Sabine Gabriel
Reisen im Fichtelgebirge
Meine derzeitige große Liebe ist das Fichtelgebirge. Ich finde es einfach wunderschön dort.
Das Fichtelgebirge ist ein hufeisenförmiges Mittelgebirge, das im
Nordosten Bayerns liegt. Der höchste Gipfel ist der Ochsenkopf bei
Fichtelberg mit etwas über 1.000m. Bemerkenswert am Fichtelgebirge ist,
dass es eine Wasserscheide ist. Hier entspringen der Weiße Main, die
sächsische Saale, die Eger und die Fichtelnaab. Der Weiße Main
vereinigt sich mit dem Roten Main zum Main und fließt in den Rhein, der
in die Nordsee mündet. Die Saale fließt in die Elbe, die ebenfalls in
die Nordsee mündet. Die Eger fließt durch Tschechien ebenfalls in die
Elbe, und die Fichtelnaab bildet zusammen mit der Haidenaab die Naab,
die ein linker Nebenfluss der Donau ist, die in Rumänien in einem
riesigen Delta ins Schwarze Meer fließt. Die Quellen sind alle schön in
Steine gefasst und kann man erwandern und besichtigen. Leider sind die
Ausgangspunkte für die Wanderungen ohne Auto fast nicht zu erreichen ….
Da ich kein Auto habe, fahre ich also mit dem Zug. Von Nürnberg aus
fährt der Zug als erstes durch das wild romantische Pegnitztal, das
noch nicht zum Fichtelgebirge gehört. Hinter dem Ort Pegnitz ungefähr
geht es dann am Rande des Fichtelgebirges und mit Blick auf den
Steinwald durch grüne Hügel und kleine Ortschaften nach Marktredwitz.
Marktredwitz ist eine Kleinstadt am Rande des Fichtelgebirges und
Verkehrsknotenpunkt Richtung Osten. Die Züge von hier verkehren bis
nach Prag, Berlin, Düsseldorf, Regensburg.
Zu besichtigen gibt es in Rawetz, wie es von den Einheimischen genannt
wird, die Bartholomäuskirche, in der jeden Samstag Abend ein
Orgelkonzert statt findet, das von einer kleinen Andacht umgeben ist,
das alte Rathaus, das mal eine Burg gewesen ist, das neue Rathaus, das
früher einem Chemiefabrikanten gehörte, den Goethe auch sehr gerne
besucht hat und zu dessen Ehren es dort auch ein Goethezimmer mit
Informationen zu den Goethebesuchen gibt. Während der Stadtbesichtigung
– zu Fuß – wird man u.a. auch zu den Resten der Stadtmauer geführt und
kann den Turm der Bartholomäuskirche besteigen. Die Führung findet nur
in den Sommermonaten statt. Treffpunkt war immer 10 Uhr an der
Touristinfo im alten Rathaus.
In Marktredwitz muss ich umsteigen in Richtung Hof. Die Vogtlandbahn
fährt über Wunsiedel-Holenbrunn und Röslau nach Marktleuthen, meinem
„Hauptquartier“ für meine Ausflüge in die Umgebung.
Holenbrunn ist ein Vorort von Wunsiedel, wo es das berühmte
Felsenlabyrinth mit der Naturbühne Luisenburg gibt, was meine Vorgänger
schon beschrieben haben. Ich hatte einmal das Glück, per Auto unterwegs
zu sein und habe bei dieser Gelegenheit das Felsenlabyrinth besucht,
was ich wirklich beeindruckend fand. Außerdem habe ich in der
Stadtmitte das Fichtelgebirgsmuseum besucht, das ursprünglich ein
Armenhaus für Frauen gewesen ist. In dem Museum gibt es viel
Heimatgeschichtliches zu bewundern, und man erfährt viel über die
Geschichte des Fichtelgebirges. U.a. erfährt man, dass es erst spät
besiedelt wurde, da es aufgrund seiner Beschaffenheit einst eine sehr
wilde und schwer zugängliche Landschaft war, weniger wegen der diversen
Felsenlabyrinthe sondern wegen des Granits, aus dem es hauptsächlich
besteht. Granit ist nicht wasserdurchlässig, so dass sich das Wasser
auf der Oberfläche sammelt und auf diese Weise viele Moore entstanden
sind. Diese wurden fast alle trocken gelegt, das Wasser läuft in kleine
Fischteiche.
