Maria Troschke

Lust und Frust des Älterwerdens

Lust und Frust des Älterwerdens

Seit ich die magische 50 überschritten habe, plagt mich der Gedanke an das Alter. Ich kann mich mit mir selbst nicht einigen, ob ich nun eine ältere Frau oder eine Frau in den "besten Jahren" bin. Jeden Tag streite ich mich mit mir herum, kein Ende in Sicht! Auskünfte aus meinem Bekanntenkreis, wie das denn nun wohl sei, fallen je nach Alter und Geschlecht der Befragten, sehr unterschiedlich aus und sind deshalb keine wirkliche Hilfe. Eine mir bekannte, sehr flotte, erheblich jünger aussehende Dame in den 80ern, meinte:" Aber Frau T., ich wünschte, ich wäre noch einmal so jung wie sie! In Ihrem Alter habe ich die Liebe meines Lebens gefunden und fühlte mich wie dreißig!"

Weitaus jüngere Bekannte meinen zum Thema: "Du siehst doch für Dein Alter noch echt gut aus. Außerdem (und hier schleicht sich immer ein tröstlicher Unterton ein), ist doch ausschlaggebend, wie alt Du Dich fühlst!"

Ja, wie fühle ich mich denn?

Das ist doch recht unterschiedlich. An manchen Tagen fühle ich mich wie achtzig und an anderen Tagen wie dreißig und irgendwo dazwischen liegt ja wohl mein wahres Alter! Meine engsten Freundinnen fühlen sich auch oft wie achtzig, aber das erzählen sie nur im Vier-Augen-Gespräch und hinter vorgehaltener Hand, oder nach dem zweiten Glas Wein. Die weniger guten Freundinnen behaupten, topfit zu sein und von keinerlei Wehwehchen heimgesucht zu werden.

Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich schon mit dreißig manchmal wie achtzig gefühlt. Damals begann meine Arthrose und ich hatte den ersten Bandscheibenvorfall. Nur der Blick in den Spiegel hielt noch keine Schrecken parat. Ich erinnere mich genau an jenen Tag, als ich die ersten Alterungsspuren bei mir entdeckte. Ich war ungefähr 35 und grub meinen Garten um als ich bemerkte, das meine Oberarme wackelten und das sah nicht gut aus! Nun war ich seit jeher kein Fliegengewicht und schon recht keine Sportskanone, aber ich fand mich ganz gut in den Förmchen und meine Haut war glatt wie beim Schneewittchen. Gleich nach der Gartenarbeit begann ich mit einem Hanteltraining, leider mußte ich es aus Zeitgründen, schon am nächsten Tag wieder aufgeben.. Schließlich war ich mit Mann, Kindern, Haus und Garten voll ausgelastet. Eine plötzlich auftretende Neurodermitis ließ mich tageweise zum Monster mutieren und meine Sorge um wabbelnde Oberarme trat etwas in den Hintergrund.

Ein Jahr später wurde mir die Gebärmutter entfernt. Als aufgeklärte Frau wußte ich, das ich diesen faustgroßen Muskel eh nur zum Kinderkriegen brauchte und meine Familienplanung war sowieso abgeschlossen. Also genoss ich die nächsten Jahre ohne monatliches Unwohlsein und Angst, trotz Pille noch einen Benjamini in die Welt zu setzen. Eines Morgens bemerkte ich die ersten Knitterfältchen um die Augen! Sie sahen besonders schlimm aus, wenn ich lachte. Also stellte ich das Lachen zunächst mal ab. Das war hart und ich besorgte mir deshalb eine zart getönte Brille, das kam gerade in Mode. Aufgrund meiner sporadisch auftretenden Neurodermitis, blieb mir der Gebrauch teurer Anti-Age und Augencremes verwehrt. Ich vertrug halt nur Nivea! Jeder Versuch, etwas wirklich Edles auf meine Haut zu bringen, ließ mich am nächsten Tag wie ein Zombie aussehen. Während sich meine Freundinnen in sinnlich, orientalisch duftenden Körperlotions suhlten, gab es für mich nur Nivea Creme.

