Lothar Krist

Der Fickautomat. Die VerKaZettung der Zeit.

Der Fickautomat
oder
Die VerKaZettung der Zeit
(Eine gedichtige Prosa über das schlimmste Sklavenzeitalter aller Zeiten in brutalrealistischem Stil. Ich schreibe zurzeit an einem Theaterstück über einen 68er-Philosophen, der seine Seele an den Teufel verkauft hat, damit seine neue Philosophie die Herrschaft in der Welt erringt. Er ist heute ein hohes Tier in der Politik, wie all seine Kumpels von Früher auch. Sie leben in Saus und Braus. Sie sind heute alle ohne Ausnahme der Ansicht, dass man auch als reiche Sau eine sozialistische Politik für die immer mehr werdenden armen Schweine machen kann. So ist heute das einzige, das immer schöner wird, das Gehalt dieser reichen Säue und die Welt ist somit immer sichtlicher dabei, mitsamt dieser schönen Philosophie von einst unterzugehen. Zu den einzelnen Szenen in diesem Stück schreibe ich zur Untermalung und natürlich auch zur Aufheiterung meiner Wenigkeit als Dichter lustige Kurzgeschichten dazu. Dies ist eine davon.)
 
 
Anelie vermöst an einem Schmerz, der so zeitlos ist, doch niemals aufhört, ihre dem Kindesalter gerade entwachsene Möse zu beschmerzen. Ein grauslich schiacher Schwanz schwanzt riesengroß auf ihr. Der Wie-Vielte von Heute? Keine Ahnung! Anelie hat irgendwann bei fünfundzwanzig aufgehört zu zählen. Es werden wohl wieder einmal doppelt so viele sein. Sie fühlt nur noch Eines: ihr scheint es, als würde sie heute aus ihrem so kurzen Leben eisenhart hinaus geschwanzt, hinaus gestoßen.
 
Die Menschen in Deutschland feiern den Rosenmontag Zweitausendundfünf. Das geheime Ami-Puff in der Nähe einer großen Stadt ist gesteckt voll. Auf den Tresen tanzen nackte Mädchen. Auf der Bühne rockt eine perfekt eingespielte Cover-Band den einstigen Traum von Freiheit zu „I’m born to be wild“ von Steppenwolf in einen neuen Untergang. Am Bühnenrand davor verstöhnt Anelies neue Freundin, ein zierliches Blondinchen aus Weißrussland, im muskulösen Doppelpack ihre verloren gegangene Sehnsucht nach einer Spur von Liebe, ihren Traum vom westlichen Wohlstand und vielleicht von einem Hauch von Frieden. Die Bühne ist in tiefes Schwarz und in die grellen Farben Gelb, Orange bis hin zum Satansrot getaucht. Die Monster tragen Masken. Die Präsidenten Putin und Saddam-Hussein nageln ihr den letzten Willen aus dem Leib, während Peter Fonda mit wehendem Haar auf seiner Harley-Maschine über eine große Filmleinwand in einen wunderschönen Sonnenuntergang braust.
 
Vor der Bühne grölen Satansfratzen. Eine Papstmaske ist so lustig mit dabei. Es ist ja Fasching und somit Maskenzeit. Nur die nackten Mädchen sehen aus wie Menschen. Engelsgleich beleuchten sie diesen Irrsinn einer Neuen Zeit, die sich nun in ein drittes Jahrtausend nach Christi Geburt hinein verrotzt und –kotzt.
 
Vor der Kabine von Anelie stehen die Uniformen Schlange. Das Ein-Hundert-Euro-Sonderangebot zieht mächtig an. Wer abgespritzt hat, darf gleich noch einmal, wenn er es schafft, seine Batterien innerhalb von zwei Minuten nachzuladen, also seinen Stoßapparat neu zu füllen. Die Puffmutter, aufgemotzt im Kaiserinnen-Kleid mit Weiß-Haar-Perücke guckt auf ihre Uhr. Auch die Warteschlange stoppt jaulend mit und bricht aus in ein lautes Hurra-Hurra, wenn es einer schafft. Ansonsten wird er ausgelacht und ausgepfiffen.
 
