Uwe Härtel
Uwi in Prag
11.05.-15.05.05
Pfingsten 2005
Dieses mal hatte ich
Pfingsten mit zwei Urlaubstagen auf satte 5 Tage verlängert - eine Idee, die
sich in einer Hinsicht als vielleicht nicht ganz so clever herausstellte, wie
ich ursprünglich dachte. Denn selbstverständlich zogen alle Hotels die Preise
über die Pfingstfeiertage auf das Doppelte an! Insofern wäre ein verlängertes
Wochenende im Zusammenhang mit Christi Himmelfahrt (eher bekannt als Herrentag)
doch deutlich günstiger gewesen, aber sei's drum!! Man gönnt sich ja sonst
nichts, sprach der Geizhals und fand tatsächlich nach einiger Suche ein
Preiswertes Hotel im Nordöstlichen Prager Stadtteil Kobylisy.
Ein kurzer,
kritischer Blick auf den Wetterbericht der kommenden Tage bestätigte mein
Verlangen nach einer Kurzreise, denn während in Berlin Dauerregen und recht
kalte Temperaturen vorhergesagt wurden, lockte Prag mit Sonnenschein und
angenehmen Temperaturen etwas über 20 Grad.
Gesagt, gebucht.
Flug oder Bahn?
Zum Autofahren war ich
zu faul, außerdem wäre dies auf Grund der derzeit horrenden Benzinkosten in
Deutschland die vermutlich teuerste Variante geworden.
Wenn man großzügig
rechnet, stellt man fest, das der Zeitaufwand für die Bahn- bzw. Flugreise im
großen und ganzen etwa gleich ist. Die Fahrt zum Flughafen Berlin-Tegel plus
der Check-In-Zeit inklusive Sicherheitspuffer und plus der Tatsache, das der
Prager Flughafen doch recht weit außerhalb der Stadt liegt und auch mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln vergleichsweise schlecht erreichbar ist... In der
Summe kommt man sicherlich auch in etwa auf die Reisezeit von 4.5 Stunden, die
man mit der Bahn benötigt.
Letztlich war dann
aber auch vor allem der Preis das entscheidende Argument: Der Flug hätte 154
Euro gekostet, die Bahnfahrkarte insgesamt 109 Euro. Also entschloss ich mich,
nach nunmehr 5jähriger Abstinenz, wieder einmal einen Zug zu besteigen. So
stolperte ich am Mittwoch Nachmittag vom Indischen Restaurant aus durch den
Berliner Regen, um 3 Minuten vor Abfahrt den Bahnsteig zu erreichen. Aus
zahllosen negativen Bahn-Erfahrungen zehrend, war ich innerlich auf alle
möglichen und unmöglichen Katastrophen im kleineren und größeren Sinne
vorbereitet - und umso mehr verwundert bzw. freudig überrascht, da es weder auf
der Hin-, noch auf der Rückfahrt zu irgendwelchen Komplikationen kam und der
Zug sogar auf die Minute pünktlich war!!
Ankunft mit
Problemen
Um kurz nach 20.30
Uhr kam der Zug in Praha-Holesovice an und ich schwang mich gutgelaunt mitten
ins Getümmel der lebendigen Stadt. Oder auch nicht! Denn wie ich verblüfft
feststellen musste, war in Holesovice so ziemlich alles bereits geschlossen und
der Bahnhof präsentierte sich ungefähr mit der Lebendigkeit eines Dorfbahnhofs
im tiefsten Böhmerwald!
Nun wollte ich jedoch
gerne die Metro benutzen und dafür eine Fahrkarte erwerben. Es gibt eine
7-Tage-Karte für 250 Kronen (etwa 8.30 Euro). Natürlich geht es auch billiger,
eine Einzelfahrt kostet gerade mal 12 Kronen - diese bekommt man jedoch nur am
ausschließlich Münzen verspeisenden Automaten. Außerdem müssen die Fahrkarten,
wie in Berlin, vor Fahrtantritt gestempelt / entwertet werden. Ein Vergessen
kann bei einer Kontrolle richtig teuer werden, ganz zu schweigen von dem
jonglieren der Fahrkartenstapel in der Geldbörse.
