schulterklappen vor die Füße, sie hatten einen Balken und wir sollten sie auf unserer Uniform befestigen. Jetzt drehte er sich um, rannte aus unserer Stube und überlies uns dem Schicksal, wir schmissen alles in die Rucksäcke, was wir hatten, befestigten die verkommenen billigen Schlafsäcke daran und auch die Isomatten und Zeltbahnen, der Standardhundehütte.
Ich war zuerst angezogen, schnallte meinen Rucksack um und unterstützte meinen beiden schleimigen Kameraden, einer hätte sich fast mit seinen Hosenträgern erhängt, der Andere war unter dem schweren Rucksack begraben. Dann stellten wir uns auf dem Flur in die Reihe, jeder hatte inzwischen seinen Platz, der Größe nach geordnet, der Riese feixte mir natürlich noch im vorbeigehen eine kleine Gemeinheit herüber, "Jetzt gehts ab in den Krieg, du Memme !", naja, er wollte uns nur Angst machen, das war nämlich wieder nur ein Übungsalarm, daß wußten wir doch alle, oder doch nicht ?
 
Die Möwe kam herbei, zusammen mit dem Alten, beide waren total ausgerüstet, hatten schon ihre Waffen, der Alte eine Uzi, die Möwe eines der neuesten Lasergewehre, seine Lieblingswaffe, die er "Spatz" taufte, na ob sich Möwen und Spatzen wohl vertragen mochten, mir kam es so vor, als ob die Möwe aus dem Geschichtsbuch gesprungen wäre und dabei einen Spatzen aufgerissen hätte. Heute war alles anders, bei den anderen Alarmübungen gab es eine Meldung, heute wollte der Alte keine haben, er befahl nur nebenbei, daß jetzt Waffenempfang sei, dannach würde die Möwe uns zu dem Truppentransporter bringen. Nur kurze Zeit später war es soweit, es regnete schon, ich hatte wenigstens meine alte Waffe erwischt und saß in einer taktisch guten Position auf einer der Metallbänke im Transporter. Taktisch gut, weil weit weg von der Ladeluke, deshalb brauchte ich auch keine Ladung rein oder bei der Landung raustragen helfen, alles hatte System und langsam begriff ich es, dieser logische Apparat war leicht zu verstehen, war man erst einmal in ihm gefangen.
 
Alle waren da, die Möwe mußte sich natürlich neben mich setzen, dann kam noch der Alte rein, die Ladeluke verschloß sich automatisch mit einem dumpfen Krachen, der Alte ging durch die Reihen und setzte sich in die Kanzel zu dem Piloten, dem Riesen. Dieser startete dann ruckartig und brutal, ohne Rücksicht auf Verluste den Transporter. Auf den Bänken herrschte großer Trouble, wir rutschten und knallten auf den eisernen Böden, die Möwe grinste, er verwies auf schlitzartige Gefilde, in die man Pennies stecken konnte, dann wurde ein Sicherheitsgurt elektromagnetisch freigegeben und rastete automatisch ein.
Witziger Junge, hatten wir erstens kein Kleingeld bei uns und bekamen zweitens auch noch keinen Sold für diesen Monat, er triumphierte wieder. Irgendwann legte sich der Start und ich konnte aus dem kleinen Fenster ANGRIFFSLUST erkennen, der Planet wurde immer kleiner, ein erschreckendes Gefühl, das war der erste Einsatz, bei dem wir mit dem Truppentransporter den Planeten verließen.
 
Dann hörte ich erschreckte Rufe, einige wunderten sich, andere spekulierten laut, wir flogen auf ein riesiges Kampfschiff zu, es war ein riesiger Zerstörer oder so etwas, er muß so groß wie unser Dorf gewesen sein, nein, noch viel viel größer, schwarz-silbern glänzte er im tiefenlosen Raum. Unser Transporter gleitete langsam zu ihm herüber. Und da erkannte ich noch weitere Transporter, große und kleine, alle von ANGRIFFSLUST aufsteigend, es war ein Schwarm, ein Schwarm von Möwen und Spatzen, die sich auf geschichtliche Angler herabließen, um denen ihre kostbare Ladung aufzubrennen. Das mußte ein Großalarm gewesen sein, verdammt, hatte der Riese doch recht ? Dann waren wir auf dem Kampfschiff gelandet, hatten eine Aufenthaltszone zugewiesen bekommen, bei uns war es Zone PINK und durften pausieren und ruhen, allerdings bestand Alarmbereitschaft, kein Alkohol, keine Drogen.
 