Dieser schafft es nicht. Und schon ist der nächste dran! Die Kaiserin guckt, wer gerade kann. Ein riesiger, schwarzer G.I., über zwei Meter lang, eine Statur wie Arnold Schwarzenegger zu seiner besten Zeit, mit George-W.-Bush-Maske steht schon da, den dicken Schwanz in seiner totenkopf-beringten Soldatenhand. Die Kaiserin küsst das meterlange Mörderding, greift nach einem Gummi, Größe XXL, und streift ihn sachte über. Dann fällt der Große Bruder, unser Neuer Herr Weltpolizist, über das fremde Land und seine Opfer her.
 
Das Mädchen Anelie schreit auf, soooo laut. Es ist zu viel für sie, der eine wohl zu viel. Eine tiefe Ohnmacht, aus der sie nie mehr erwacht, lässt sie noch ein wenig vom Visum träumen, welches sie vor einem Monat endlich von der Deutschen Botschaft erhalten hat - in ihrem Heimatland. Ein so „netter“ Landsmann hat ihr dabei geholfen und auch dabei, ihre so arme Heimat, die Ukraine, zu verlassen. Kaum in Dortmund angekommen, verschwand sie in einem abhörsicheren Verlies. Seitdem hat Anelie nie wieder die Sonne gesehen. Auch der gute Alte Mann im Mond kam nie wieder vorbei bei ihr.
 
Oben auf der Galerie lehnt gemütlich ein stattlich großer Mann. Seine durch die Maskenlöcher stechenden Augen blicken genussvoll über diese sich ihm darbietende Höllenzeremonie. Herr Luzifer ist heute perfekter Playboy. Herr Luzifer hat sich den modernen Zeiten angepasst. Herr Luzifer spricht heute perfekt die europäische Gutmenschen-Sprache. Herr Luzifer hält mit seinen Kobolden den Neuen Wahnsinn in seiner auf dieses Neue Gutmensch-Sein eingestimmten Satanshand.
 
Eine schwarze Dienerin mit der Maske von Condolezza Rice meldet ihm: „Die kleine Ukrainerin ist gerade abgekratzt.“ Herr Luzifer zuckt nur mit seinen Achseln und sagt zu ihr: „Was soll’s? Schafft sie in den Keller! Morgen graben wir sie ein. Nur keine Aufregung deshalb, bleib cool, ‚s ist kein Problem!“
 
Herr Luzifer pflegt heute freundschaftliche Beziehungen mit allen wichtigen und oft auch so unwichtigen Diplomaten und Diplomatinnen der Europäischen Union. Ein Visum für eine seiner vielen kleinen Fick-Automaten? Kein Problem! Der Deutsche Herr Außenminister ist sein guter Freund. Der hat auf seinen Anruf hin, vor ein paar Jahren gleich dreihunderttausend Visa auf einmal locker gemacht, und das allein für die Ukraine. Da dachte selbst Luzifer bei sich: so viel echte Freundschaft gibt es nicht! Hahahaha lacht Luzifer und denkt: Meine EU ist heute voll von meinen geilen Mini-KaZets.
 
© Copyright by Lothar Krist (16.9.2005 im Smaragd)
 
Nachsatz:
 
Wir leben heute im schlimmsten Sklavenzeitalter aller Zeiten und WIR wissen es nicht einmal. Wir Alle sind schließlich ja gut erzogene Gutmenschen. Wer von uns weiß schon, dass der Umsatz im Kinder- und Frauenhandel mitsamt der dazugehörigen Prostitution allein in der Alten EU im Jahr 2000 das Brutto-Sozialprodukt der Schweiz in diesem Jahr bei Weitem überstiegen hat. In unseren Puffs, in unseren Geheimbordellen in unserer Europäischen Gutmenschen-Union mangelt es nicht an willenlos gemachten Frauen. Und wenn ein braver EU-Bürger einmal Lust hat auf Kinder-Sex? Kein Problem! Absolut nicht. Die Armut, der Hunger im Rest der Welt treibt diese Kinder in hoffnungsfrohen Massen hierher zu uns. Und von unseren Obergutmenschen wird ihnen selbst heute noch gesagt, dass sie Alle willkommen sind. Sind diese Obergutmenschen etwa alle irgendwie in diesen Kinder-Sex-Markt verstrickt? Locken sie etwa deshalb so, auf diese hinterfotzige Art und Weise ihre Opfer hierher, indem sie sich hinter der Maske eines Gutmenschen verstecken? Der Kinder- und Frauenhandel mit der dazu gehörigen Prostitution ist heute schließlich die größte wirtschaftliche Unternehmung in der ganzen EU. Dazu konnte es nur mit Hilfe der Europäischen Gutmenschen kommen. Ohne deren Hilfe wäre dieser Handel ein kleines Nischen-Unternehmen geblieben, so wie halt in früheren Zeiten auch.
 