Die sehr gelangweilt
wirkende Bahnangestellte im einzigen noch offenen Schalter verwies mich mit
gebrochenen Deutsch an den Tabakladen um die Ecke, der natürlich - welch Wunder
- schon seit 2 Stunden geschlossen war. Der ausschließlich tschechisch
sprechende Fahrkartenautomat sah sich wie gesagt nicht in der Lage, meinen
frisch gezogenen 1000-Kronen-Schein zu verarbeiten, also suchte ich einen Kiosk
und tauschte den bunten Lappen in Kleingeld um.
Nach Ankunft in
Kobylisi (eine Station mit der Metro, hätte man eigentlich auch schwarz fahren
können, na ja lieber doch nicht) führte mich mein sonst recht zuverlässiger
Orientierungssinn erst einmal gnadenlos in die völlig falsche Richtung. Als ich
in der hereinbrechenden Dämmerung meinen Stadtplan entfaltete, sprach mich
sofort ein junger Mann an, ob er mir helfen könne! Nachdem wir uns eine
Kommunikation auf Deutsch verständigt hatten, grübelten wir gemeinsam
geschlagene 10 Minuten, wo wohl die gesuchte Strasse Kubisova sein könnte und
der Mann stellte fest, das einige Straßennamen in der Umgebung der Metrostation
nicht mehr so ganz aktuell waren! Letztlich stellte sich heraus, das ich zurück
zur Metro laufen und am Vorplatz natürlich rechts anstatt links abbiegen
musste. Die Straßennamen dort stimmten übrigens wirklich
nicht mit dem
Stadtplan überein, obwohl es sich angeblich um die neueste Ausgabe handelte.
Ich hatte auch später noch einige kleinere derartige Probleme mit dem Plan,
dazu später mehr...
Als ich dann endlich
das Hotel Apollo gefunden hatte, erwartete mich dort das nächste Problem. Die
Dame von der Rezeption teilte mir auf Englisch mit, das es wohl "technische
Probleme" (was immer damit gemeint sein mochte... Kakerlaken?
Schimmelpilze? Stromausfall?) im Hotel gäbe und man mich leider per Taxi in ein
anderes Hotel verfrachten müsse, das irgendwo in Richtung Flughafen läge. Das
veranlasste mich doch zu einigem Protest, was sollte ich denn bitteschön dort
draußen??!! (auf Englisch herumschimpfen macht ja immer irgendwie mehr Spaß,
als auf Deutsch) und ich ließ mir auf dem Stadtplan den Standort des
Ersatzhotels zeigen. Glücklicherweise stellte sich jedoch sofort heraus, das es
nicht am Airport lag, sondern sogar viel näher am Zentrum, als das Apollo, nur
einige Straßen von der Prager Burg entfernt.
Keine drei Minuten
später kam auch schon ein Taxi. Als Trost für meine Unannehmlichkeiten erhielt
ich noch eine Flasche Sekt und verließ das Hotel nach nicht mal 10 Minuten,
nachdem ich es ja zunächst über eine halbe Stunde lang gesucht hatte...
Die Taxifahrt dauerte
eine knappe halbe Stunde und war pures Entertainment. Der Fahrer mochte
vielleicht Ende 40 sein, er konnte kein Englisch und nur einige Fetzen Deutsch.
Zunächst textete er mich auf Russisch zu, merkte jedoch schnell, das ich davon
kaum etwas verstand (irgendwie peinlich nach immerhin 6jährigem, wenn auch
Zwangsweise Unterricht). Wir unterhielten uns eine Weile wild gestikulierend
auf Deutsch über die Schlechtigkeit des Kommunismus und sein tolles Deutsches
Auto, das er in den höchsten Tönen lobte. Es war glaube ich ein älterer Opel
Vectra, der den Geräuschen nach zu urteilen mindestens 1 Million Kilometer auf
der Uhr hatte, aber zuverlässig sei er und robust...