Der Riese überwachte uns, während die Möwe ein kleines Geschäft abwickeln mußte, daß er "bratzen" nannte. Später stellte ich fest, daß er sich auf das WC verkrümelte. Naja, die Aufenthaltszone war in Wirklichkeit ein kleiner Lagerraum, Kisten, Gerümpel und in alle dem waren wir, wir saßen und warteten.
Der Alte war indessen vor einer recht lange Zeit zu einer Einsatzbesprechung gegangen, von der er erst einige Stunden später zurückkehrte. Alle waren jetzt beisammen, die Möwe sorgte für Ruhe, als der Alte kam, keine Meldung verlangte er und setzte sich auf eine Kiste, in der Hand hatte er eine Karte, doch niemand außer ihm selbst konnte hier lesen, nur die Möwe mochte Bilder und Zeichen zu deuten, ein Wunder, ich hatte es nicht für möglich gehalten. Der Alte fluchte, und auch der Riese mochte die Kunst des Lesen nicht innezuhaben, das war von vorne herein klar, dachte ich. Ich fragte mich, warum der Alte jemanden zum Lesen haben wollte, wenn er es selbst konnte, wahrscheinlich konnte er es nicht, eine Pause trat ein, der Alte begutachtete die Karte, die jetzt vor seinen Füßen lag, er überlegte, seine Lippen formten stumm Buchstaben, Buchstaben setzten sich zu Wörtern in seinem Sprachzentrum zusammen, doch wie sprach man die Wörter aus ?
 
"Gefreiter One" fragte er leise, "Kommen sie her !"
Ich trat zu ihm heran, stellte mich in Habacht-Stellung, doch er lehnte dies ab, "Bevor wir ihre veräterischen Bücher damals am Anfang ihrer Ausbildung verbrannten, hatten sie darin gelesen ?"
Ich bejahte, wußte, daß dies eine schlechte Antwort war, aber ich wußte auch, daß er mich jetzt brauchte, wollte er keinen der oberschlauen Offiziere herbeirufen, um ihm die Karte zu deuten, so wie es auf früheren Übungen immer war, wie ich auf dem Saufabend vom Riesen erfahren hatte.
 
"A-cht-ung !" befahl er mir und ich sprang sofort wieder in die Habacht-
Stellung.
 
"Im Namen des Zuges und der Arme von ANGRIFFSLUST befördere ich sie" mein Herz pochte, "feierlich zum Obergefreiten !"
Sofort trat die Möwe herbei, riß mir die alten Gefreitenstreifen von den Schultern und plazierte Zweibalken darauf, der Alte klopfte mir zweimal auf jede Schulter, "Rühren sie sich !"
"So, lesen sie die Karte und den Einsatzbefehl vor !" er atmete ein, "Sie werden der Kartenführer sein, halten sie sich unverzüglich immer in meiner Nähe auf !"
"Jawohl, Herr Oberfeldwebel !" platzte es aus mir heraus, die Tatsache, der einzige Obergefreite im ganzen Zug zu sein, noch vor den Anderen, erweckte ganz schön Nervosität in mir, die zwei Schleimer hatte ich jetzt endgültig ausgestochen, sie gifteten mich an, daß es mir fast den Magen verdrehte.
 
"Die Karte zeigt an diesem Punkt", ich deutete auf den Zerstörer, "unsere Position, der Zerstörer wird mit Lichtgeschwindigkeit zu diesem Punkt fliegen, in das NERVO-System, daß ist hier !" ich zeigte es dem Alten und den Anderen.
 
"Ziel ist der Planet NERVOSITÄT, dort werden wir" ich holte die andere Karte hervor, "an diesem Punkt landen, in einer Lichtung !", ich pausierte kurz.
 
"Laut Auftrag haben wir dort das Gebiet zu sichern und dann auf Verstärkung zu warten, es werden Panzer kommen, die unter der Führung von Feldwebel Marde stehen, in Kooperation sollen wir mit denen die Stadt hier" wieder zeigte ich auf einen kleinen Fleck, "angreifen und besetzen, Ziel ist es, die Militärposten dort außer Gefecht zu setzen und Gefangene unter der Zivilbevölkerung zu machen, die auf ANGRIFFSLUST als Nullöhner arbeiten dürfen."
Wir hatten noch etwa eine Stunde, um uns über den Einsatz ausführlich zu unterhalten, die Jungen waren weitestgehend beängstigt, war es doch ihr erster Einsatz, nur die fette Möwe stopfte ein Freßpille nach der anderen ein, sie quollen dann in seinem Magen auf, bevorzugt fraß er Spaghetti Bolognese. Dann stöhnte er laut und legte sich zwischen den Kisten ein wenig aufs Ohr, ebenso der Riese, der Alte zog weiter weg ein und ruhte ebenfalls, uns wurde die Ruhe befohlen, da wir jetzt sowieso stundenlang in Lichtgeschwindigkeit verbringen würden und am nächsten Tag alle unsere Kräfte brauchten. Die Zeit verging schnell, ich war nur halb eingenickt, da heulten die Sirenen schon wieder auf, der Alte kündigte an, das wir jetzt wieder Plätze in dem Transporter beziehen sollten, wir wären schon im NERVO-System, der Feind hätte noch keine Ahnung von unserem Vorhaben, prost Mahlzeit dachte ich nur, locker und leicht sollte das nach der Grundausbildung wohl doch nicht sein.
 
Im Transporter war es abermals eng, wir waren startbereit, als sich plötzlich die Videotafel einschaltete, es war eine Live-Übertragung von unserem lieben Diktator auf ANGRIFFSLUST. Zuerst rasselte die rostige Computerstimme durch die Lautsprecher.
 
