Petra Virbinskis

Fußanschläge

Wer von uns Eltern kennt sie nicht, diese fiesen, kleinen, meist unsichtbaren und recht spitzen Dinger, die sich Legosteine nennen? Meist liegen sie dort, wo man sie auf gar keinen Fall vermuten würde. Nämlich genau da, wo man hintritt, unter den Füßen.
Oh, was habe ich sie schon verflucht, wenn ich früh morgens, schlaftrunken aus meinem Bett steige, mich im dunkeln zur Tür taste, weil das Licht ja viel zu grell ist und mich außerdem wecken könnte. Nicht genug, daß ich mir den kleinen Zeh regelmäßig an irgend einem Gegenstand, meist ist es der Türpfosten oder ein Stuhlbein, stoße. NEIN!!! Kaum im Flur angekommen lauert auch schon die nächste Gefahrenquelle auf mich, ohne daß ich sie auch nur erahne.
Ein jäher Schmerz bohrt sich in meine Fußsohle und mit großer Mühe unterdrücke ich ein lautes, nicht ganz jugendfreies Fluchen, indem ich meine Hand auf den Mund presse.Bloß nicht die Kinder wecken, dann ist es vorbei mit ausschlafen...
Ich bin wach ! Nun ist es sowieso schon egal, also kann ich ja auch das Licht anknipsen. Meine Wut auf diese Ekelsteine ist so groß, daß ich sie am liebsten quer durch die Wohnung schießen möchte. ...aber die Kinder...
Nun gut. Wieder leicht beherrscht, hebe ich diesen Stein auf." Was macht der eigentlich hier? Sollten die Kinder nicht gestern aufgeräumt haben und ihre Legos ordentlich in den dafür vorgesehenen Kasten legen? Na, der hat sich sicher bloß verirrt".
Um weiteren Unfällen dieser Art vorzubeugen, beschließe ich meine Hausschuhe anzuziehen. - " Wo sind denn bloß die Puschen?" Nach einigem Suchen und erweitertem Druck auf meiner Blase, denn ich wollte ursprünglich nur mal kurz auf die Toilette, fand ich sie...neben der Kinderzimmertür ! "Was machen die denn da?" denke ich und will in die schützenden Latschen schlüpfen, da durchzuckt mich ein nur allzugut gekannter Schmerz. LEGOSTEINE !!!
Wütend kippe ich den Inhalt meiner Schuhe auf den Boden und fluche nun doch ohne Rücksichtnahme auf meine schlafenden Kinder. "Na die können was erleben",denke ich mir und nachdem ich erledigt habe, was zu erledigen war, krieche ich zurück, in mein mittlerweile nur noch lauwarmes Bett.
Der Tag längst angebrochen und alles Schlechte der frühen Morgenstunden ist vergessen...
Apropos vergessen... - Irgendwie bin ich schon lange nicht mehr auf so einen hinterhältig, gemeinen Stein getreten. Ich sehe auch kaum noch die Kinder damit spielen. Jetzt betreibe ich Ursachenforschung. Wieso spielen die Kinder eigentlich nicht mehr mit diesem, für meinen Geschmack überteuertem Spielzeug?
Nachdenklich betrete ich das Zimmer meines Sohnes, 11 Jahre ist er alt, und frage ihn, warum er nicht mal wieder mit Lego spielt. Nach mehreren Anläufen meinerseits, richtet er seinen Blick nun doch endlich auf mich. Voller Entsetzen und Abneigung, die mir fast schon entgegenspringt, sagt er:"Damit spiele ich doch schon lange nicht mehr, Mama !"Fragend sehe ich nun seinen jüngeren Bruder an. Der wiederum gebannt auf den Fernseher starrt und irgend so ein schwarzes Ding in der Hand hält, daß , glaube ich, zu der Playstation gehört, die die Kinder vor wenigen Tagen von der Oma bekamen. Ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, sagt nun der Kleine:"Nee Mama, damit spielen wir schon lange nicht mehr."
Hatte ich nicht gerade erst vor 4 Tagen meinen letzten Legounfall? Ich wundere mich. Interessiert wende ich mich nun an meine beiden Sprößlinge."Was spielt ihr denn da?"; höre ich mich fragen.
Den Blick nicht vom Monitor gewendet, sagen Beide wie aus einem Mund:"Playstation!"
"AHA!" sage ich und schließ die Tür. Denke so bei mir. "Gut, dann kann ich ja wieder ohne nächtliche Angst vor Fußanschlägen durch den Flur gehen. - Aber wo sind nur wieder meine Hausschuhe?" Mich auf die Suche begebend, gehe ich an dem Zimmer meiner jüngsten Tochter vorbei.... "Die spielt zum Glück nicht mit Lego"; denke ich und trete auf einen "unsichtbaren" Barbieschuh....

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.04.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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