An einer Kreuzung
hupte er eine junge Frau an und lud sie ein "Hey Baby, komm mit uns"
- aber irgendwie wollte sie wohl nicht.
So fuhren wir durch
die halbe Stadt und er redete ohne Unterlass auf mich ein, was ich mir alles in
Prag ansehen sollte (ich verstand leider nur die Hälfte) und fragte mich über
Berlin aus.
Als wir schließlich
am Hotel Denise ankamen, ließ ich mich in einem spontanen Anfall von
Großzügigkeit dazu hinreißen, ihm die den Sekt zu schenken, den ich zuvor im Apollo
bekommen hatte und bezog nun endlich meine endgültige Unterkunft.
Die Sprache
Die Tschechische
Sprache klingt in meinen Ohren wie Türkisch rückwärts und natürlich verstand
ich kein einziges Wort!
Ich versuchte es
zumeist auch gar nicht erst, denn durch unaussprechliche Wortkonstrukte wie
"Vrch" oder "Krc" war beinahe jeder Lernversuch sofort zum
scheitern verurteilt. Die meisten Tschechen sprechen ja Deutsch, viele sogar
ziemlich gut. Allerdings hatte ich des öfteren den Eindruck, das sie es nicht
sonderlich gerne tun - zumindest wurde Englisch immer bevorzugt, wenn ich
jemanden vor die Wahl stellte. Viele Leute antworteten mir sogar auf Englisch,
obwohl ich versuchte, mit ihnen Deutsch zu reden. Ich hatte nicht nur einmal
das Gefühl, das ich als Englisch sprechender Tourist freundlicher behandelt
wurde, als wenn ich mich als Deutscher zu erkennen gab. Eines der wenigen
Überbleibsel des Kommunismus ist die Russische Sprache, die von vielen Leuten
noch ziemlich gut verstanden und gesprochen wird - allerdings kann ich in
dieser Hinsicht nur zu äußerster Vorsicht raten, denn den meisten stößt die
kommunistische Zeit doch arg sauer auf, wenn sie auf Russisch kommunizieren
sollen.
90% aller
Hinweisschilder und ähnlicher Dinge findet man ausschließlich auf Tschechisch
vor. Ebenso verhält es sich z.B. mit den Ansagen auf Bahnhöfen oder in der Metro,
ich habe den recht langen Satz, der zum zurückbleiben vor den sich schließenden
Türen auffordert, bis zum Schluss nicht verstehen können... ;)
Die wenigen
Standard-Phrasen aus dem Reiseführer waren überhaupt keine Hilfe, da z.B. schon
das "Guten Tag" - "Dobry den" völlig anders ausgesprochen
wird, meist verstand ich nur "iden". Tschechisch ist eben ein
einziges Kauderwelsch...
Im Frühstücksraum des
Hotels lief grundsätzlich das Radio. Hier machte ich die erstaunliche
Entdeckung, das viele bekannte Hits auf Tschechisch nachgesungen wurden. Auf
Grund meiner doch recht Mangelhaften Kenntnisse der aktuellen Charts kann ich
keine Beispiele nennen, aber es waren diverse Hip-Hop und Rap Songs, die man
aus den hiesigen Radiostationen auf jeden Fall kennt, mit dem Unterschied, das
wir diese Titel eben auf Englisch hören...
Wie man in Prag
vorwärts kommt
Ich finde, zu Fuß
gehen, ist und bleibt die beste Möglichkeit, diese wundervolle Stadt zu
erkunden. Die Entfernungen sind nicht gerade gigantisch und in den Straßen und
kleinen Gassen gibt es viel zu sehen. Ohne zu übertreiben, kann ich behaupten,
pro Tag mindestens 20km gelaufen zu sein, wobei "laufen" im Sinne von
gemächlichen spazieren gehen zu verstehen ist. Trotzdem taten mir jeden Abend
die Füße weh und der Muskelkater in den Waden bis hinauf zum Oberschenkel zog
sich noch über mehrere Tage hin! Aber ich lief und lief - ich konnte nicht
genug kriegen!