Lustig fand ich es zu sehen, dass in der Abteilung Spielzeug schon
viele Dinge ausgestellt waren, mit denen ich als Kind noch gespielt
habe, Spielsachen, die allerdings noch von meinem Vater und seiner
Schwester waren. So ist meine Kindheit also schon museumsreif – fand
ich ja sehr interessant und originell.
Das zu Wunsiedel, wo man auch mit dem Bus hin fahren kann. Allerdings
muss man die Zeiten im Kopf haben du darf sich auf keinen Fall irren
zwischen Schulzeiten, Ferienzeiten u.ä., da es keine Takt gibt, sondern
Busse, die halt irgendwann mal fahren – und wehe, man kennt die Zeiten
nicht genau! Sowas ist mir denn alles zu stressig, und der Weg zum
Bahnhof, von wo aus einen geregelten Zugverkehr im Stundentakt –
wochentags – bzw. 2-Stundentakt – am Wochenende und feiertags – gibt,
ist der Weg zu Fuß verdammt weit …
Röslau liegt romantisch an der jungen Eger in den Hügeln, der Bahnhof ist etwas außerhalb.
Der nächste Bahnhof ist mein Ziel Marktleuthen, das man schon von
weitem eingebettet in sanfte Hügel und viel Grün im Egertal liegen
sieht. Und wenn dann der Zug – die Vogtlandbahn – über das
Eisenbahnviadukt von Marktleuthen gefahren ist, ist man auch schon am
Bahnhof.
Außer einer schönen alten Dorfkirche mit wunderschönen Holztafeln an
der Decke, die Szenen aus der Bibel darstellen, einem romantischen
alten Dorfkern und viel Ruhe hat Marktleuthen eigentlich nichts zu
bieten. Aber genau deshalb fahre ich ja dahin: endlich mal Ruhe!
Von Marktleuthen aus kann man wunderschöne Wanderungen unternehmen, und
gleich hinter dem Ortsschild kann man dann die Erfahrung der Stille
machen. Es ist einfach still. Alles, was man hört, passiert vor dem
Hintergrund der Stille anstatt vor einer immerwährenden
Geräuschkulisse, die man bewusst ja gar nicht mehr wahrnimmt.
Ein schöner Rundwanderweg führt über einen Berg namens Galgenberg durch
den Wald nach Neudorf, wo man in der Dorfkneipe gemütlich ein Bierchen
oder Kaffee trinken kann – im Sommer draußen auf der Terasse, an einem
Felsen namens Hirschsprung vorbei durch ein paar Häuser namens Neumühle
und dann ein Bauernhof Eckenmühle – und nebenher die Eger, die durch
den Ort weiter Richtung Hohenberg an der tschechischen Grenze fließt,
wo es eine sehr schöne Burg gibt – geben muss …
Über den Galgenberg kommt man auch nach Röslau – 6km – wenn man denn
den kleinen Steg über die Eger findet, der gut versteckt mitten im Wald
liegt. Ich – bzw. wir – haben ihn gefunden und Natur pur genossen –
kein Mensch (außer uns) – Stille – Vogelzwitschern …. – dann die
obligatorischen Fischteiche und dahinter Himbeeren – soooooooooo viele,
als wenn seit ewigen Zeiten kein Mensch mehr da gewesen wäre – einfach
himmlisch! Und lecker!
Kurz nach dem Wald gibt es noch eine Besonderheit zu bestaunen: Röslau
ist einmal der geographische Mittelpunkt des Fichtelgebirges und hat am
Waldrand einen Aussichtspunkt „Zwölfgipfelblick“. Von hier aus kann man
alle 12 Gipfel des Fichtelgebirges sehen.
