Das Herz schlägt leise und schnell.
Eis haftet auf der Rüstung und lässt mich frösteln. Es ist kalt. Das kleine Feuer im Kohlebecken spendet nur wenig Wärme. Mein Magen knurrt. Seit Tagen gab es kaum zu essen. Der Magen hängt bereits zwischen den Beinen. Aber die fetten Offiziere essen jeden Abend bei Kerzenschein, Schinken und Wein. Verdammter Krieg.
Der Nebel hängt tief über der Ebene. Vor uns die zerrissenen Palisaden und umgeknickte Baumstämme. Tagelanger Beschuss hat fast alle Anlagen zerstört. Es ist nur eine Frage der Zeit bis sie kommen.
Schnell kratzen die Waffenknechte das Eis von den Waffen. Es macht sie unnötig schwerer. Das kann vielleicht entscheidend sein.
Draußen heult ein Wolf. Dann lichtet sich der Nebel. Sie kommen.
Untote rennen auf uns zu. Große, grobe Schwerter vor sich tragend. Selbst ihre enorme Kraft reicht kaum aus diese Waffen zu heben. Rasend schnell kommen sie näher.
Die ersten Waffenknechte ziehen sich schon zurück bevor der Feind auch nur in Reichweite kommt.
Auf dem letzten Wachturm eröffnet ein beherzter Bogenschütze das Feuer. Aber seine Bemühungen sind umsonst. Die vereinzelten Pfeile prallen an diesen Monstern ab ohne Schaden anzurichten.
Schon erreichen sie die Stellungen. Schwerter klirren aufeinander. Ein Schrei zerreißt die drückende Stille über dem Lager. Jetzt ist auch meine Zeit gekommen. Das Schwert über dem Kopf haltend, wie ich es gelernt habe, werfe ich mich auf den ersten Feind. Unsere Schwerter kreuzen sich, Funken sprühen, Eis fällt in großen Brocken von der Klinge des Feindes.
Eine leichte Drehung des Schwertes und die Klinge fährt durch den Schädel des Skeletts. Die Knochen zerfallen. Schnell streife ich den morschen Schädel von der Klinge. Der nächste Gegner ist bereits da.
Ein Knüppel trifft mich am Knie, ich taumle nach vorne, gerade noch unter einem Schwerthieb durch. Mein Schwert trennt ein Bein ab und der Feind liegt wehrlos am Boden. Rasend schnell dreht sich das Skelett um und angelt nach der Waffe. Ich bin schneller und zertrümmere ihm den Schädel. Dann trifft mich der Knüppel erneut, dieses Mal auf den Bauch. Ich krümme mich vor Schmerzen, sehe aber im Augenwinkel den Feind. Die Reste eines Goblins. Er stinkt nach Fisch.
Neben mir wehren sich Waffenknechte verbissen, wir sind aber ohne Chance. Viele fallen, aber keiner der Ritter lässt sich blicken.
Unsere Linien wanken, die Formation verbricht. Die äußeren Anlagen sind verloren.
Ich rapple mich hoch, schnapp mir mein Schwert und renne so schnell ich noch kann zur Burg. Feinde verfolgen die, die meinem Beispiel folgen. Es ist beschämend. Ich bin Offizier und fliehe als einer der Ersten.
Es klirrt neben mir und ein Schwert segelt an mir vorbei. Der Besitzer hängt in der Luft, ein Schwert im Rücken. Das Skelett stemmt seinen Fuß gegen den Körper und der Unglückliche rutscht auf die kalte Erde.
Es klirrt erneut. Das Fallgitter fällt rasend schnell. Ich setze alles auf eine Karte und werfe mein Schwert weg. Dann springe ich.
Die Landung ist hart, ich rolle ab und schlage gegen eine Wand. Benommen rappele ich mich noch.
Ich bin drin, aber viele stehen am Gitter und rufen um Hilfe.