Dennoch nutzte ich
auch die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Metro ist sehr modern, allerdings
sind die meisten Stationen recht klein und wenig spektakulär. Das U-Bahn-Netz
an sich ist auch nicht gerade umfangreich, es besteht gerade mal aus 3 Linien
und es gibt ebenfalls insgesamt nur 3 Umsteigebahnhöfe.
Wesentlich stärker
ausgebaut ist das Tram-Netz, die Straßenbahnen fahren wirklich in jeden Winkel
der Stadt. Hier sind mehrere Generationen der bekannten und beliebten
Tatrabahnen unterwegs. Die Bahnen der neuen Bauart geben vor dem schließen der
Türen einen extrem schrillen, durchdringenden Pfeifton als Warnsignal von sich,
den ich als äußerst unangenehm empfand. Die alten Tatrabahnen rumpeln und
quietschen durch die Stadt, wobei die Glocke permanent in Gebrauch ist. Mit
diesen Bahnen macht es eigentlich am meisten Spaß. Ich bemerkte auch, das
manche Fahrer mit absoluter Selbstverständlichkeit in ihrem Führerstand
nebenbei in voller Lautstärke Radio hörten - ein Umstand, der für einen
hiesigen Straßenbahnfahrer garantiert eine saftige Abmahnung zur Folge haben dürfte.
Tagsüber ein Taxi zu
nehmen, ist sehr unsinnig, da man mit dem Auto auf Grund des dichten Verkehrs
kaum vorwärts kommt und wahrscheinlich oftmals sogar zu Fuß schneller wäre.
Es gibt unglaublich
viele Zebrastreifen, sogar auf mehrspurigen Schnellstraßen, allerdings sollte
man nicht blindlings hinüber schlendern, sondern (insbesondere nach Einbruch
der Dunkelheit) darauf achten, ob die Autos auch wirklich abbremsen. Das
Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr funktionierte aber
im großen und ganzen recht gut.
Obwohl man auch recht
preisgünstig Fahrräder mieten kann, würde ich zumindest in der Innenstadt vom
Radfahren dringend
abraten, denn die
Straßen sind teilweise doch recht eng und bestehen oft aus ziemlich groben
Kopfsteinpflaster. Ich habe auch nur sehr wenige Fahrradfahrer gesehen und
wenn, waren es fast ausschließlich Kuriere.
Die wichtigsten
Sehenswürdigkeiten
Selbstverständlich
habe ich zunächst einmal das touristische Pflichtprogramm absolviert und die
bekanntesten / berühmtesten Orte Prags besucht. Die majestätisch über Altstadt
trohnende Burg ist natürlich der Touristen-Magnet Nummer Eins und beherbergt
ein ganzes Arsenal an Attraktionen. Der gewaltige Dom ist auf jeden Fall
Sehenswert, auch wenn er teilweise für Sanierungsarbeiten eingerüstet war. Das
Goldene Gässchen kann man sich jedoch meines Erachtens schenken - hingegen
lohnt sich ein Besuch des Spielzeugmuseums schon eher. Der hinter der Burg
liegende Königsgarten ist wunderschön, allerdings war der ebenfalls hoch
gerühmte "singende Brunnen" vor dem Lustschloss Belvedere
bedauerlicherweise stumm und trocken.
Insgesamt war ich
bestimmt 3 oder 4 mal auf der Burg.
Des weiteren
flanierte ich auch mehrere Male über die berühmte Karlsbrücke, wobei das nicht
wirklich spaßig war. Die Brücke ist zwar 10 Meter breit, aber eben doch sehr
stark frequentiert, um nicht zu sagen gerammelt voll! Dabei hatte die Saison
gerade mal begonnen!! Weiterhin sollte man stets im Hinterkopf behalten, das
die Brücke auch ein Paradies für Taschendiebe ist! Am Abend ist es etwas
angenehmer. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit trifft man auf der Karlsbrücke
zahlreiche Straßenmusiker. Unter anderem begegnete ich dort einer Gruppe aus 5
oder 6 Studenten, die lediglich mit zwei einfachen Gitarren ausgestattet eine
doch recht hörbare Coverversion von REM's "Loosing my religion"
darbot.
