Josephine Boyd
Das Kopfkarussell.
"Bist du unglücklich?", fragte die Stimme im Herzen.
"Nein, ich glaube nicht.", antwortete die im Kopf, "Bist du's denn?"
"Ja."
Die Stimme im Herzen blickte traurig zu Boden. "Weißt du, ich habe
meine Gefühle irgendwo verloren und kann sie einfach nicht mehr
wiederfinden!", sagte sie, während ihr eine dicke Träne die Wange
hinunterkullerte.
"He, nicht weinen!" Die Stimme im Kopf
streckte ihr dünnes Ärmchen aus und strich langsam, aber fürsorglich
ihrem zweieiigen Zwilling über die kurzen Stoppelhaare. "Ich helf' dir
beim Suchen!"
Die Stimme im Herzen ließ sich verzweifelt auf der
nächstbesten Treppenstufe nieder, stützte den Kopf auf beide Hände und
schluchzte. "Das geht nicht, glaub' ich."
"Wieso?", fragte die Stimme im Kopf und runzelte die Stirn.
"Ich hab' Angst, dass du mir bei der Suche im Weg stehen könntest."
"Ach,
aber das ist doch völliger Unsinn! Nur gemeinsam können wir deine
Gefühle wiederfinden. Komm, lass uns zusammen suchen." Die Stimme im
Kopf streckte der Stimme im Herzen ihre Hand entgegen, mit deren Hilfe
diese schließlich wieder auf die Beine kam.
"Na gut. Wir können
es ja mal versuchen.", sagte sie und wischte ihre Tränen mit einem
alten Stück verblichener Erinnerung ab. "Ich hoffe nur, ich hab' sie
nur verlegt und nicht ganz verloren..."
Noch bevor sich die nächste
Tränen ihren Weg über die noch feuchten Wangen der Stimme im Herzen
bahnen konnte, schüttelte die Stimme im Kopf ernergisch ihr Haupt. "Du
bist so ein Pessimist! Jetzt hör' auf zu heulen und fang' an zu suchen!
Wir finden sie schon, das versprech' ich dir."
Dankbar lächelnd ergriff die Stimme im Herzen die Hand der Stimme im Kopf und ließ sich von dieser wegführen.
"Lass
uns in der Vergangenheit anfangen zu suchen. Wo könntest du sie denn da
verloren haben?", fragte die Stimme im Kopf und sah sich suchend nach
der Tür mit der großen Aufschrift 'VERGANGENHEIT' um.
"Ich weiß
nicht,", antwortete die Stimme im Herzen, "vielleicht als ich..." und
betrat hinter der Stimme im Kopf den großen Raum mit den vielen
Erinnerungen. "Oh.", sagte sie, nachdem sie sich im Raum umgesehen
hatte, "Das wird viel Arbeit."
"Weißt du was? Bevor wir anfangen uns
hier durchzuwühlen, lass uns die Hoffnung fragen. Vielleicht hat die
deine Gefühle gesehen!"
Dankbar, einen solch tollen Freund wie
die Stimme im Kopf zu haben, folgte sie ihr und die beiden schlenderten
davon in Richtung Hoffnung.
© J. Boyd, 2005
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.11.2005.
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