Doch ich konnte gut Sonne vertragen und lief deshalb im Sommer stets zart gebräunt umher. Im Winter behalf ich mich mit Jade-Fix-Braun, bräunt mit und ohne Sonne. Auf die Sonnenbank ging man damals noch nicht, es gab auch kaum welche. Jade-Fix-Braun verhalf mir zu jeder Jahreszeit, zu einem gesundem, vitalem Aussehen. Bauch und Beine ließ ich bei der Behandlung aus, meine Schwangerschaftsstreifen nahmen die Creme nicht so gut an und ich sah am Bauch aus, wie ein braungestreiftes Zebra! Meine Zellulitis an den Oberschenkeln ließ eine gleichmäßige Bräune ebenfalls nicht zu, genauso wie die rauhen Stellen an den Knien. Das gab dann ein zu wildes Muster, also nur Gesicht, Arme und Dekolltè.

Die ersten grauen Haare kamen recht früh, fielen aber bei meiner Haarfülle kaum auf. Als sie sich mehrten, wurden zum Glück gerade graue Strähnchen modern. Leider ließen sie mich um Jahre älter aussehen und ich griff zu den neuen Tönungen für den Hausgebrauch. So bekam mein Haar endlich den verwegenen Rotton meiner Kindertage zurück, der sich im Lauf der Zeit zu einem einfachen dunkelbraun entwickelt hatte.

Ich war nie besonders eitel und habe Stunden vor dem Spiegel zugebracht. Großes Make up kam aufgrund meiner Hautprobleme ja nicht in Frage, aber zwei Dinge waren mir immer wichtig: Meine Haare und meine Zähne. Letztere hatten in der zweiten Schwangerschaft sehr gelitten und bröselten trotz Kalktabletten schneller weg, als der Zahnarzt die Kronen anfertigen konnte. In den 70 ern bekam man für relativ wenig Geld, noch echte Keramikkronen, die haben mir auch lange Freude gemacht. Zahnarztbesuche sind die einzigen, wirklich regelmäßigen Arztbesuche, die ich mache, mit allem anderen schlampe ich schon mal.

Nun ist es bei mir, einem typischen Krebs so, das Psyche und Gesundheit in engem Zusammenhang stehen und so machen mich manche Dinge wahrhaftig körperlich krank. Ich mußte mir irgendwann mal eingestehen, das meine Neurodermitis, meine Rückenprobleme, meine Krebserkrankung und der erhöhte Blutdruck Ergebnisse meiner Lebensumstände sind und waren. Wenn einem das klar ist, kann man mit solchen Erkrankungen besser umgehen und lernt, die Hilferufe des Körpers zu verstehen. Krankheiten jeder Art jagen mir Angst ein! Der Gedanke, mal für längere Zeit hilflos ans Bett gefesselt zu sein, ist ein wahrer Alptraum für mich. Also lasse ich unumgängliche Operationen und Eingriffe schnell über mich ergehen und springe nach dem Aufwachen aus der Narkose, oft zum Entsetzen der Ärzte und Schwestern, aus dem Bett und laufe herum. Ich muß mir einfach beweisen, das ich noch lebe und mich ohne Hilfe fortbewegen kann. Kaum jemand hatte so kurze Krankenhausaufenthalte wie ich, damals durfte man ja eigentlich noch in Ruhe im Krankenhaus gesund werden. Heute muß man Angst haben, das der Chirurg zur Blinddarm-OP mit dem Köfferchen ins Haus kommt und den Eingriff auf dem Küchentisch durchführt. Ausschlafen kann man die Narkose schließlich auch im eigenen Bett.

Bei einem meiner jährlichen Checks, teilte mir der Arzt mit, das ich eine vererbte Anlage zur Gicht in mir trüge, das sei an meinem Blutbild ganz deutlich zu erkennen. Er war sehr erstaunt, das ich keine Beschwerden in den Zehen vorweisen konnte. Die heftigen Gichtanfälle meiner Schwester waren mir wohlbekannt und so etwas möchte ich niemals haben! Als die ziehenden, stechenden Schmerzen in meinem linken Großzeh begannen, habe ich das auf einen eingewachsenen Nagel geschoben. Ich meine, nach dem Schneiden war es auch viel besser, nur sieht mein linker Großzehnagel inzwischen ziemlich mitgenommen aus.

Spannende Frage meines Lebens ist: Bin ich nun in den Wechseljahren oder nicht, oder habe ich sie gar schon hinter mir?