Von der Karlsbrücke
aus sind es nur wenige Gehminuten durch die verwinkelten Gassen der Altstadt
zum Staromestske. Das Altstädter Rathaus mit der goldenen Astronomischen Uhr
sowie die Teynkirche dürfen auf keiner Besichtigungstour fehlen. Im Rahmen
eines gerade statt findenden Jazz-Festivals spielte vor dem großen
Jan-Hus-Denkmal eine nette Big Band, die sogar Leute (wie z.B. mich) zum
mitwippen anregte, die eigentlich überhaupt keinen Faible für diese
Musikrichtung haben.
Die dritte
bekannteste Sehenswürdigkeit ist der fast einen Kilometer lange Wenzelplatz,
den man im Verlauf einer Stadtbesichtigung beinahe zwangsläufig mindestens
einmal passiert. Sicherlich hat der Platz eine große historische Bedeutung -
ich persönlich fand ihn jedoch nicht so umwerfend attraktiv. Es gibt zahlreiche
Shoppingmöglichkeiten, Laterna Magicka Theater, einige Nachtclubs sowie eine
Unmenge an Wechselstuben und Souvenirgeschäften. An kleinen Imbissständen kann
man sehr preisgünstiges Fast Food erwerben.
Außerdem ist der
Platz Startpunkt vieler Stadtrundfahrten.
Der Prager
Eiffelturm
Eine weitere
bedeutende Sehenswürdigkeit der Stadt ist ohne Zweifel die 60 Meter hohe
Miniatur-Ausgabe des Pariser Eiffelturms, der auf dem Petrinhügel in Mala Stana
steht.
Ich fand, das der
beste Eingang zum Park an der Straßenbahnhaltestelle Hellishova liegt. Man
läuft etwa 100m und befindet sich sogleich mitten im Grünen.
Es gibt zwei
Möglichkeiten, den Turm auf dem Gipfel des Hügels zu erreichen: Entweder mit der
Standseilbahn oder zu Fuß. Von der Standseilbahn kann ich eigentlich nur abraten,
an der Talstation war es gerammelt voll und die Wartezeit betrug mindestens
eine halbe Stunde - und das für eine Fahrtdauer von nicht einmal 10 Minuten!
Zu Fuß kann man den
Hügel - je nachdem, welchen Weg man läuft - in einer Stunde locker erreichen
(sehr langsam laufend). Oben angekommen darf man nach der Zahlung von 50 oder
60 Kronen Eintritt die nicht enden wollende Wendeltreppe hinauf klettern und
sich dort des herrlichen Rundblicks erfreuen. Die obere Aussichtsplattform ist
allerdings ein geschlossener Raum, aber einige Fenster lassen sich öffnen.
Wesentlich besser gefiel mir die untere Plattform in etwa 20 Metern Höhe. Auch
von dort kann man die Stadt in alle Richtungen wunderbar überblicken.
Auf dem Turm fiel mir
wieder einmal die grenzenlose Dummheit einiger - natürlich deutscher -
Touristen auf. Es gibt zwei gegeneinander verlaufende Wendeltreppen, eine zum
hinauf- , die andere zum hinuntergehen. Auf diese Weise wird vermieden, das
sich die Leute beim hoch- und runterlaufen nicht in die Quere kommen, denn die
Treppe ist wirklich nicht sehr breit. Das ganze System ist durch riesige Auf-
bzw. Abwärtszeigende Pfeilsymbole eigentlich absolut Idiotensicher gekennzeichnet
und trotzdem marschiert natürlich jemand blindlings die falsche Treppe hoch.
