Joana Angelides

Fördergelder für unterentwickelte Mitgliedstaaten

 

Um sich den Fördergeldern der Mitgliedstaaten einer großen bekannten UNION als würdig zu erweisen, muss man vor allem  viele große, blaue Schilder aufstellen, auf denen man mit Zahlen, die wiederum viele Nullen aufweisen, zuerst einmal die Absicht erklärt hier eine Straße, eine Brücke oder ein Tunnel zu bauen.

Besonders unkontrollierbar wird das  in Ländern am äußeren Rande der UNION, möglichst  weitab von der Zentrale, mit  kärglich ausgebauten Verkehrswegen in ländlichen Gebieten,  sowie mit vielen mehr oder weniger kleineren Inseln. Dafür ist in der UNION ein Land besonders geeignet. Seine „Weißblauen Geschichten“ fallen teilweise unter Dramen oder Satiren. Je nach Sichtweise. Sind aber nie Erfolgsgeschichten.

Denn Verkehr gehört her, koste es, was die anderen zahlen! In einer geförderten Welt muss es nur so von Autos wimmeln und wenn man sie mit Gewalt dorthin bringt, wo bisher keine waren und auch nicht gebraucht wurden!

Vor allem wenn einer der einheimischen Verantwortlichen eine Großmutter in einem solchen Gebiet hat, ist es äußerst wirkungsvoll, wenn man eine vierbahnige Autobahn plant, die man dann auch selbst eröffnen könnte. Vor allem im einzigen Kaffeehaus des Ortes ist man dann DER  Mann der Stunde und die jeweilige, im Moment dafür verantwortliche Partei wird sicher das nächste Mal mit überwältigender Mehrheit gewählt.

Mancherorts werden Trassen aufgetürmt, Massen von Sand und Erde bewegt, dann werden dicke Rohre abgeladen und dann wird gewartet.

Irgendeiner sollte nun beginnen. Aber wer? Die Vergabe des Objektes obliegt dem zuständigen Ministerium in der Hauptstadt und manchmal ist die sehr weit weg. Außerdem gibt es eine Menge Bewerber, mit vielen Interessen! Eine Ausschreibung jagt die andere, bis endlich der „Bestbieter“ den Zuschlag bekommt. Da gehen viele geheime Kuverts und ebensolche Boten hin und her.

Wenn dann doch eines Tages begonnen werden sollte, müssen die inzwischen auf den Trassen  entstandenen Wälder abgeholzt werden. Was wiederum nur mit Bewilligung geschehen kann.

Irgendeiner sollte nun..., siehe oben.

Sollten jedoch während der endlich beginnenden Bauarbeiten irgendwelche antike Funde gemacht werden, kann diese Baustelle zum integrierten Bestandteil der Gegend auf Jahre hinaus werden. Ein sofortiger Baustop ist dann nämlich die Folge.

Natürlich werden all diese Vergaben von Kontrollorganen überprüft, muss ja alles seine Ordnung haben! In manchen Ländern kann dies sehr aufwendig und ermüdend werden!

Vor allem Brücken finden die Kontrollorgane  nur schwer. Denn es wird unübersichtlich, wenn Inseln in Berichten genannt werden, deren genauer geographischer Ort  nicht einmal die einheimischen Schüler genau nennen können. Man kann diese Brücken natürlich auch von oben, aus einem Helikopter  orten. Wenn dann genügend Arbeiter auf den Gerüsten auf und ab steigen und winken, wird abgehakt. Wenn mehrere Brücken geprüft werden sollen, kann man, um Benzin zu sparen,  immer wieder dieselbe Brücke anfliegen, aus verschiedenen Richtungen natürlich! Sehen ja sowieso von oben alle gleich aus.

Außerdem müssen die seit Generationen tätigen Fährbetriebe ja aufrecht erhalten bleiben und können nicht so einfach von der fernen Kommission wegorganisiert werden. Die jeweiligen Interessensgruppen werden intervenieren, intervenieren, schmieren und einschüchtern.

Ideale Förderprojekte, sind natürlich auch Tunnel. Da machen sich die großen blauen Tafeln  besonders gut.

Man beginnt vorerst mit einem großen Loch im Berg auf der einen Seite und einem großen  Loch auf der anderen Seite und dann ist einmal Pause. Die Sache ist in Planung. Die beiden großen blauen, bereits bekannten  Schilder werden  dann jedes Jahr einmal abgestaubt und einmal in der Woche fährt ein Lastwagen vorbei. Die Arbeiten unter Tage sind natürlich nur unter Mühsal zu kontrollieren, man glaubt in der UNION  lieber den Lageberichten der jeweiligen Ministerien vor Ort und genehmigt die Zahlungen.

Natürlich wird der Tunnel auch in den neuen Landkarten bereits Jahre vorher eingezeichnet. Diese Karten liegen dann in der Kommission  auf und werden wohlwollend als Tatsache  zur Kenntnis genommen und als Beweis zu den Akten gelegt.

Es lohnt sich, so einmal im Jahr die wenigen Meter in die Tunnel einzufahren um zu kontrollieren, wieweit der Bau fortgeschritten ist. Aber vor Ort auf die Fertigstellung zu warten, wäre vermessen.

Da das Land auch kein sehr ausgebautes Bahnnetz hat, könnte man Fördergelder für den Bau des Schienen-Netzes verwenden. Es ist jedoch vorausschauend klüger, wenn man mit der vorgesehenen Endstation, dem Terminal, beginnt. Da kann man dann jederzeit und termingerecht die Fertigstellung groß feiern, ohne sich um das Schienen-Netz im Landesinneren sofort  kümmern zu müssen. Spart auch Gleiskörper. Im Bericht kann man sodann die Fertigstellung von A nach B  belegen, ohne angeben zu müssen, wo denn A liegt.

Die somit eingesparten, aber kassierten Fördergelder kommen dann den einzelnen Ministerien sehr gelegen. So können Tennisplätze für die privilegierten Direktoren und deren Anhang, Swimmingpools in deren Villen, usw. gebaut werden, damit sie sich mit mehr Freude in die Arbeit stürzen können, die sowieso von den kleinen Leuten gemacht wird. Ohne Swimmingpool natürlich.

Sind ja schließlich auch Bauarbeiten!

Das geschieht natürlich in einem Land, das wir unter Balkanien  einreihen könnten und sind halt so was wie  „Weißblaue Geschichten“.

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.07.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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