Diese Frage konnte mir bisher auch kein Arzt genau beantworten. Während andere Frauen dies anhand des Ausbleibens ihrer Periode ja gut feststellen können, habe ich diese Möglichkeit nicht und so habe ich keine Ahnung, ob meine verbliebenen Eierstöcke ihre Tätigkeit nun eingestellt haben oder ob sie immer noch sinnlos produzieren. Mein Hormonspiegel ist soweit okay, etwas zuviel männliche Hormone hatte ich immer schon, was sich an meiner Neigung zum Damenbart unschwer erkennen läßt. Um hinter meinen Freundinnen, die alle unter

Hitzewellen, Nachtschweiß, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen litten, nicht zurückstehen zu müssen, machte ich mich auf zum Gynäkologen. Haarausfall hatte ich auch! Und wie! Aber diesbezüglich hatten sich schon andere Fachärzte an mir versucht, ohne der Sache auf den Grund zu kommen.

Verschämt gestand ich dem Frauenarzt, das ich weder Nachtschweiß, noch Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen vorweisen konnte, lediglich eine einzige Hitzewelle am Tag, immer pünktlich um 17:05 Uhr. (Wirklich wahr, dafür gibt es Zeugen!) Aber der Haarausfall berechtigte mich zur Entgegennahme eines Rezeptes über Hormonpflaster. Brav pappte ich mir dieselben auf den Bauch. Leider habe ich eine Pflasterallergie und mußte die Behandlung wegen unerträglichen Juckreizes abbrechen. Nun zierten meinen Bauch außer den Schwangerschaftsstreifen, auch noch viele rote Stellen, sah nicht besonders attraktiv aus! Also Hormone in Tablettenform her. Leider bin ich ein schlechter Tabletteneinwerfer, habe früher hin und wieder schon die Antibabypille vergessen und es grenzt an ein Wunder, das ich nur zwei Kinder mein Eigen nenne. Als meine Haare dann nach mehrwöchiger Hormon Einnahme immer noch ausfielen, und ich plötzlich Hitzewellen bekam, habe ich die Hormontherapie schnell beendet. Gleichzeitig erschienen die ersten Artikel über gefährliche Nebenwirkungen in der Presse und damit war das Hormonthema für mich abgehakt. Ein Hautarzt teilte mir kurz darauf mit, das es sich bei mir um einen genetisch bedingten Haarausfall handeln würde und man da eh nicht viel machen könne. Trotzdem habe ich zahllose teure Tinkturen, Cremes und Lotionen versucht, leider erfolglos. Ist schon ein komisches Gefühl, plötzlich am Kopf zu frieren, wenn man sein Leben lang ohne Hut oder Mütze ausgekommen ist! Im Ernst, ich fühle den kalten Lufthauch direkt auf der Schädeldecke! Als nichts wirklich half, habe ich alle Behandlungen eingestellt. Für eine Haarverpflanzung reicht mein Budget nicht aus und Dank meiner geschickten Friseuse, sieht man es nicht mehr so krass und wenn, kann ich es auch nicht ändern.

Übrigens sieht man es am wenigsten, wenn die Haare frisch gefärbt sind, dann haftet noch Farbe auf der Kopfhaut und kaschiert die dünnen Stellen gnädig. Vielleicht sollte ich mir mal einen farblich passenden, dicken Filzstift zulegen...

Und seit ich mich damit arrangiert habe, ist der Haarausfall deutlich zurückgegangen! Das können meine weißen Badezimmerbodenfliesen bezeugen!

Dieser langsame, körperliche Verfall macht mir schwer zu schaffen, allein die Haut meiner Hände! Schließlich kann man ja, wie jeder weiß, an den Händen das wahre Alter ablesen. Wenn das stimmt, bin ich mindestens 78! Da kann mich nicht trösten, das wohlmeinende Freundinnen mich daran erinnern, was diese Hände schon geschafft haben. Ich habe immer schon gern im Garten gewühlt, bei diversen An-Um-und Neubauten wahre Berge von Dreck und Schutt beseitigt, jahrelang zahllose Bier-Wein und sonstige Gläser gespült, ebenfalls jahrelang zahllose Omis und Opis gebadet und gewaschen und ein großes Haus geputzt. Da meine Feinmotorik etwas im Argen liegt, habe ich die meisten dieser Tätigkeiten ohne schützende Gummihandschuhe durchgeführt und das sieht man eben! Übrigens bestreitet mein Arzt das mit meiner Feinmotorik was nicht stimmt, er sagt, ich hätte Rheuma und Arthrose in den Fingern.

Wie auch immer, mit Handschuhen greife ich beim Unkraut ziehen immer daneben und beim Fenster putzen komme ich nicht richtig in die Ecken. Außerdem habe ich eine ausgeprägte Gummiallergie, das habe ich schriftlich!