„Schnell!“ befiehlt ein Ritter. Ich sehe das zweite Fallgitter und verstehe. Schnell renne ich auf den Hof. Dann fällt das zweite Gitter. Ritter verkanten das Gitter mit Holzstangen.
„Was ist mit den anderen?“ frage ich. Draußen stehen meine Freunde. Der Feind hat sie eingekreist. Sie können nicht entkommen. Es wird ein Massaker geben.
„Was wird wohl mit ihnen sein?“ fragte der Ritter und zuckt mit den Schultern. „Kriege fordern Opfer.“
„Diesem Feind sind wir aber nicht gewachsen.“
„Wann waren wir es schon?“ fragte der Ritter und dreht sich verärgert um. „Tu dir selbst einen Gefallen und geh irgendwo anders hin.“
Der erste Schrei ertönt. Das Massaker beginnt. Es ist schrecklich zu hören, ich wage erst gar nicht hinzusehen.
Links ist das Gefängnis, daneben steht ein Gestell mit einem Wildschweinhort. Unsere letzten Vorräte. Es sind noch drei Schweine. Drei lausige Schweine für knapp sechzig Mann. Mehr sind wir sicher nicht mehr.
„Du da! Wo ist deine Waffe?“ ruft ein Ritter und kommt mir entgegen. Ich deute über meine Schulter. Der Ritter nickt. „Hol dir ein Schwert beim Zeugwart.“
„Ich habe kein Geld.“ antworte ich. Mein Beutel ist draußen, bei der Feuerstelle.
„Jeder braucht ein Schwert. Er soll dir verdammt noch mal eins geben. Sonst komm zu einem der Offiziere. Sie werden sich drum kümmern.“ antwortet der Ritter knapp und eilt schon zum nächsten Überlebenden. Nur mehr die wenigsten tragen ihre Waffe, wie ich sehe.
Wir sind verloren. Es liegt schon in der Luft. Nur niemand traut sich das zu sagen. Der letzte Angriff der Drachen hat schon viel Schaden angerichtet. Aber das jetzt ist das letzte. Die gesamten äußeren Stellungen sind vernichtet oder besetzt. Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Orks uns überrennen.
Langsam wird es wärmer. Die Sonne geht auf. Zum Glück. Tagsüber sehen wir weiter und alle Feinde fürchten das Sonnenlicht. Ihre Angriffe kommen abends, oder in der Nacht.
Der Zeugwart ist ein hartnäckiger Vogel namens Engor. Er will Gold sehen, obwohl ich mir sicher bin das egal wie viel er verdient, keine Münze dieses Tal wieder verlassen wird.
Schließlich gibt er mir eine Waffe, weil ich sage wer mich schickt. Aber ich bin sicher auch meine nächste Ration wird er einbehalten. Dieser verdammt Halsabschneider.
Meine neue Stellung ist die Mauer neben dem Lager. Ein schlechter Platz. Die Orks haben eine Ramme angebracht, direkt neben meiner Stellung. Es stehen zwar Ritter dort, aber wenn die Orks kommen, werde ich einer der ersten sein, der sich ihnen stellen muss.
Am Mittag kommt ein Ritter zu mir. Die Orks habe anscheinend den Kreis noch nicht geschlossen. Der Ritter, Marcos, will eine letzte Schürfgruppe zu einer Mine führen. Er braucht aber einige Waffenknechte.
Egal ob ich bleibe oder nicht, ich werde sterben. Das spüre ich. Der Wind flüstert es mir. Innos hat mich verlassen. Also sage ich zu. Wir brechen sofort auf.
Der Weg führt über die Ramme der Orks, die unbewacht ist, über einen Hügel. Am Fluss sehen wir viele Orks, aber der Wald ist frei. Abseits der Wege gehen wir durch den Wald. Die Gruppe besteht aus drei Ritter, ein paar Knechten, unserem Ortskundigen Grimes und einigen Sträflingen.