Nach dem Wald kommen dann erstmal Felder, an deren Rändern noch
Kornblumen wachsen. Röslau ist ein gemütliches kleines Örtchen mit
weitem Fußweg bis zum Bahnhof … Man muss – wie gesagt – die junge Eger
überqueren, die nahe Weißenstadt entspringt, ca. 6km vom Weißenstädter
See, einem Anziehungspunkt für Wassersportler.
Von Marktleuthen aus geht es eine Station mit dem Zug oder auch zu Fuß
Richtung Niederlamitz oder Bahnstation Kirchenlamitz Ost, um von dort
auf den Großen Kornberg zu wandern. Hier gibt es auf halber Höhe die
Ruine Hirschstein, von wo aus man einen herrlichen Blick über die
Hügellandschaft der Hufeisenmitte des Fichtelgebirges hat.
Die nächste Bahnstation wäre Martinlamitz, da bin ich nie ausgestiegen,
aber noch eine weiter, in Oberkotzau – ein Name, den man nie mehr
vergisst *g*
Oberkotzau ist ein kleiner Ort an der Saale, wo es ein Schloss gibt und
eine schöne kleine Kirche, die aber leider evangelisch und damit immer
abgeschlossen ist.
An der Saale führt der Saaleradweg entlang über Hof, die Endstation
meines Zuges, bis in die ehemalige DDR. Einen Egerradweg gibt es
ebenfalls.
Des weiteren führt der Europäische Wanderweg E3, der zu Teilen
identisch ist mit dem Jakobsweg, durch das Fichtelgebirge. Letztere
führen auch durch Marktleuthen.
Für Autofahrer interessant: durch das Fichtelgebirge führt die
Porzellanstraße. Außer Granit gibt es auch Kaolin, das man zur
Herstellung von Porzellan benötigt. Überall gibt es Porzellanfabriken.
Die bekanntesten Porzellanstädte dürften wohl Arzberg und Selb, die
Firmen Hutschenreuther und Winterling. Nach der Öffnung der Grenzen ist
hier allerdings vieles zu Bruch gegangen, da man jenseits der Grenzen,
also in Tschechien wesentlich kostengünstiger produzieren kann als hier
bei uns, wo man zum Leben halt ei bisschen mehr Geld braucht als auf
der anderen Seite der Grenze.
Nun noch ein anderer Ort, der sich wieder fast nur per Auto erreichen
lässt: Fichtelberg, wo es mir auch sehr gut gefallen hat. Fichtelberg
ist Skigebiet. Es gibt dort noch ein altes Silberbergwerk, dass ich mir
nächsten Januar wohl endlich mal ansehen kann. Außer Granit und Kaolin
hat man im Fichtelgebirge u.a. um Fichtelberg und Goldkronach Gold und
Silber gefunden und es auch abgebaut. Der Bergbau hat sich aber schon
zu Goethes Zeiten nicht mehr rentiert.
Fichtelberg hat auch einen See, den Fichtelsee, wo man sehr schön
spazieren gehen kann, ein Kristallbad (Hallenbad) und ein Auto-und
Flugzeugmuseum.
Auf den schon eben erwähnten Ochsenkopf, den höchsten Berg des Fichtelgebirges gibt es eine Seilbahn.
Fauit: wer ins und im Fichtelgebirge reisen will, sollte das mit Auto
tun, da viele schöne Gegenden sonst fast unerreichbar sind. Wer keins
hat, sollte an der Bahnlinie sein Domizil suchen und ansonsten gut zu
Fuß sein. Es lohnt sich allemal: die Landschaft ist wunderschön, die
Luft ist frisch und tut so gut, und es gibt noch viele Orte, die noch
nicht zu Touristenorten ausgebaut sind, wo man sich wirklich erholen
und die Natur genießen kann.
Alles Liebe und gute Reise, Sabine
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.10.2005.
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