Ich frage mich immer wieder, wie ein dermaßen rustikales Wesen wie ich, zu so einer zarten und empfindlichen Haut kommt. Kürzlich stellte ich bei einer Verrenkung vor dem Spiegel fest, das ich auf dem Rücken kleine, rote Punkte habe. Zu meinem Entsetzen fand ich auch einige auf der Brust. Laut Hautarzt handelt es sich um harmlose Blutschwämmchen, die von selber wieder verschwinden, allerdings nur, um an anderer Stelle wieder hervorzukommen. Und warum habe ich so etwas? "Das ist das Alter", sagt der Arzt, " ich habe so etwas auch." Mein Gott, der Typ steht kurz vor der Rente!

Apropos Rente: Dieses Thema war befand sich für mich immer in nebelhafter Ferne und hat mich weiter nicht belastet. In den letzten Jahren zum Politikum geworden, geht kein Weg daran vorbei, mich mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen. Wie viele Menschen, bin ich davon ausgegangen, im Alter einigermaßen anständig leben zu können. Mit einem Partner, der genau wie ich bis 65 arbeitet und dann, genau wie ich, in den wohlverdienten Ruhestand geht. Mit staatlicher Rente und zusammengesparter Zusatzversorgung , müsste es uns dann ganz gut gehen.

Seit sich meine Lebenssituation krass verändert hat, ich bin wieder Single, suchen mich doch hin und wieder Ängste heim, wie es denn wohl wirklich aussieht, wenn es soweit ist. Die tägliche Zeitungslektüre trägt grad nicht dazu bei, diese Ängste abzubauen. Meine private Vorsorge brachte einst 7% Zinsen, mittlerweile sind es grad mal noch 2%. Da wird es sich noch als Segen erweisen, das meine Haut nicht nach Creme Mouson verlangt, sondern sich mit schnöder Nivea Creme zufrieden gibt. Eine Menge ließe sich bei den Haaren einsparen. Statt aufwendiger Färbe- und Schneidetechnik, einfach eine Perücke aufs fast kahle Haupt gestülpt, schon mit 3 Friseurbesuchen hätte ich die Kosten wieder drin und würde auf der Kopfhaut nicht mehr frieren. Das käme aber nur in Frage, wenn ich bis ans Lebensende Single bleibe, freiwillig würde mich soo kein Mann zu Gesicht bekommen! Findet sich dann doch noch jemand Nettes, mit guter Rente, kann ich mir den Friseurbesuch ja weiter leisten. Man muß schließlich wirtschaftlich denken.

Schlimm auch die ganzen Fremdwörter, mit denen man im Alter konfrontiert wird: Zellulitis! Klimakterium! Menopause! Wieso eigentlich Pause? Was ein Quatsch! Wahrscheinlich die längste Pause der Welt! Dauert bis ans Lebensende!

Um mir ein echtes Hochgefühl zu verschaffen, buchte ich im vergangenen Jahr, eine Busreise nach Rügen. Im Kreise lustiger Rentner, fühlte ich mich wie ein Teenie, das in die Disco wollte und versehentlich beim Ball der einsamen Herzen gelandet ist.

Ich fühlte mich auf einmal richtig jung! Das dieses Hochgefühl nicht lange anhielt, dafür sorgte mein Umfeld, in diesem Fall meine Tochter. Auf meine Frage, wie alt denn ihre neue Kollegin sei, antwortete sie: " Ach, die ist schon ziemlich alt, ungefähr so alt wie Du."

Und nun ist es soweit, das alle älteren Kollegen in Rente sind und ich die Ehre habe, die Älteste in der Firma zu sein, wie schrecklich! Ich habe meine Chefin händeringend gebeten, doch bitte, bitte jemand einzustellen, der wenigstens ein halbes Jahr älter ist, als ich, aber ich stieß auf taube Ohren und verständnisloses Kopfschütteln. " So alte Leute stellen wir doch nicht mehr ein, wir wollen ein junges Team!" Klar, jung und dynamisch ist gefragt, obwohl es nach meinen Erfahrungen mit der Dynamik bei der Jugend nicht weit her ist, aber das ist ein anderes Thema.

An sich war ich immer gern mit älteren Menschen zusammen, ich konnte von deren Erfahrungen und Wissen profitieren. Mittlerweile neige ich mehr zum Umgang mit Jüngeren, sie nerven mich nicht ständig mit der Schilderung ihrer zahlreichen Beschwerden und schätzen meinen Rat, den ich manchmal auch ungebeten erteile. Haha, Vorrecht des Alters!