"Achtung ! Dies ist eine Hyperübertragung, Achtung ! Übertragungspriorität 1 !"
Dann konnten wir den mickrig gebauten älteren Mann erkennen, hahnenprächtig uniformiert, mit Stock und Hut, er stand, ein Bein auf einem kleinem Hocker, wo gerade ein Nullöhner ihm die Schuhe polierte. Er räusperte sich, rieb sich den Schnurrbart, zog kräftig Luft durch seine zusammengepreßten Backenzähne. Dann drohte er dem Löhner mit dem Stock, woraufhin dieser verschwand, er lehnte sich jetzt auf sein angewinkeltes Bein, ein Auge in ein Guckglas gepreßt, daß seine Augenmuskeln straff hielten.
 
"Liebe Bürger, Untertanen und Soldaten !" hechelte er, "Der Moment des Triumphes ist gekommen !" einen kleinen Moment hielt er inne.
 
"Die Offensive steht kurz vor dem Ausbruch, bald ist diese untertänische Welt, voller Nervosisten, unter unserer Herrschaft, wir werden ANGRIFFSLUST vergrößern, eine weitere Welt aus der Tyrannenschaft befreien !" faszinierend betrachtete er einen kleinen Nachrichtenroboter, der an ihm vorbeiflitzte, dann schwenkte sein Blick wieder seinem ihm zuschauenden Gefolge zu, "Jeder, der auf NERVOSITÄT lebt, wird bald einer unserer Nullöhner sein, wir werden Freizeitparks und Raketenbasen auf diesem neuen Planeten bauen" er mußte wieder einatmen, "Raketenbasen und Heereslager, ja" wieder konnte er es kaum fassen, daß ein Nachrichtenroboter diesmal von der anderen Seite an ihm vorbeiflitzte, "und Schulen, Basen und Schulen und Heereslager, Raketenbasen" er schnalzte, als der Roboter an seinen Fuß anstieß.
 
Und so schnell wie er eingeblendet war, blendete man ihn schon wieder aus, der Bildschirm flackerte kurz und wieder war die Roboterstimme zu hören. "Liebes Gefolge, bleiben sie in diesen glorreichen Stunden an ihrem Vidscreen, Channel 7 sendet alles LIVE, sie können die Eroberung in erster Reihe sehen, ihre Söhne werden sie kämpfen sehen !".
 
Noch einmal flackerte der Bildschirm auf, der Diktator war wieder zu sehen, diesmal mit dem Rücken zur Kamera, auf dem Boden kriechend, wo er anscheinend sein Guckglas verloren hatte und ein beleidigter Nachrichtenroboter es immer wieder wegschubbste. Jetzt drehte er sich zur Kamera, kniff die Augen zusammen, als wäre er erblindet, "Ich danke ihnen, äh" wieder sah er zu dem Nachrichtenroboter, der sich einen Spaß damit machte jetzt das Guckglas aufzunehmen und einfach damit wegzufahren, dann noch einen und noch einen, "ja Raketen !"
Die Übertragung wurde nach einem eingespielten Applaus, wußte natürlich niemand, daß dieser Applaus nicht echt war, beendet. Kurze Zeit später starteten wir, Kurs war der Planet NERVOSITÄT, dessen Umlaufbahn wir schon erreicht hatten, wir drangen gerade in die Atmossphäre, es polterte und ruckte, wieder fielen wir von den Sitzbänken, die Möwe grinste abermals hämisch und deutete auf die Schlitze. Dann sah ich im Liegen Wolken an uns vorbeizischen, Ackerfelder, blühende Heiden, Flüsse und Seen, so blau wie in den Geschichtsbüchern, ich erblickte kleine Dörfer und dann, dann schlugen unsere graumetallenen Landefüße auf dem Boden der Lichtung auf, es ruckte und quietschte. Die Ladeluke wurde quietschend heruntergelassen und schlug erbarmungslos auf die blühenden Blumen darunter auf, es rumpste.
 
Sofort rannten einige Gefreite heraus, sicherten die Umgebung mit ihren Gewehren, dann folgte die Möwe mit seinem Lasergewehr, dann ein MG, ich und der Alte, der Riese blieb erst im Transporter zurück und hielt ihn startbereit. Das Gelände war schnell gesichert, die Bäume, die wir bisher nur aus Geschichtsbüchern kannten, boten eine hervorragende Deckung, die Wiese roch so natürlich. Niemand war zu sehen, weit und breit kein Lebenszeichen, doch wir hörten andauernd dieses Gepiepse, der Alte vermutete einen Störsender, den die Feinde bereits eingeschaltet hatten, um unsere Kommunikation auf NERVOSITÄT zu blockieren, es nervte unheimlich, manchmal krähte es auch noch dazu, wir waren etwas irritiert, fast war es ein Gesang, unnatürlich, seltsam. Nachdem wir Sicherungsposten abgestellt hatten, richteten wir ein Landekreuz für die Verstärkung ein, die daraufhin auch schon eintraf, es war ein größerer Transporter, er landete nicht, sondern schwebte einige Meter über der Baumdecke und ließ an großen stabilen Kränen mehrere Panzer ab, Sturmpanzer, gut gerüstet, schnell und mit einer guten Feuerkraft versehen.
 