Jetzt wurde mir auch sofort klar, welche Aufgabe die beiden in weinrote
Overalls gekleidete Wärter haben, nämlich in 3 oder 4 verschiedenen Sprachen
die falsch laufenden Leute zurück zu rufen!
Unmittelbar in der
Nähe des Turms auf halbem Weg zur Bergstation der Standseilbahn befindet sich
ein sehr schön angelegter Park, der auf jeden Fall einen Blick wert ist. Außerdem
steht dort ein Observatorium, welches zu meinem Bedauern geschlossen war,
obwohl das Schild mit den Öffnungszeiten das Gegenteil behauptete.
Des weiteren findet
man unweit des Turms, gegenüber einer Kapelle einen merkwürdigen Bau, der wie
eine Mini-Burg aussieht und ein Spiegelkabinett beherbergt. Diese Attraktion
ist zwar nicht unbedingt das ultimative Highlight, aber für 50 Kronen Eintritt
kann man sich den klassischen Spaß ruhig einmal gönnen.
Vorsicht am
Hauptbahnhof / Ein weiterer Aussichtspunkt
Nach meinem Besuch
auf dem Prager Eiffelturm machte ich mich auf den Weg zum Zizka-Hügel, auf dem
sich das Nationaldenkmal mit der wohl größten Reiterstatue Osteuropas befindet.
Der mehr lange als breite Park befindet sich vielleicht 15 Gehminuten vom
Hauptbahnhof entfernt - wenn man den Weg kennt. Die Umgebung des Hauptbahnhofs
Hlavni nadrazi ist nämlich eine gigantische Baustelle, so das ich mich erst
einmal leicht verlaufen hatte und in einem ziemlich schäbigen Viertel
herumirrte, in dem ich mich nach Einbruch der Dunkelheit keinesfalls als naiver
Tourist herumtreiben würde! Allgemein sollte man im Hauptbahnhof sowie in
dessen näherer Umgebung die Augen offen halten, da dort sehr viele zwielichtige
Gestalten ihr Unwesen treiben. Als ich vor der Rückfahrt in der vielleicht 20
Minuten in der Bahnhofshalle auf meinen Zug wartete, wurde ich dort permanent
von Drogendealern, Bettlern und sehr Minderjährigen Prostituierten
angesprochen.
Überall in der
Innenstadt kann man auf Polizeistreifen treffen, aber an diesem Brennpunkt war
seltsamerweise weit und breit kein einziger Ordnungshüter zu sehen. Also:
Vorsicht am Hauptbahnhof!
Nach einer
unfreiwilligen Runde durch das unattraktive Bahnhofsviertel fand ich den
Eingang zum Park in einer kleinen steil ansteigenden Nebenstraße der Husitska.
Dort steht auch ein Militärmuseum, das allerdings keinen sehr gepflegten
Eindruck auf
mich machte.
Hat man den Hügel
über diverse Parkwege und Treppen erklommen, steht man vor einem riesigen
unglaublich hässlichen Granitklotz, der laut Reiseführer die Präsidentengruft
und das Grabmal des unbekannten Soldaten beherbergen soll. Allerdings war dort
alles verriegelt und verrammelt und der gesamte Monumentalbau erweckte doch
stark den Anschein, das er bereits seit einigen Jahren geschlossen ist.
Die Statue ist
allerdings sehr beeindruckend und der Ausblick über die Stadt ist auch von
dieser Position aus grandios.
Die Wiege Prags
Der Empfehlung des
Reiseführers folgend, entschloss ich mich zu einem Spaziergang "durch das
stimmungsvolle Viertel Vysehrad" Zu dieser uralten, hoch über dem Ufer der
Moldau gelegenen Festungsanlage gelangt man mit der C-Linie der Metro. Von der
-
merkwürdigerweise
plötzlich oberirdischen - Station gelangte ich, das wuchtige Kongresszentrum
links liegen lassend, nach wenigen Gehminuten dorthin. Entlang der ehemaligen
Festungsmauer gibt es einen herrlichen Panoramaweg. Allgemein war es in
Vysehrad angenehm ruhig, da sich die großen Touristenströme meist doch auf den
Altstadtkern konzentrieren. Wer also etwas Abstand vom großen Rummel gewinnen
und trotzdem einige Interessante Sehenswürdigkeiten besuchen möchte, wird sich
in diesem Viertel sehr wohl fühlen.
