Marlene Wolfback

The last Dinner

Es sah aus wie Hackepeter, fand sie, und mahl den Pfeffer über der Pfanne. Es würde doch für alle reichen? Zwischen Daumen und Zeigefinger rieb sie eine Prise Salz über das Fleisch. Ihr Finger wanderte über das alte Kochbuch. Sie angelte beim Lesen nach der Rotweinflasche, stieß diese an und griff dann schnell fest zu. Fast wäre der gute 98'er verkippt.
Nachdem der Wein das Gebratene bedeckt hatte, schnitt sie Tomaten. Sie nahm immer eine mehr. Tomaten gaben eine schöne Farbe, wenn man sie mit Rotwein vermischte. Fast wie Blut. Aber es schmeckte süßer. Und ein wenig säuerlich. Blut dagegen benetzte die Zunge mit einem Geschmack, der sämtliche Nerven erstickte.
Ihr Kräuterschubfach gab einiges her. Sie vermengte Basilikum mit Oregano und Petersilie, noch bevor sie die Nudeln abgoss.
Gregory liebte Nudeln. Am liebsten hatte er früher die von Oma. Mit Jagdwurst. Etwas süßlich abgeschmeckt. Und der Ketchup musste fruchtig genug sein.
Langsam schob sie die Kräuter von ihrer Handfläche in die Soße. Beim Abschmecken lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Noch etwas schwarzer Pfeffer und eine weitere Prise Salz, dann wäre das Dinner perfekt.

Die Türglocke schrillte. Ob er den Tisch gedeckt hatte? In eine Ecke starrend saß er auf der Couch. Er war nie für Fernsehen zu begeistern. Das Besteck lag an seinem Platz, die Serviette darüber. Die richtige Anordnung von Messer, Gabeln und Löffeln hatte er vergessen.
"Ich komme!", jubelte sie nahezu und ihre Füße trugen sie zur Tür, wie die einer Ballerina.
"Kommt rein! Ich habe Gregory gebeten sich schon zu setzen. Mutter, du siehst fantastisch aus... Vater, dein Jackett macht dich mindestens 10 Jahre jünger!" umarmte sie ihn. Bei jedem Wangenkuss bildete sie sich ein, die bittere Haut der Alten riechen zu können.
"Setzt euch, setzt euch, gleich ist es angerichtet. Es gibt italienische Pasta, ihr müsste mir von eurem Urlaub erzählen!", bat sie überschwänglich und tanzte zurück in die kleine Küche.

Mit einem Küchentuch wischte sie letzten Soßenkleckser vom breiten Tellerrand und bestreute diesen mit Mittelmeerkräutern. Alles sollte perfekt sein. Für Gregory hatte sie extra Spirelli gemacht, er konnte mit Spaghetti noch nie umgehen und würde die schöne Tischdecke beschmieren. Beschmieren mit seinen gierigen Händen. Mit seiner Sabber die aus seinem dummen Gesicht rann. Er war unehrenhaft, das wussten doch auch ihre Eltern.

Der erste Happen zauberte ein Lächeln in das Gesicht ihrer Mutter.
"Die Reise war wunderbar!", schwärmte diese und berichtete von südländischen Dörfern, Anglern und Traumstränden. Ihr Vater hielt sich zurück und verlangte bald nach einer zweiten Portion. Gregory stocherte auf seinem Teller und starrte in immer noch dieselbe Ecke. Seine Eltern ließen ihm bemitleidende Blicke zukommen. Mehr hatte er auch nicht verdient.

"Wir werden die nächste Reise nach Pamplona wohl verschieben müssen. Du weißt dass dein Vater die Operation braucht. Geld genug haben wir, alles was wir brauchen ist Zeit."
"Was ist wenn irgendetwas schief geht?", fragte sie bemüht um eine besonders besorgte Miene. Sie beobachtete Gregory, der mit den Fingern in seinem Teller rührte. Er hatte immer noch keinen Happen gegessen.
"Dann teilen wir das Erbe und deine Mutter nimmt Gregory zu sich. Es sei denn, sein Zustand bessert sicht. Hast du noch einmal mit Doktor Lewis telefoniert?"
Ihr Vater blickte besorgt zu Gregory. Er war nach den drei Wochen seiner Abwesenheit noch geistesabwesender als zuvor. Sein Blick war starr und seine Mimik ließ keine Schlüsse auf seine Gefühle zu.
„Er meint, Gregory könnte bald in einen komatösen Zustand abrutschen. Niemand kann sagen inwiefern sein Gehirn sich von der Entzündung erholt.“, log sie und tippelte nervös mit dem Fuß. Hoffentlich würde ihr Vater nie in einem Telefonbuch nach dem Doktor suchen.
„Darling wir hätten dich nach Bekannt werden der Krankheit unterstützen müssen, du hast dich so gut um deinen Bruder gekümmert und hattest doch so viele Sorgen mit ihm während wir in der Sonne lagen und uns erholten.“, ihre Mutter machte eine besorgte Miene und streichelt über ihren Handrücken. Sie schüttelte gönnerhaft den Kopf. Ihre Eltern sorgten doch dafür, dass es ihr gut ginge oder nicht!?

„Wenn es euch geschmeckt hat, räume ich ab. Ich werde ihn nachher an den Tropf anschließen. Er kaut nicht mehr richtig, aber ich dachte, vielleicht würde er ja einen Happen probieren...“, heuchelte sie während sie den Tisch abräumte.

Bei der Beerdigung trugen alle schwarz. Gregory saß in einem Rollstuhl. Er trug ein Cappie. Niemand sah die große Narbe an seinem weichen Hinterkopf. Die Cappie gab eine gute Form, fand sie. Das Wundmal war frisch zugenäht. Gestern gab es Pasta. Gregory mochte die Fleischeinlage nicht kauen. Und in der darauf folgenden Woche starb auch er. Sie flog nach Italien und aß Pasta. Spaghetti Bolognese. Sie schmeckte hier ganz anders. Vielleicht weil sie teurer war. Doch nach dem Aufteilen des gesamten Erbes ließ sie sich die Erholung von allen Reibereien der letzten Wochen was kosten. Sie wollten doch nicht den Kopf verlieren, so wie Gregory, oder!?

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.09.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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