Wir passieren den Fluss an einer seichten Stelle. Von da aus sehen wir die Zelte der Orks. Die schließen den Ring um die Burg. Schnell ziehen wir uns in das Unterholz zurück, nicht dass sie uns folgen.
Von da aus führt der Weg den Fluss aufwärts bis wir auf den Weg treffen, über den wir gekommen sind. Wir erreichen eine befestigte Straße und folgen ihr ein Stück. Bei der Brücke über den Fluss zweigen wir nach links ab und dringen wieder in einen Wald ein. Wölfe sind überall, greifen aber nicht an. So erreichen wir die letzte Mine, die nicht verfallen ist. Grimes führt uns hinein und die Sträflinge beginnen mit der Arbeit, die Ritter sichern die Tore. Wir Waffenknechte richten die Palisaden wieder her. Ich besetze den Wachturm. Ich sehe bis zur Burg. Sobald ich was Verdächtiges sehe, soll ich Alarm schlagen.
Wir sind jetzt drei Tage hier. Drei Kisten sind gefördert, aber das Erz neigt sich dem Ende zu. Vielleicht noch eine Kiste gibt er Fels her. Zu wenig. Aber vielleicht haben die anderen Mannschaften mehr Glück.
Marcos macht sich aber Sorgen wegen der Orks. Sie haben ein Zelt nahe unserer Mine errichtet. Nur ein Zelt, aber wo Zelte sind, sind Schamanen. Und wo Schamanen sind, sind auch Krieger. Viele Krieger.
Nachts sind ein paar Sträflinge getürmt. Sie haben den Ritter am Westtor bewusstlos geschlagen und sich dann weggeschlichen. Aber sie scheinen nicht weit gekommen zu sein. Snapper sind jetzt nämlich vor unserer Anlage aufgetaucht. Knurrend streifen sie dort herum. Nicht nur uns plagt der Hunger.
Marcos hat jetzt absoluten Bammel. Er sucht Freiwillige für einen Transport zur Burg. Er will das wenige Erz, das wir schon haben, sicherstellen.
Ich werde wohl mitgehen. Die Orks machen mir Sorgen. Es sind zu viele geworden.
In der Nacht brechen wir wohl auf. Marcos braucht aber noch mehr Leute, die die Kisten tragen.
Wir gehen erst mit dem Morgengrauen los. Der Weg ist hart, denn die Snapper setzen uns zu. Der andere Waffenknecht wird von den Monstern gefressen. Die, die uns folgen, werden niedergemetzelt. Marcos führt seine Klinge gut.
Kurz hinter der Brücke fällt einer der Sträflinge. Er war verletzt und verblutet. Wir haben aber keine Zeit ihn zu begraben.
An einem alten Lagerplatz treffen wir auf einige Banditen. Einer der Sträflinge wird getötet, aber die Rüstung von Marcos bringt diesen Halsabschneidern Respekt bei. Sie versprechen unseren Mann zu begraben und nie wieder jemanden zu belästigen, der hier vorbeikommt. Wer es glaubt.
Immer mehr Tiere verfolgen uns. Die Sträflinge sind erschöpft, aber Marcos treibt sie unerbittlich an. Als wir unseren Wartepunkt, eine Hütte erreichen, sind wir nur noch vier.
Marcos lässt die Kisten in einer Höhle verstecken. Die Sträflinge schickt er zurück zur Mine. Wenn sie schlau sind hauen die beiden Jungs ab.
Ich soll ausspähen ob der Weg frei ist. Ich sehe einen Turm und versuche ihn zu erreichen. Von da aus werde ich einen guten Ausblick haben. Ich lasse mein Tagebuch bei Marcos. Ich hoffe eines Tages liest das jemand.
Jetzt sind drei Tage vergangen. Der Waffenknecht ist noch immer nicht zurück. Ich schätze er ist tot. Aber ich kann die Höhle nicht verlassen um nach ihm zu suchen. Das Erz hier muss bewacht werden. Bei Innos. Ich hoffe es kommt jemand.
Marcos