Von Vysehrad aus
wanderte ich nördlich zum Karlsplatz, diesen fand ich allerdings nicht
sonderlich sehenswert. Von dort marschierte ich etwa 500 Meter die hoffnungslos
überfüllte Resslova Straße entlang und sah mir das sogenannte "Tanzende
Haus" an - ein ziemlich amorphes Gebäude, das die moderne tschechische
Architektur widerspiegelt.
Ein Ausflug ins
Grüne
Für den Samstag
beschloss ich, dem Trubel der Stadt ein wenig zu entfliehen und fuhr zu diesem
Zweck mit der Straßenbahnlinie 20 bis zur Endhaltestelle Divoka Sarka. Dort,
etwa auf halber Strecke in Richtung Flughafen, befindet sich ein sehr großes
Naturschutzgebiet, das hervorragend für Halb- oder auch ganztägige Wanderungen
geeignet ist. Seltsamerweise wird dieses Gebiet überhaupt nicht im Reiseführer
erwähnt, obwohl es ein wirklich lohnendes Ausflugsziel ist, zumal man es vom
Zentrum aus mit 2 Tramlinien ganz bequem in vielleicht 20-30 Minuten erreichen
kann.
Von der
Endhaltestelle lief ich vielleicht 10 Minuten und fand mich auf einmal in einer
Schlucht mit imposanten steil aufragenden Felswänden wieder. Ich folgte dem
Wanderweg durch den Wald fast bis nach Nebusice und bog dann rechts ab, um auf
einen der Felsen zu klettern. Dann wanderte ich Bergab, folgte weiter dem
Rundweg bis nach Vokovice, wo ich abermals im spitzen Winkel nach rechts
schwenkte und schließlich den 363 Meter hohen Berg (er scheint keinen Namen zu
haben, jedenfalls steht nichts im Stadtplan) zu besteigen. Vom dortigen Plateau
aus bot sich mir wiederum ein phantastischer Blick auf die etwas entfernte
Stadt sowie auf das reizvolle grüne Umland. Des weiteren gibt es dort einen
großen See, an dessen Nordufer ein sehr preisgünstiges Freiluftrestaurant
existiert, das sehr leckeres Essen direkt vom Grill anbietet. Der See selbst
zählt nicht unbedingt zu den saubersten Gewässern Europas, aber es scheint
tatsächlich noch Fische zu geben - in Anbetracht der Tatsache, das ich überall
am Ufer auf Angler traf, scheinen es
sogar viele und große Fische sein. Bis zur Wende gab es offenkundig auch
mindestens 2 große Freibäder am See, die jedoch bereits vor langer Zeit
geschlossen wurden.
Von Divoka Sarka aus
spazierte ich zum etwas südlich gelegenen Schloss Stern. Auf dem Weg dorthin
stellte ich einmal mehr fest, das mein Stadtplan nicht mehr ganz aktuell war,
denn die als durchgehend eingezeichnete Straße entpuppte sich als Sackgasse.
Über diverse Seitenwege, die gemäß dem Plan eigentlich gar nicht existieren
dürften, gelangte ich in den recht großen, bewaldeten Schlosspark, der von drei
schnurgeraden Alleen durchkreuzt wird. Die Hauptallee, welche wieder zur
Hauptstraße und zur Straßenbahnhaltestelle führt, ist mindestens einen
Kilometer lang. Das sternförmige Schloss ist nicht unbedingt die bombastische
Attraktion, wenn man jedoch etwas Zeit übrig hat, kann man es ruhig noch
"mitnehmen".