Ehrlich, selbst die Römer oder die Europäer zur Hoch-Zeit der Sklaverei in den früheren Jahrhunderten, wenn man deren Jahresumsätze auf unseren Geldwert hochrechnet, waren wahre Hosenscheißer des Bösen gegen uns Gutmenschen-Europäer von Heute. Doch die haben damals wenigstens davon gewusst. Die Menschen zu diesen Zeiten standen zu ihren Bösartigkeiten. Sie haben selber Böses getan, sie waren Täter. Doch WIR, WIR Gutmenschen von Heute, WIR überlassen dieses Böses-Tun heute den „anderen“, wer immer dies auch sein mag, und WIR ALLE schauen dabei gerne zu, wenn wir nicht gar auf die eine oder andere Weise mithelfen. Wir sind heute wahre Weltmeister im Schönreden von uns selbst. Wir wurden in den letzten fünfunddreißig Jahren ja von unseren Großen Philosophen, unseren Großen Philosophinnen und vor Allem von unseren Großen Dichtern und unseren Großen Dichterinnen der so netten 68er-Friedensgeneration zu braven Gutmenschen erzogen. Wir haben also zu all jenen Dingen zu schweigen, die diesem Gutmenschen-Sein widersprechen, ja, diesen Obergutmenschen ist es sogar am Liebsten, wenn die von ihnen beherrschten, gar Nichts davon wissen.
 
Und wer nicht brav schweigt, der wird aus der braven Gutmenschen-Gemeinde ausgestoßen! In dieser Gutmenschen-Gemeinde gilt ja ein Jeder gleich als ein Nazi, sogar heute noch, der nicht ganz so denkt und ganz so spricht, wie sie, und dies selbst dann, wenn dieser Ausgestoßene vom ein Nazi-Sein weiter entfernt ist, als dieses Gesindel von Gutmenschen selbst. Und als so ein Ausgestoßener verliert man ja all seine Privilegien, die man als anerkanntes Mitglied dieser Gemeinde natürlich hat. Also wollen Wir davon, also von den vielen, vielen Widersprüchen Nichts wissen, ja, wir dürfen davon auch gar Nichts wissen, sonst wären wir ja keine Gutmenschen mehr. Deshalb wissen wir heute auch Nichts von den wirklich wichtigen Dingen, die in unserer Welt vorgehen. Und unsere Großen Medien, die sich alle, ohne Ausnahme, in Gutmenschen-Hand befinden, legen über Alles, was so ein Gutmensch nicht unbedingt zu wissen braucht, ein schönes Mäntelchen darüber, diese Gutmenschen-Zensur. Und das wieder nennen wir dann Manipulation durch eben diese Medien, über die wir Alle natürlich hinreichend Bescheid wissen, über die wir Alle zwar manchmal schimpfen, wenn sie einmal gar zu auffällig gewirkt hat, doch wir tun Nichts dagegen, wir haben mit ihr Leben gelernt, ja, wir lieben sie sogar dafür, schließlich lebt es sich viel einfacher in diesem gutmenschlich verträumten Schlafzustand, in dem wir Alle uns nicht ununterbrochen für unsere gutmenschlich entarteten Boshaftigkeiten rechtfertigen müssen, insbesondere immer dann, wenn eines unserer geliebten Freiheitsrechte mit einem anderen Freiheitsrecht kollidiert.
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Lothar Krist).
Der Beitrag wurde von Lothar Krist auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Lothar Krist als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Erfüllende Partnerschaft ist keine Utopie von Roland Cecchetto



Themen wie Liebe, Sexualität und Beziehung bewegen uns alle. Mein Buch vermittelt alltagstaugliche Denkanstösse, wie individuelle Lösungswege gefunden werden können, damit eine erfüllende Partnerschaft im Alltag Realität wird.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Gesellschaftskritisches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Lothar Krist

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Am Arsch der Zeit von Lothar Krist (Krieg & Frieden)
Ali von Claudia Lichtenwald (Gesellschaftskritisches)
MOZARTDUFT von Christine Wolny (Weihnachten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen