Eva-Maria Herrmann

Wo sind sie hin?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wohin so manche Socke nach dem Waschen verschwunden ist?

 
Über all die Jahre meines Hausfrauendaseins hinweg, kann ich mittlerweile auf eine enorme Sammlung verwaister einzelner Socken blicken.

Leider konnte ich bisher nur selten klären, wohin die fehlenden Fußbekleidungen entfleucht sind.

In einigen wenigen Fällen ist es mir bis dato gelungen deren Aufenthaltsort zu ermitteln.

Manch eine fand sich unter Betten und in Trainingstaschen wieder und andere sind aufgrund vorhandener Löcher möglicherweise im Müll verschwunden.

 
Aber da bleiben immer noch Dutzende, die sich mittlerweile in meiner Socken-Sammelstelle eingefunden haben. In der vagen Hoffnung, nach der nächsten Wäsche wieder ein Paar zusammenführen zu können, habe ich sie sorgfältig nach Farben sortiert, um mir die Suche zu erleichtern.

Welch Freude wenn dann eine glückliche Wiedervereinigung gelingt.

 
Doch irgendwie wird der Socken-Beutel immer praller und so Manche darin wartet schon Ewigkeiten auf ihren Zwilling.
 
Nach jeder Wäsche stürze ich alle Übriggebliebenen aus ihrem Zwischenlager und mache mich auf die Suche nach dem Gegenstück zu den neuen, vereinsamten, armen Dingern.
 
Mittlerweile haben einige alte Socken schon Namen bekommen.

Sie sind wie alte Freunde, die ich regelmäßig besuche.

 
Da ist zum Beispiel Fred.
 
Eine dunkelblaue Mikrofasersocke.

Fred ist keine 99-Cent-Ware!

Nein, Fred ist ein Luxusteil. Feinste Qualität.

 
„Hi Fred, wie geht’s? Sorry, auch diesmal nichts für dich dabei!“

Armer Kerl.

 
Und dann gibt’s noch Shirley, das süße Ding!

Eine rosafarbene Stoppersocke mit Herzchen auf der Sohle.

 
„Na Shirley! Tut mir leid, dein Schwesterchen hat sich immer noch nicht angefunden. Aber so ganz unter uns, so etwas Reizendes wie du sollte es sowieso nicht zweimal geben.“
 
Vielleicht sollte ich ja Fred und Shirley zusammenbringen, dann wären die Beiden nicht mehr so alleine.

Aber wem soll ich dieses ungleiche Paar dann unterschieben?

 
Meinem Mann oder meiner Tochter?
 
Ihr seht schon, so eine Mischehe stellt einen vor manch unlösbares Problem.
 
Für einige meiner ältesten Freunde, deren langes Warten vergebens war, habe ich neue Jobs besorgt. Statt an den Füßen, tragen wir sie jetzt über den Händen, und polieren damit unsere Fahrräder oder Schuhe. Ich denke das macht sie glücklich.
 
Ich persönlich habe ja einen Verdacht, wer für das Verschwinden all dieser Fußwärmer verantwortlich ist.

 

Da alle aus meiner Familie bei ihrem Leben schwören, immer beide Socken in die Wäsche zu legen und ich nun wiederum auch noch nie eine Socke aus der Schmutzwäsche entfernt habe, liegt es doch nahe, unsere WASCHMASCHINE zu verdächtigen.

 
Obwohl der Trockner auch in Frage käme, denn erst wenn er seine Arbeit getan hat, bekomme ich die Wäsche wieder in die Finger und dann ist es meist auch schon passiert.
 
Vielleicht stecken die Beiden ja auch unter einer Decke?
 
Sicher, das Motiv fehlt.
 
Aber es ist doch eigenartig, dass ich schon des Öfteren Geld in den Maschinen gefunden habe!
 
Was soll das?
 
Erst klauen und dann bezahlen?
 
Oder soll das eine Bestechung sein, damit ich der Sache nicht weiter nachgehe?
 
Aber da habt ihr euch geschnitten, ich werde nicht ruhen, bis ich den Fall gelöst habe und wenn es bis ans Ende meiner Hausfrauentage dauert.

Ob ich das ernst meine? Natürlich, das Geld, das mir die beiden regelmäßig zukommen lassen, spare ich fleißig um mir irgendwann einen Privatdetektiv leisten zu können..... Eva-Maria Herrmann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.10.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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