Die kleine Episode, die ich an dieser Stelle erzählen möchte, ereignete sich während meines Urlaubs im Jahre 2001 auf der Kanareninsel La Palma. Besagten Urlaub verlebte ich mit meinem langjährigen Freund Bernd, der auch an dem hier beschriebenen Erlebnis teil hatte.
Ich muß erwähnen, daß ich hin und wieder gerne eine gute Zigarre rauche. Das Zigarrerauchen ist in der Hauptsache ein Geschmackserlebnis und die beruhigende Wirkung des Nikotins sekundär. Nachdem ich als pflichtbewußter Tourist im Baedeker-Reiseführer gelesen hatte, daß auf La Palma sehr gute Zigarren in kleinen Manufakturen hergestellt würden, beschloß ich, danach auf die Suche zu gehen. In dem Ort El Paso sollte es einen Ein-Mann-Betrieb geben. Es sollte sich als schwierig herausstellen, die Stätte des Genusses zu finden.
Wir dachten, daß wir am schnellsten zum Ziel kämen, wenn wir typische Zigarrenraucher fragten? Wer zählt im allgemeinen zu dieser Spezies? Richtig, ältere Männer, die man auf jeder Plaza treffen kann. Nun muß noch erwhnt werden, daß wir uns auf Spanisch nur mit dem Wörterbuch in der Hand verständigen können. Wir gingen auf eine Gruppe älterer Herren zu,die plaudernd auf einer Bank saßen. Ob sie wüßten, wo man purros (so nennt man die Zigarren in Spanien) bekomme. "Si, si" und sie deuteten auf eine bestimmte Straße. Wir bedankten uns artig und setzten unseren Weg in Richtung der angezeigten Straße fort. Hinter uns stimmten die Männer wieder in ihr lebendiges und gestenreiches Gespräch ein.
Nachdem wir eine Weile gegangen waren, vorbei an den typischen weißen Wohnhäusern mit braunen Holztüren und -fenstern und an einer Kirche, kamen uns langsam Zweifel, ob dies der richtige Weg sei. Wir richteten unsere Frage erneut an drei Jugendliche Palmeros, die sich in einem Hauseingang müßig die Zeit vertrieben. "Immer weiter geradeaus, immer weiter" war die spanische Antwort. Nun gut. Nach einer weiteren nicht unbeträchtlichen Strecke, die nichts von unserem Ziel sehen ließ, entschieden wir uns, umzukehren. Vielleicht hatten wir doch etwas falsch verstanden.
Plötzlich blieb Bernd vor einem Haus stehen und reckte seine Nase in die Luft und nahm Witterung auf. Er hat eine sehr sensible Nase, muß man wissen, im Gegensatz zu mir. "Hier riecht es doch sehr intensiv nach Tabak", so sein Kommentar. Ich ging ganz nah an die geschlossenen Fensterläden heran und schnupperte. Tatsächlich, hier war würziger Tabakduft in der Luft. Wir sahen, daß nebem dem Gebäude eine kleine Gartenpforte offen stand. Mal sehen, wo der Weg hindurch führt. Unmittelbar auf der linken Seite befand sich eine Tür, die ins Haus führte und ebenfalls nur angelehnt war. Ich klopfte an und schob die Tür ein wenig auf. Und da waren wir, wovon uns träumte. In dem kleinen Raum, der recht dämmerig war, denn die Fensterläden waren angelehnt, nicht völlig geschlossen und nur durch einen kleinen Spalt fiel etwas Tageslicht. An der Fensterseite saßen zwei alte Männer, beide waren mindestens um die 70, hatten vor sich kleine Häufchen von Tabakblättern und rollten Zigarren.
Einer der beiden stand auf und winkte uns herein. Ich fragte ihn, ob wir Zigarren kaufen könnten, was er bejahte. Der Raum hatte eine heilige und friedliche Aura. Diese beiden alten Knaben sitzen den ganzen Tag in diesem dunklen Raum, der von dem wunderbaren Geruch erfüllt ist, und fertigen in liebevoller Handarbeit Zigarren. Ich stellte mir vor, daß zwischen ihnen nicht viel gesprochen wird, was natürlich ein Irrtum sein kann. Auf mich hatte es aber den Anschein, daß Worte zwischen diesen Herren nicht erforderlich seien. Sie kannten sich vermutlich schon eine Ewigkeit und tranken am Abend nach verrichteter Arbeit ein Glas Wein und pafften dazu eine ihrer purros. In diesem Moment kam ich mir mit meinem Touristenoutfit vollkommen fehl am Platze vor und ich schämte mich ein bißchen vor den zweien. Die signores trugen klassische kurzärmelige Hemden und Anzugshosen. Ihr Leben war sicher sehr einfach, sie machten eine Arbeit in hoher Qualität und waren zufrieden damit.
Unvorstellbar, daß sie aufschneiden oder jemandem etwas vormachen könnten.
Der Handel kam also zustande, die Zigarren waren in gelblich-durchsichtige Plastikfolie verpackt, ohne Etikett auf der Verpackung und auch die Zigarren trugen keine Banderolen. Keep it simple. Der Zigarrenmagier erzählte mir noch, daß der verwendete Tabak aus Kuba und von La Palma stamme. "Gracias signor" und schon waren wir wieder draußen. Wir hatten eine kurzen Blick in ein Idyll getan und ich fühlte mich gelöst und in Übereinstimmung mit dem Kosmos.
Es muß wohl nicht gesagt werden, daß die Zigarren phantastisch mundeten, in der Mundhöhle bildete sich ein differenziertes Aroma, das mußte sogar Bernd zugeben, der kein Zigarrenraucher ist. Die Qualität war erstklassig. Die purros brannten gleichmäßig ab und waren weder zu lose noch zu fest gewickelt. Wie immer in solchen Fällen, ärgerte ich mich, daß ich mir nicht einen größeren Vorrat aus dem Urlaub mitgebracht hatte. Aber das ist ja auch ein Grund unter vielen, der isla verde einen erneuten Besuch zu machen.
Ich denke noch oft an die beiden in sich ruhenden alten Herren und in meinem Kopf entfaltet sich dann der würzige Tabakduft des Zimmers.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.05.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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halbwertzeit der liebe
von Ditar Kalaja
In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.
Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.
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