Kaum hatten sie Boden unter den Füßen gespürt, bewegten sie sich schon und begaben sich in ihre vorgewiesenen Stellungen. Nachdem acht dieser Panzer in der Lichtung standen, flog das Transportschiff wieder davon, zurück zum Zerstörer. Aus dem letzten der Panzer kletterte ein etwas jüngerer Feldwebel-
Dienstgrad herab, er eilte sofort zu dem Alten und meldete sich, aber noch zackiger, als die Möwe es immer beim morgendlichen Appell tat.
 
"Sturmpanzertruppe Sinus, melde mich vollständig, Herr Oberfeldwebel !" salutierte er, aber der Alte winkte ab, "Wir sind hier im Krieg, da ist keine Zeit für Meldungen !"
Der Feldwebel nickte. Dann verschwand der Alte mit ihm für ein paar Minuten, sie wollten die Lage besprechen, einen Plan schmieden. Die Möwe schnitzte sich währenddessen ein kleines Holzstück, man hatte halt Langeweile, als er mich bemerkte grinste er wieder bösartig, anscheinend war er so, von Natur aus böse und fett. Der Alte kam endlich zurück, befahl uns die Waffen durchzuladen und gefälligst Deckung zu behalten. Er winkte zum Riesen, dieser sollte sofort wieder zurück zum Zerstörer, weitere Materialien für die Besetzung einholen, er teilte Unteroffizier Möwe mit mir ein, eine kleine Einsatzgruppe auszuwählen, zehn Mann insgesamt, wir sollten einen Weg bahnen, zur Stadt, falls wir es mit Widerstand zu tun bekämen, sollten wir sofort Stellungen sichern und zurückfeuern, dabei allerdings nicht die erste Direktive des Diktators vergessen, nämlich Nullöhner zu rekrutieren. Die Panzertruppe sollte etwa eine Stunde nach uns starten, um die Stadt dann von der Flanke anzugreifen. Der Alte selbst würde hier im Lager mit den etwa zehn restlichen Gefreiten bleiben, sie wollten hier eine Funkstation erbauen.
 
Gesagt getan, Möwe suchte sich ein paar der Gefreiten aus, machte mich zum stellvertretenden Gruppenführer und dann marschierten wir los, ungefähr fünf Kilometer, konnte man der Karte glauben schenken, die Jungs hatten Angst, vor der fremden neuen Welt, die bald die ihrige sein würde. Ein gutes Stückchen waren wir durch dichten Wald marschiert, drangen dann über hüglige Gefilde, vor einem großen Berg, etwa einen Kilometer vor der Stadt machten wir eine kleine Rast. Möwe befahl mir Sicherungsposten einzuteilen und mit ihm dann die Lage zu diskutieren, ich tat wir man mir befahl. Durch den Feldspäher sahen wir die Stadt, einige Häuser, vermutlich alles Landwirte, sie rannten alle, hatten sie schon Verdacht geschöpft (?), wir waren etwas erstaunt, als wir feststellten, daß die Einwohner von Natur aus rannten, sie arbeiteten, im rennen, sie waren alle nervös. Die Möwe grinste, er entsicherte sein Lasergewehr und vor seinen Augen spielte sich schon ein kleines Inferno ab, "Bin mal gespannt ob die auch noch so rennen, wenn ich ihnen eins draufbrenne !"
Naja, Möwes Intelligenz schlug wieder mal zu, "Herr Unteroffizier, sie kennen die erste Direktive ?"
"Ach Mensch, einer weniger schadet nicht !" grinste er breit.
 
"Aber was ist, wenn es gerade der ist, der für ihren Stiefelputz eingeteilt werden sollte und außerdem ist er doch viel zu weit weg, sie haben ein Lasergewehr, keine Feldhaubitze !"
"Okay, das ist ein Argument !" er beruhigte sich wieder und entsicherte, daß war wenigstens geschafft, daß fehlte jetzt noch, ein Irrer der hier wild rumballert, ich war wirklich genervt, irgendetwas stinkte in unserem Regierungsapparat, was wollte der senile Diktator von diesen friedlichen Leutchen ? Ich schlug Möwe vor in einer Schützenreihe auf die Stadt zuzugehen, da vor uns nur offenes Gelände lag, er stimmte bereitwillig zu und so marschierten wir den letzten Kilometer zur Stadt. Etwa auf der Hälfte dieser Strecke geschah es, plötzlich flogen aberviele von diesen Dingern auf, aufgeschreckt wie schlecht träumende Schmierks nach einem wochenlangen Futterentzug. Knapp fünfzig Meter vor uns fuhren lange Türme aus der Erde, sie warfen die Erdbrocken nur so beiseite, ich erkannte große Kanonen an ihrem oberen Ende, sie zielten in unsere Richtung.
 
"Stellung !" schrie ich aus vollem Halse und ließ mich auf den sanften Rasen gleiten, andere folgten, auch Möwe, dann war extrem lautes Feuer zu hören, es mußten an die zehn Türme gewesen sein und alle feuerten immer wieder Salven, doch sie erwischten nur zwei von uns, zwei von den Gefreiten ließen ihr Leben, zerplatzten förmlich noch während sie in Stellung glitten. Das extrem schöne Wetter auf diesem Planeten wurde jetzt von dem häßlichen Donnern dieser Kanonen gestört, Qualm und Rauch zogen sich über die herrliche Wiese.
 
"Amöbianische Zwillingskanonen !" schrie Möwe entsetzt, "Seit zwanzig Jahren wurden sie nicht mehr eingesetzt !"
"Ach ja !" schrie ich zurück.
 
"Wir müssen uns zurückziehen, wo ist das Funkgerät ?" schrie die Möwe voller Atem.
 
"Das ist gerade mit einem der Gefreiten zerplatzt !" brüllte ich gegen das laute Feuer zurück, "Wir haben keine Chance, wir können keine Verstärkung anfordern !"
"Verdammt !" schrie Möwe leicht in Panik und in Anbetracht der Tatsache, daß die Zwillingskanonen ununterbrochen richtig dicke Geschosse knapp über uns hinweg ballerten, wir waren schon zu nahe an ihnen dran, als das sie uns mit tieffliegenden Geschossen treffen hätten können, da war die Technik wohl schon lange nicht mehr gewartet worden. Ich erinnerte mich, in den veräterischen Büchern, die man mir wegnahm, manche davon über amöbianische Technologie, las ich über diese Art von Gefechtskanonen, sie standen alle in einer Reihe, waren hintereinander geschaltet. Es gab nur einen Kontrollkasten, immer im rechten Außenfeld der letzten Kanone einer Reihe, dort war eine tote Zone. Sie konnten einen Eindringling dort nicht treffen, wollten sie sich nicht gegenseitig abtreffen. Kurz klärte ich die Speckmöwe darüber auf, daß ich mich jetzt um die Kanonen kümmern müsse, er hier nur in Deckung bleiben solle und aufpassen sollte, daß nicht noch Bodentruppen kämen. Er nickte, im lauten Feuerhagel hatte die Möwe Angst bekommen, konnte nicht mehr handeln.
 
So kroch ich los, ich robbte, streifte vorher meinen schweren Rucksack ab und ja, ich war wieder beweglich, die Schüsse trafen mich nicht, ich konnte hinter die Türme blicken, sah die große Stadt mit den kleinen Häusern und bemerkte eine seltsame Beobachtung dort, die Einwohner machten einfach weiter mit ihrer Arbeit, seltsam, trotz all dem Geknalle. Oh oh dachte ich, als ich mir den Himmel über der Stadt ansah, ein amöbianisches Kriegsschiff war aufgezogen, hoffentlich würde Möwe jetzt nicht durchdrehen, das Kriegsschiff würde Robbenpanzer abwerfen, mit kleinen Fallschirmen und MG's und manchmal Laser bewaffnete Dronen, tierisch langsam und dumm, aber gut gepanzert und feuerkräftig, sie waren wie antike Bienen, oder, wenn ich den Vergleich ziehen darf, wie Möwen, die in Rudeln kamen und hilflose Angler mit Bleikugeln beschmeißen wollten, um ihre Boote zu versenken.
 
Endlich hatte ich den Sicherungskasten geortet, schon ein wenig mit Moos überwachsen, nur noch ein paar Meter entfernt, die ersten Fallschirme bemerkte ich schon am Himmel, Robben, gleich würden sie uns orten und dann würde der Tanz anfangen. Geschafft, die Amöbianer hatten zwar Vorhängeschlösser in ihrer brillianten Technologie entwickelt, jedoch vergaßen deren Mechaniker immer wieder den Sperrbügel darin einzubauen, so war der Sicherungskasten jahrelang nicht verschlossen gewesen, eine brilliante Idee, doch wohl ein wenig zu brilliant, oder hatte es etwas mit den Sparmaßnahmen der Amöbianer zu tun ?
Fantastisch, es war der selbe Sicherungskasten, den wir in der Scheune für die Schmierks hatten, dort steuerten wir damit die Richtung des Futterdroiden, wenn wir mal keine Zeit hatten, die Tiere selber zu füttern, gut das Vater einmal einen solchen Kasten von dem Händler erworben hatte, nachdem unserer aus ANGRIFFSLUST kaputt gegangen war. Bei Feldkanonen hatte ein solcher Sicherungskasten zwei, nein drei grundlegende Funktionen, einmal den Rückzug, das paßte jetzt nicht, dann den Feuerstopp, nein mir schwebte etwas anderes vor.
Die einhundertachtzig Grad Drehung bei voller Feuerkraft, das war es doch, ich schaltete die entsprechenden Schaltungen ein und mit einem kleinen Seitenschlag drehten sich die schweren großen Kanonentürme rasselnd auf die Richtung der Stadt, vor der schon eine Hundertscharr Robben aufgezogen waren, noch mehr schwebten noch in der Luft.
 