Wenn es regnet
Da sich das Wetter am
Sonntag von seiner schlechten Seite zeigte, beschloss ich, einige der
zahlreichen Museen der Stadt zu besuchen. Zuerst sah ich mir natürlich das große
Nationalmuseum an, dessen prächtiges Foyer wahrlich imposant ist. Für einen Eintrittspreis
von 100 Kronen schlenderte ich durch die historischen, mineralogischen, die
zoologischen und die anthropologischen Sammlungen.
Als zweites Ziel
hatte ich das Sexmaschinen-Museum auserkoren, das sich in der Melantrichova in
unmittelbarer Nähe vom Staromestske befindet. Der Eintrittspreis dort ist mit
250 Kronen im Verhältnis gesehen Rekorderverdächtig hoch, jedoch bietet das Museum
dafür auch ein wirklich unglaubliches Sammelsurium skurriler Ausstellungsstücke
rund um die schönste Nebensache der Welt.
Nach einem
reichhaltigen Mittagsmahl marschierte ich ein letztes Mal zur Prager Burg
hinauf, um das dortige Spielzeugmuseum zu besuchen. Der Eintrittspreis dort war
mit 30 Kronen wiederum sehr günstig. Neben der umfangreichen und – auch auf
Deutsch – gut beschriebenen Dauerausstellung, gab es auch eine
Sonderausstellung über den Werdegang der Weltbekannten „Barbie“-Puppen.
Des weiteren
überlegte Ich, ob ich mir noch eines der vielen Wachsfiguren-Museen ansehen
sollte. Leider hatte ich es verpasst, zu recherchieren, welches Haus empfehlenswert
sein könnte. Außerdem war mein Bares beinahe restlos aufgebraucht und ich wollte
nicht extra noch einmal zum Geldautomaten gehen.
Auch hinsichtlich
eines Besuchs des berühmten Theaters „Laterna Magicka“ tat ich mich schwer. Es
gibt unglaublich viele Häuser, die täglich Vorstellungen zu den unterschiedlichsten
Preisen anbieten und bevor man aufs Geratewohl in irgendein Theater geht und
hinterher womöglich enttäuscht ist, kann ich nur eine vorherige Recherche im
Internet empfehlen.
Einen regnerischen Tag in Prag mit Shopping zu verbringen,
halte ich hingegen für keine so gute Idee. Das Preisniveau ist nur sehr gering
unter dem von Deutschland angesiedelt und bei vielen Ketten, wie z.B. „New
Yorker“ oder „H&M“ zahlt man genau soviel, wie hierzulande.
Zurück nach Berlin
Die Rückfahrt verlief ohne Komplikationen. Auf dem Weg
durch den Prager Hauptbahnhof zum Zug wurde ich noch von einem sehr
aufdringlichen Obdachlosen angesprochen, der mir weismachen wollte (nachdem er
mitbekommen hatte, das ich Deutscher war), das er sich ja eine Fahrkarte nach
München kaufen wolle und ihm lediglich noch 20 Kronen fehlen würden. Der Kerl
lief mir fast bis auf den Bahnsteig hinterher, wo ich ihm dann doch in deutlich
schärferen Ton nahe legte, mich in Ruhe zu lassen.
Der Hauptbahnhof ist wirklich kein gutes Aushängeschild
für die ansonsten wirklich schöne Stadt.
Auch auf dem Rückweg traf der Zug pünktlich auf die Minute
in Lichtenberg an. Berlin empfing mich mit grauenvollen, beinahe winterlichen
Wetter, so das ich mich sozusagen zum krönender Abschluss meiner Reise gleich
erkältete und mich eine Woche mit Halsschmerzen, Schnupfen und Fieber
herumplagen durfte.
Aus gegebenen Anlass suchte ich auch gleich noch einmal
nach Brieffreunden aus Tschechien und fand tatsächlich auch jemanden aus Prag –
vielleicht kann treffen wir uns ja beim nächsten Mal :o)
P.S.: Alle Rechtschreibfehler sind natürlich wieder mal
Absicht ;)
Vorheriger TitelNächster Titel
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Uwe Härtel).
Der Beitrag wurde von Uwe Härtel auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.07.2005.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).