Horst Dreizler

Jetzt ist mir alles Wurst!

...Kommissariat 1, Borderstadt.......irgendwann damals in der Zukunft.........



>.........Name..?..........Dax trommelt ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischkante.

>>Brät.......

>Brät.....und weiter ?.......Vorname ? <<

>>Traniel...<<

> Daniel Brät.....<

>>Nein, Traniel.........<< Dax´ Gegenüber fingert nervös an seiner Krawatte.

> Hmmm....ungewöhnlicher Vorname...<

>>Ja, mein Vater war damals arbeitslos und bekam kurz vor meiner Geburt einen Job in

der Fischfabrik und deshalb.......<<

Dax schaltet ab und lässt seinen Blick gelangweilt durch das nüchtern eingerichtete Zimmer schweifen.
...der dunkle Furniertürrahmen, die kahle, gelbe Wand , das Bild vom Innenminister, das Kippfenster
(letztes Jahr renoviert), die Plastikblumen, der Rollschrank, der Metallkleiderständer, daneben der
Speiseplan...mit zusammengekniffenen Augen versucht er zu entziffern, was es heute gibt......sinnlos,
zu weit, zu klein.....dann wieder das Gesicht von Traniel Brät, der in einem Anfall unstillbarer Logorrhoe sein ganzes bisheriges, langweiliges Leben herauslässt......................

>>.....und dann habe ich vor 5 Jahren in der Wurstfabrik angefangen.....erst in der Materialbeschaffung

und dann durfte ich an den grossen Kesseln arbeiten......und......<<

Dax unterbricht:

>Herr Brät, alles sehr interessant, aber warum kommen Sie hierher, das ist eine Polizeidienststelle<
>>Mein Kollege ist verschwunden, Karel........<<
 
> Was heisst verschwunden, wann verschwunden, wo.....??<

>>Er stand neben mir am Bottich, als der heisse Sud eingelassen wurde und als sich der Dampf verzog,
da war er weg !!<<

> Wann war das?< Dax runzelt die Stirn.

>>Vor 2 Wochen..<<

> Vielleicht hat er sich krank gemeldet und ist nach hause, was sagt denn das Personalbüro..?<

>>Sie sagen, er hätte fristlos gekündigt und sei gleich weg<<

>Na, sehen Sie, so was kommt vor..<

Traniel Brät wehrt sich:

>> Ich war zu hause bei ihm, seine Wirtin hat ihn auch nicht mehr gesehen, die Wohnung habe er
per Einschreiben gekündigt, die Fabrik hat noch den Mietrückstand beglichen. In der Wurstfabrik
verschwinden immer wieder Leute, keiner weiss...........<<

Dax hatte genug, keine halbe Stunde mehr bis zum Mittag, sie kommen so nicht voran.

>Ich schreibe mir jetzt die Personalien und die Beschreibung Ihres Freundes auf und Sie erstatten
offiziell eine Vermisstenanzeige<.

Dax notiert Bräts Aussage.

>...so zum Abschluss noch,...hatte ihr Freund irgendwelche besonderen Kennzeichen ?<

>> Eine goldene Faust, durch die Nase..<<

Dax stutzt.

>>Na, so ein Nasenpiercing...<<

Dax schreibt: auffälliges Nasenpiercing, eine goldene Faust.

>So, Herr Brät, ich kümmere mich, wenn es was Neues gibt, melde ich mich, Sie entschuldigen
jetzt , Mittag!<


.........................Kantine, Kommissariat 1,.............


" Wurstsuppe, jeden Montag Wurstsuppe....." Dax nörgelt am Essen rum.

" Stimmt nicht, letzten Montag gabs Bratwurst mit Kartoffelsalat .."
Die Kollegin aus der Abteilung für Verkehrsdelikte widerspricht.

"...und schmecken tuts doch.....!!"

Dax nimmt einen Löffel, kaut und beisst auf etwas hartes.
Vorsichtig isoliert er mit der Zunge den Fremdkörper aus dem Speisebrei und spuckt ihn auf den Löffel.
Er schaut drauf, kneift die Augen zusammen.....ja, Lesebrille wäre nicht schlecht...sieht aus wie ein
Stück Zahnstocher...

Seine Kollegin, jung, knackig, mit scharfem Blick, erkennt es:

"Sieht aus, wie ne Faust, ne kleine goldene Faust, war das im Essen..?"

Dax antwortet nicht.
Er überlegt.
Er sieht in Gedanken seinen mit Akten überhäuften Schreibtisch vor sich.
All die ungelösten Fälle, die eh keiner richtig versteht.

Dax trifft eine Entscheidung.

Er taucht den Löffel samt Faust in die Suppe ein, führt ihn zum Mund und schluckt.
Dax ist nicht zimperlich.

Jetzt muss er nachher nur noch das Protokoll von Traniel Brät in den Papierwolf stecken.
Dax kann sich nicht vorstellen, dass Brät noch mal zurückkommt.

Die Fluktuation in der Wurstfabrik ist ja angeblich gross.

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