Ich brüllte zur Möwe und winkte ihn heran, daraufhin stürmte er kampfesschreiend mit den Gefreiten zu mir, wir besetzten die Kanonentürme und hielten Stellung. Einer solchen Feuerkraft hatten sich die Amöbianer nicht eingestellt, nachdem die Robben weitesgehend von den Kanonen vernichtet wurden, begannen die eifrig feuernden Teile nun das Kriegsschiff zu beschießen, dieses stieg enorm schnell in die Höhe und schoß davon. Rechtzeitig stoppte ich das Feuer der Kanonen, um die fleißigen Bewohner nicht allzustark zu gefährden, Möwe gefiel das gar nicht, aber langsam war er es gewohnt von mir Befehle entgegenzunehmen, so befahl ich den Gefreiten hier Stellung zu beziehen, Möwe sollte sich in den Kanonentürmen nach Funkanlagen umsehen, ich beobachtete die Bewohner, dessen Interesse wir immer noch nicht wecken konnten. Nun ja, nach einiger Zeit beschloß ich mit zwei Gefreiten zur Stadt zu gehen, Möwe sollte ein Funkgerät zusammenbasteln und damit den Alten anfunken, wir brauchten zwar meines Erachtens keine Verstärkung, aber der Schutz, den die Panzer vorgaukelten, war beruhigend für die anderen Gefreiten und auch für die Möwe.
Ich spähte durch den Feldspäher, ganz genau untersuchte ich die Stadt und dann sah ich sie, Amöbianer, Panzer und Bodeneinheiten, Panzer zielten auf Gebäude und Personen, ebenso Bodentruppen. Jetzt war mir einige klar, die fiesen Amöbianer würden nicht kämpfen, nein, wenn wir angreifen würden, könnten sie ein unvorstellbares Gemetzel unter der Bevölkerung anrichten. Ich sah ganz genau die schleimigen Gesichter der amöbianischen Soldaten, Tentakel ragten aus ihren dreist schauenden Gesichtern, ihre kleinen wehrlosen Körper hatten sie mit dicken Schutzwesten und Panzerungen geschützt. Diese Einwohner konnte man nicht mehr versklaven, für sie würde es keinen Unterschied mehr machen, für wen sie arbeiten würden, Hauptsache sie würden arbeiten, ununterbrochen. In diesem Moment kam die Möwe an, er hatte ein Funkgerät zusammengebaut, aus den veralteten Turmfunken, er war zu aufgeregt, einen Spruch abzusenden, ich sollte es tun. Erst einmal schilderte ich ihm die neue Lage und er musterte ebenfalls die Stadt mit dem Feldspäher.
 
"Verdammt !" brummte er, "Die oberste Direktive könnte arg in Gefahr kommen !"
Ich begann das Funkgerät zu aktivieren, alles arbeitete, dann funkte ich den Alten an, ich informierte ihn über die Lage, er wollte die Panzertruppe schicken, außerdem würde er sich mit ANGRIFFSLUST absprechen. Und so dauerte es nicht lange, bis der Feldwebel auf der Bildfläche erschien, zwei meiner Gefreiten hatten jetzt die Ausrüstungsreste der beiden Gefallenen eingesammelt, einiges konnten wir noch verwenden, manches nicht mehr. Ich beauftragte die beiden, die Toten ordentlich zu vergraben, dann salutierten wir kurz, der Feldwebel sprach einen schwellenden Standardsatz und somit waren zwei unserer Leute ordentlich bestattet. Möwe salutierte dem Feldwebel, erklärte ihm die Lage, doch auch der Feldwebel schien ratlos zu sein, er beschloß die Panzer hinter den Türmen in Stellung gehen zu lassen und abzuwarten. Ich mischte mich unauffällig zwischen die beiden und befragte den Feldwebel harmlos, nach der Art Granaten, die er auf den Panzern hatte. Er sah mich verdutzt an, er sah eher harmlos aus, doch sein Verstand reagierte zum Glück schneller, als seine Vedutztheit über die enorme Unverschämtheit eines Obergefreiten, sich in das Gespräch zweier Dienstgrade einzumischen.
 
"Splitter, Explosiv und Paralyse !" antwortete er zackig und bestimmt.
 
"Nun, kennen sie den Organismus eines Amöbianers ?" fragte ich ihn, so als wenn ich die Anatomie eines Amöbianers studiert hätte.
 