Als meine Arthrose neulich für ein paar Tage Ruhe gab und ich mich jung und kraftvoll fühlte, kam mein ältester Sohn zu Besuch. Ich bekam einen gehörigen Schreck, als ich sah, wie grau er schon war. " Mein Gott", dachte ich, "was hab ich alte Blagen!" Die sind alle in einem Alter, in dem meine Familienplanung schon abgeschlossen war und haben es noch nicht einmal geschafft, mich zur Oma zu machen. Das mit der flotten, jugendlichen Omi, das kann ich mir jetzt abschminken, das wird nichts mehr!

Als frisch gebackene Singlefrau kommt man ja nicht umhin, mal nach Material Ausschau zu halten, oder wie es eine Freundin ausdrückt:" Sich nach einer passenden Baustelle umzusehen". Dabei stellte ich fest, das Männer in meinem Alter einfach alt sind! Entweder fett, mit Bauch und Glatze oder notorische Jogger mit asketischen Gesichtszügen und ständigem Appetit auf Frischfleisch. Wo seit ihr geblieben, ihr netten Jung aus meiner Jugendzeit? Was ist aus euch geworden? Ich konnte keinen einzigen mehr wiederfinden.

Also, alte Kerle und blutjunge Weibchen, das wird ja von der Gesellschaft akzeptiert, so einer erntet noch neidische Blicke von in Ehren ergrauten Silberbräutigamen. Aber reife Lady und junger Lover - das geht nicht, nein, wie unanständig! War für mich auch nie ein Thema, ein jüngerer Mann. Doch wenn ich sehe, was für mich noch übrig geblieben ist, bin ich versucht, umzudenken.

Obwohl ich mir das an sich recht anstrengend vorstelle:

Morgens schnell ins Bad huschen und mit Eiswürfelchen den Grauschleier im Gesicht beseitigen. Nie in Ruhe mit eingeölten Händen und Füßen sowie Gurkenscheiben im Gesicht, fernzusehen! Und, mein Gott, wie soll ich meinem jungen Lover beibringen, das ich in Rückenlage schnarche? Und immer nur Sex im Dunkeln? Wie öde!

Ach, ich bleibe erst mal Single. Dann muß ich nicht erklären, warum ich plötzlich keinen Kohl mehr vertrage und von bestimmten Lebensmitteln sauer aufstoßen muß. Und wen geht das etwas an, das ich morgens im Bad immer länger brauche und es deshalb eine Katastrophe wäre, wenn ich mal verschlafen würde.

Ich erinnere mich mit Wehmut an die Zeit, als ich noch eine echte Morgenschönheit war und in 5 Minuten gestylt und mit frischen Atem hinter dem Bus herjagte. Ist das wirklich schon 35 Jahre her? Muß ja wohl!

Ich mag keine Frauen, die sich kasteien, um ein paar Jährchen jünger auszusehen. Die ewig superblonden, die seit 30 Jahren dieselbe Lippenstiftfarbe benutzen und sich morgens die Arme verknoten um jeden Zentimeter ihres Superbodys mit dem Bräunungsspray zu erreichen. Ich finde, man sieht ihnen diesen Stress an, sie wirken immer so verkniffen! Dürfen nie ihr Kopfkissen so richtig verknubbeln, weil das Knitterfältchen im Gesicht gibt und dürfen sich nie richtig satt essen. Sind doch arme Schweine, oder?

Ich weiß es auch nicht, eigentlich müsste ich mir keine Gedanken über das Alter machen. Eine Wahrsagerin hat mir schon zwei Mal ein hohes Alter wahrgesagt, mindestens neunzig! Und da sie mich dann immer noch reisen und herumflitzen sieht, werde ich wohl weder bettlägerig noch dement sein. Beim nächsten Besuch muß ich sie unbedingt fragen, ob sie mich ohne oder mit Perücke sieht und ob ich noch alle Zähne habe.

Kürzlich träumte ich, das ich jung verliebt über eine Wiese wandelte. Als mein Wecker schellte, sprang ich dynamisch aus dem Bett. Dabei krachten meine Kniegelenke so laut, das meine Untermieterin bei mir anrief und sich besorgt erkundigte, ob bei mir alles in Ordnung sei.

Jetzt lasse ich es etwas langsamer angehen, sie wissen schon- das Alter!

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.09.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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