Dimitri Talassi

Es war einst ein einsamer Leuchtturmwächter


Nachdem er das Fenster geschlossen hatte, drehte er sich um und ging auf direktem Wege in die Küche, denn die Arbeit hatte ihn hungrig gemacht. Nach einem Happen, entschloss er sich seinem Hobby nachzugehen. Er wohnte nämlich im 4. Stock und bewarf jene Velofahrer mit Tomaten, welche ohne Helm auf der vorbeiführenden Strasse fuhren. Seine Einsamkeit hatte ihn zum Sicherheitsfanatiker gemacht. Das trifft sich gut, denn er ist alleiniger Wächter des einzigen Leuchtturmes in der Stadt. Sein Name war Karpfen Detlef. Karpfen war übrigens nicht nur sein Vorname, sondern zugleich sein Leibgericht. Er ernährte sich auch ausschliesslich von Karpfen und variabler Beilage. Karpfens Lieblingsbeilage nennt sich geriebenes Kartoffelpüree.
 

 
Ja, jeden Tag das Gleiche und er war zufrieden damit, bis er eines sonnigen Tages nicht mehr zufrieden damit war. Er beschloss heute einmal nicht zur Arbeit zu gehen und die Schiffe ihrem eigenen Schicksal zu überlassen. Seine Zieldestination war dieser schöne Ort, auf dem Gipfel des Berges, welcher ein Tag Fussmarsch von seiner Wohnung entfernt war. Es schien ein magischer Ort zu sein, denn über der Stelle schwebte auf 5 Meter Höhe eine sehr mächtige Tomate. Für einmal ohne zu überlegen, schwang er sich ohne Kopfschutz (!) auf sein Rad und begann ganz gemütlich zu radeln.
 

 
Nach einer Stunde wurde der Velopfad, der zum magischen Ort führte, immer steiler. Eine weitere Stunde ist nun vergangen und plötzlich konnte er von weitem zwei Schilder, je eines auf der linken und eines auf der rechten Strassenseite, erkennen. Das musste etwas Wichtiges sein, dachte er sich und trat noch einmal mit Volldampf in die Pedalen. Als er nah genug dran war, konnte er lesen, was drauf stand: „Wenn du hier mit dem Velo weiterfährst, wirst du gebissen.“ Unten rechts auf dem Schild stand in unglaublich kleiner Schrift noch ein Zusatz: „Und zwar von dir selbst!“
 

 
„Höhöhö“, ja es war das erste Lachen von Karpfen seit 387 Monaten. Er fügte noch hinzu: „Ich bin doch nicht blöd und mich selbst, höhöhö.“ Also fuhr er, trotz der Warnung, die natürlich von der mächtigen Tomate angebracht wurde, weiter. Schon nach 100 Metern bekam er plötzlich Hunger und dummerweise hatte er nicht nur seinen Helm vergessen, sondern auch die Verpflegung. Weitere hundert Meter später begann er zuerst ganz sanft den linken Arm anzuknabbern. Dann plötzlich biss er sich mit voller Wucht in den rechten Unterarm.
 

 
Der Schmerz war so gross, dass er stürzte. Aber es fehlte ihm lediglich ein Stück Fleisch an seinem Arm. Glücklicherweise war er nun satt und verspürte nun auch keinen Drang mehr sich zu beissen. Er ging nun zu Fuss weiter. Nach einer Weile standen wieder zwei Schilder am Strassenrand: „ Zu Fuss kommst du hier nicht weiter, also weg mit Ihnen.“ Und in kleinerer Schrift unten: „Das war ein Scherz, hier beginnt die Wohnzone der mächtigen und humorvollen Tomate.“ Endlich, dachte e er sich, bald bin ich bei der Tomate angekommen.
 

 
Zu seiner Überraschung wurde er schon erwartet: Zwei kleinwüchsige Ferkel nahmen ihm den Mantel ab. Sie werden schon erwartet, sagten sie, gleich hinter dieser Tanne ist der Eingang, wo sie zur mächtigen und humorvollen Tomate sprechen können. Dort angekommen konnte er nicht einmal Hallo sagen, da ergriff die mächtige Tomate schon das Wort und sprach: „DU bist also dieser Unmensch, der Tausende meiner Kinder in den Tod geworfen hat. Hmmmm… Was soll ich nun mit dir machen? Hum. Hum. Ich glaube ich werde dich töten. NEIN, ich bin ja nicht nur mächtig sondern auch humorvoll. HEHE! Ich werde dich zerdrücken, wie eine Tomate, NEIN! NEIN! NEIN! Das ist noch nicht lustig genug, ich werde dich von einem gigantischen Karpfen auffressen lassen und anschliessend wirst du verdaut. HAHAHAHA!“
 
“Irgendwelche letzten Worte oder Entschuldigungen, bevor du stirbst?“, fügte die Tomate noch hinzu. Beim Wort Entschuldigung konnte man in ihren Schlitzaugen ein zwinkern erkennen, als ob sie Karpfen etwas damit sagen wollte. Karpfen Detlef entgegnete: „ Hmmm… Wenn das so ist, werde ich mich nicht dafür entschuldigen und stattdessen, dich die mächtig unlustige Tomate zu einem Schwertduell herausfordern. Gleich nachdem er das gesagt hatte, vernahm man ein lautes Klirren: Es stammte von einem Glas das gegen den Boden geschmettert wurde. Dazu schrie ein wütender Mann wild um sich. Er wiederholte immer und immer wieder das Wort Projektabbruch. Als er sich wieder beruhigt hatte, ging er zum Regisseur und sagte: „Packen Sie ihre Sachen, mit ihnen bin ich fertig. Für solch etwas Absurdes, miete ich keine Sekunde länger diese Stadt!“
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.10.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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