Manuela Schneider

Meine Affinitäten zum Sportunterricht

Meine Affinitäten zum Sportunterricht
13.06.2005
 
Wenn man mich sieht, sollte man meinen, ich sei kein besonders unsportliches Wesen. Vielleicht gehe ich gerne Rad fahren oder schwimmen. Vielleicht gehöre ich auch zu jenen Mädchen, die Volleyball spielen. Oder Handball. Oder Basketball. Oder zu den Mädchen, die einen Ball fangen und werfen können. Oder zumindest festhalten. Oder ansehen. Aber dem ist nicht so.
Nein, es geht nicht. Ballsport stand schon immer auf meinem Index, in der Nähe von Marzipan, Gesellschaftsspielen und inkontinenten Kindern, die auf Jugendfahrten ihre Matratze einnässen.
Früher dachte ich noch: "Komm schon, du musst nur optimistisch sein." Danach kam: "Gut, der Sport hasst dich, dann sei wenigstens nett zu ihm, das hat bestimmt schon einmal ein furchtbar großer, intelligenter Denker gesagt." Heute weiß ich: "Der Sport hasst mich - ich würde seine Genitalien mit einem gekonnten Schnitt entfernen und ihn durch den alten Wirsing-Drehwolf meiner Großmutter kurbeln, gäbe es Handball als Voodoopuppe."
 
Dass ich beim Fußball in der Schule höchstens Eigentore schieße, beim Handball wie ein alter Maulesel mit stockfleckigem Fell am Spielfeldrand hin und her trotte und mir generell nur aus Mitleid mal der Ball an den Kopf geworfen wird, oder bei Volleyball, während ich vorne "blocke", einen erkenntnistheoretischen Vortrag über meine fragewürdige Motorik exklusiv von meinem Sportlehrer präsentiert bekomme, liegt zum Glück nur bedingt in meinem Verantwortungsbereich.
Ich hatte nie einen Bruder, der mich vor einen rostigen Gartenzaun gestellt hat, und mich die Kunst des Torhütens lehrte. Auch von meinem Vater bekam ich statt Throw'n'Catch nur den überlebenswichtigen Unterschied zwischen Messer und Gabel suggeriert. (Zudem ist der einzige Ball, der in meiner näheren Umgebung existiert, rosagrün mit Sternen. Und klein. Und krebserzeugend.)
 
Ähnlich dem Ballsport ist das Schwimmen. Zwei ein paar Jahre ältere Brüder und zwei schwimmbadfaule Erziehungsberechtigte ließen zu, dass ich erst im Sommer der dritten Klasse im Beisein meiner besten Freundin richtig schwimmen lernte. Ich kann es ihnen nicht verübeln, es ist schließlich nicht jedermanns Sache seine quengelige Tochter in ein paar überdimensionale Styroporringe, deren Polyacryl-Überzug epileptische Anfälle erzeugt, zu zwängen und sie im wortwörtlich pisswarmen Kinderbecken an der Wasseroberfläche zu halten. Zudem sind speiseeisverklebte Füße und der penetrante Geruch von Desinfektionsmittel auch nur geringfügig ansprechend. Voller Schulgefühle elterlicherseits wurde ich schließlich in einen Schwimmverein gesteckt, den ich nach einem halben Jahr boykottierte, denn ich wollte nicht mehr den roten Rüssel eines Spielzeugelefanten runterrutschen und mich von wildfremden, semi-pädagogischen, schwitzigen und ganzkörperbehaarten DRLG-Trainern mit gescheitertem Sport-Diplom und den Worten "Vertrau mir einfach." auffangen lassen.
 
Diese Tatsache verschaffte mir meine erste, aber nicht einzige Vier im Sportunterricht, als wir mit der kompletten Klasse Schwimmunterricht hatten.

Sportvereine wie der berühmte Ballettkurs in meiner Grundschule habe ich nie besucht. (Obwohl ich mich Zuerst an den Gedanken erfreute in rosa Röckchen Schwan zu spielen und mich auf das Widerlichste zu verrenken)
Ein Grund, warum ich diesen Kurs nie belegte war vielleicht auch die Tatsache, dass eine gewisse Madame Mitschülerin "Ich will werden wie meine Mama, die Hartgeldnutte, nur mit mehr Lidschatten." täglich hinging. Aber das gehört hier nicht hin.
 
Wunderbarerweise wurde ich dann nicht weiter gezwungen mich für körperliche Aktivitäten zu begeistern. Zwei Monate lang. Dann wurde ich auf ein Pony gesetzt. Es war unfreundlich, hat getreten, gebissen, gebockt und fürchterlich gestunken. Eine glückliche Eingebung ließ mich auch nicht im Sattel sitzen bleiben.
 
So weit – so gut. Also kein Sport – außer in der Schule.
 
Bis zum Januar 2001: Eine neue Ära bricht an. Der Wintersport. Im Rahmen eines Schulausfluges wurde ich auf zwei Bretter gestellt, und einen Berg herunter geschubst. Ich erinnere mich nur an Gummibärchen als Bestechung und dass ich der Skilehrerin in den Finger gebissen habe.
Wie der Berg und ich uns verstanden haben, dürften die meisten wissen. Meiner wütenden Schreie nach zufolge, hat das nicht nur ganz Tschechien gehört, auch die skandinavischen Elche konnten an meiner Freude teilhaben.

Dass ich nie lernte mit dem Sport zurecht zu kommen lag nicht immer an mir. Dass ich es nie wieder versuchte schon. Und so weiß ich jetzt schon, dass ich einmal arbeitslos sein werde.
Kleinen Kindern werde ich Crack verkaufen und unschuldigen Omas die Augäpfel herausreißen, um jene an tibetanische Medizinermönche zu verkaufen. Weil ich nie gelernt habe mich voller Passion in ein Team zu integrieren, somit von anderen abhängig zu sein und mich extasisch und hingebungsvoll für einen Ball aus Schweineleder niederzuwerfen.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.06.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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