Die Antwort war natürlich klar, warum sollte ein Feldwebel auch schon wissen, das die Amöbianer ziemlich empfindlich auf das Paralysegas reagierten und das ihre schleimigen Körper sich bei Berührung mit dieser Chemikalie in stinkenden Faulschleim auflösten. Kurz und bündig erklärte ich dem Feldwebel und der Möwe meine Taktik, während die Gasgranaten, die die Panzer in die Stadt feuern sollten, die Menschen nur paralysierten, vernichteten sie die Amöbianer und wenn die Paralyse sich behoben hatte, war keine Verletzung der ersten Direktive zu befürchten. Beide begriffen, die Möwe ein wenig langsamer als der Feldwebel, wie es schon zu erwarten war. Kurzum befahl der Feldwebel seinen Panzern Paralysegranaten in die Stadt zu feuern, alles was vorhanden war und das war verdammt nicht wenig, für diese kleine Stadt, in wenigen Minuten war sie in einem unsichtbaren Nebel eingehüllt, der die rennenden Menschen sofort paralysierte, jetzt hatten sie wenigstens einmal in ihrem nervösen Leben Pause, und die wenigen Amöbianer, die zurückbleiben mußten, vernichtete. Die die es noch schafften ließen sich vom Mutterschiff wegbeamen, konnten entkommen. Die Möwe betrachtete das Spektakel zusammen mit dem Feldwebel durch Feldspäher, beide waren fasziniert über meine Taktik und nachdem sie sich beruhigt hatten, befahl der Feldwebel, daß Feuer einzustellen, er nahm den Feldspäher ab, Möwe spähte immer noch, er begriff wirklich schwer.
 
"Herr Obergefreiter !" sprach er leise.
 
"Jawohl !" erwiderte ich zügig.
 
"Es ist mir eine Ehre mit einem so guten Taktiker zusammenzuarbeiten, ich werde sie weiterempfehlen !"
Ich salutierte als Zeichen meines Dankes, "Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite !"
"Mein Name ist Feldwebel Marde, Panzerführer !"
"Ich bin der Obergefreite One !"
Am Abend bekamen wir den Befehl wieder abzuziehen, die Invasion sei vorrüber, man hatte sämtliche Städte des Planeten besetzt, die Amöbianer waren vertrieben worden und der Alte sehnte sich nach unseren Berichten an der Front. Feldwebel Marde besetzte die Panzer noch mit unseren Gefreiten, mir und der Möwe, wir waren alle gut verteilt, ich saß neben dem Feldwebel auf dem zweiten Kommandantenposten des Panzers, wir beide schauten von oben aus dem rollenden Panzer herunter und bewunderten den Sonnenuntergang auf diesem edlen Planeten, der jetzt zu unserer zweiten Heimat wurde, es war fantastisch, so etwas hatte ich noch nie auf meinem Mond gesehen.
 
"Herr Obergefreiter, nach ihrer Ausbildung würde ich sie gerne in meinem Zug begrüßen !" fing er ein kleines Pläuschchen an, er war ganz sympathisch, nicht so wie die Möwe in meinem jetzigen Zug.
 
"Ich werde auf ihr Angebot zurückkommen !" erwiederte ich freundlich.
 
"Sie sind ein wahrer PowWow !" faßte er seine bisherigen Empfindungen über mich zusammen.
 
"Wieso, was ist ein PowWow ?" fragte ich verwirrt. "Pow steht für Power, machtvoll," er atmete ein, zog seine Augenbrauen ein wenig hoch, "Wow steht für Wowie, Power Wowie, machtvoller oder grandioser Aufsteiger, solche gibt es weiß Gott nur wenige in unserer Armee !"
Ich fühlte mich geschmeichelt, Marde meinte ich gehöre zu einer Elite, die Armee konnte mich manchmal doch ein wenig begeistern, oder besser gesagt beeindrucken.
 
"Dann nennen sie mich PowWow Choe !" meinte ich etwas spaßig zur Marde.
 
"Choe ?" fragte er mißtrauisch.
 
"Choe," erklärte ich, "Chapter One !", er lächelte ein wenig, vielleicht fand er meinen Namen lustig, aber ich war nun mal das erste Kapitel in meiner Familie.
 
Er salutierte mir plötzlich, "PowWow Choe !"
Mir war klar, daß Marde ein Freund geworden war, ein guter, wie ich später herausfinden sollte.
 
IV. Zurück im heimischen Stall
 
Endlich war ich wieder im Hauptlager, es war schon lange nach Mitternacht, der Alte hatte es tatsächlich geschafft, hier eine kleine Funkstation aufzubauen, lange war ich hier nicht mehr, hatte den Platz nur bei der Abfahrt gesehen, fleißig war er, der Fanatiker.
 
"Obergefreiter One !" brüllte er, als ich mir gerade vorgenommen hatte, etwas die Blase zu entleeren, an einem der schönen Bäume. Ich drehte mich um, war zum Glück noch nicht bei der Tat.
 
"Hier, Herr Oberfeldwebel !" antwortete ich fast schon elektronisch.
 
"Sie haben Geburtstag !" antwortete er lächelnd und schräg zugleich.
 
Woher wußte er das nun schon wieder, anscheinend hatte er überall seine Agenten und Spitzel, er wußte einfach alles und dann passierte es auch schon. "AN-TRE-
TEN !" brüllte der Alte aus überfessenem Leibe, so daß ihm der Atem ausging, ich rannte, um rechtzeitig an meinem Platz zustehen, ich war in der ersten Reihe, insgesamt belegten wir beim Antreten im freien drei Reihen.
 
"Obergefreiter One !" brüllte er wieder, diesmal etwas leiser, "Vortreten !"
"Jawohl !" antwortete ich ihm gebührend.
 
"Ohne Meldung, stehen sie bequem !" befahl er mir sanft, während die anderen noch in Habacht-Stellung posierten und mich ansahen.
 
"Der Obergefreite One hat heute Geburtstag, wir gratulieren ihm im Namen der Armee und des Zuges und natürlich aller Bewohner ANGRIFFSLUST's mit einem Happy Birthday to you !"
Im Chor sangen die Kameraden jetzt ein kleines Happy Birthday auf mich, dann beruhigten sie sich wieder, der Alte gab Zeichen und der ganze Zug durfte sich wieder rühren.
 
"Herzlichen Glückwunsch, Herr Obergefreiter !" sprach der Alte ruhig, "Und nun vergessen wir die beiden gefallenen Kameraden nicht, wir gedenken ihnen in Ehre" Ich salutierte ihm und wir schwiegen eine Minute lang.
 
"Ach Obergefreiter One", sprach er weiter, sich eine dicke Zigarre anzündend, "Auch unser Kommandeur hat an sie gedacht und vermacht ihnen diese Urkunde für besonderen Mut, unterzeichnen sie !"
Er gab mir einen Stift und winkte einen der Gefreiten zu mir, auf dessen Rücken ich unterzeichnen durfte, potz-Blitz, heute könnte ich mein Barret auf den Boden schmeißen, in den Dreck, zweimal darauf treten und es danach beißen, hätte ich doch damals nur die Urkunde gelesen und nicht auf das Geschwafel des Alten gehört.
 
"... und dann werden wir wieder zurückfliegen, im Urlaub werdet ihr alle ein Freizeitticket für diese neue Welt bekommen ..."
Doch das Wort Urlaub machte meine Augen blind, ich dachte an meine Familie, die Schmierks und an alles, was bisher mir wichtig war, dann gab ich Urkunde und Stift zurück an den Alten.
 
"Wegtreten !" befahl er hastig und winkte mich unhöflich davon, dem Gefreiten verpaßte er einen deftigen Tritt ins Hinterteil.
 
Dann löste er das Antreten und ich setzte mich neben einen kleinen Baum, wir hatten ein wenig Pause, die Möwe gab mir eine Kopie des Urkunde, die ich vorhin unterschrieben hatte, wieso eigentlich nur eine Kopie, es war doch meine Urkunde ? Ich las die Urkunde und hätte in Tränen ausbrechen können, ich hätte vor Wut desertieren können, ich hätte am liebsten geschrien, doch jetzt war alles zu spät. Es war eine Zwangsverpflichtung, für lange harte zwölf Jahre, wahrscheinlich würde ich nicht einmal das erste davon überleben, ich verfluchte diesen Apparat, doch was sollte ich nur tun ? Die Möwe verschwand, hämisch lächelnd und kichernd, er feixte sich an meiner Unfähigkeit und Dummheit. Da kam die Marde, freute sich ebenfalls ein wenig hämisch über meine Urkunde.
 
"Mein Angebot gilt noch !" verstärkte er den Druck auf mich.
 
Nun ja, anscheinend mußte ich damit leben, verdammt in einer Armee zu sein, aber irgendetwas faszinierte mich daran doch. Nach diesem Einsatz begann ich den Militärapparat zu begreifen, hatte man ein wenig Pfiff und Köpfchen, konnte man schnell handeln und improvisieren, hatte man es geschafft, man konnte hier leben, der Krieg war ein Geschäft, für die Großen, für uns war er eine ganz normale Arbeit, doch man konnte auch reinfallen, auf Betrüge stoßen und sein ganzes Leben hier verbringen, verdammt. Und an Abend des nächsten Tages noch rief der Kommandeur unsere Einheit auf den Zerstörer, wir versammelten uns im Messesaal. Hier standen alle, vom einfachen Rekruten, über den Major bis hin zum General, alles war in dem großen Saal versammelt und auch unsere Einheit, geführt vom Oberfeldwebel war bereits angetreten. Nach einigen Floskeln über den Sieg, wurden Ehrungen und Beförderungen bekannt gegeben, vielleicht auch Zwangsverpflichtungen, das hätte jetzt prima gepaßt, doch ich sollte mich mit der Ironie jetzt lieber ein wenig zurückhalten, wollte ich nicht wieder Strafdienste kassieren.
 
"Obergefreiter One !" brüllte der Kommandeur schließlich in die Menge.
 
Vor Schreck hätte es mich beinahe aus der Reihe geworfen, "Hier, Herr Oberstleutnant !"
Ich rannte in die Mitte der Halle, wo schon mehrere Soldaten standen, aber alle im Rang höher als ich, ich wunderte mich.
 
"Obergefreiter One, melde mich wie befohlen, Herr Oberstleutnant !" salutierte ich, wie ich es gelernt hatte.
 
Er lächelte eisern und kalt, der Alte kam ebenfalls angerannt und stellte sich neben mich.
 
"Hiermit ernenne ich sie feierlich zum Fahnenjunker und gebe ihnen die Medallie für den treuen Einsatz, im Namen aller Bürger von ANGRIFFSLUST und der Armee !"

 
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.04.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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