Ootomo Takayasu

Tage (1)


September
#23. Tag. Hell – wolkig. Trocken. Kühler Wind.

Schon
wieder einer der Tage, wo er ja überhaupt gar keine Lust auf ja
gar irgend'etwas hätte. Er saß da, stand da – nein doch,
er saß da und überlegte. Er dachte an, naja, eigentlich
hatte er ja doch keine Lust zu denken. Wie ja schon gesagt, er hatte
ja keine Lust drauf. Aber denken musste er dennoch. Also dachte er.
Ach
herje! Diese Lustlosigkeit war ja verwirrend. Soviel zu tun,
Hausaufgaben, malen, lernen – das tat er ja alles eigentlich
garnicht so ungern – aber womit solle er nur anfangen? Das ist ja
alles so konfus! Konfus? Komisches Wort – wie kann man ja nur auf
so ein Wort wie konfus kommen, dass doch eigentlich nie
gebraucht wird? Vor ihm lag ein Wörterbuch und in ihm selbst der
große Drang der Neugier. Sollte er es wagen? Eigentlich hatte
er ja keine Lust dazu... trotzdem! Diese Lustlosigkeit musste
aufhören! Mit aller Kraft strengte er sich an, um von seinem
Bett aufzustehen. Es ging nicht. Es ging einfach nicht! Die
unerhebliche Macht der Lustlosigkeit scheinte zu siegen. Nochmal. Er
schloss seine Augen. Konzentrierte all seine Kraft. Er spürte
schon die Mana-Power in ihm. 3 – 2 – 1 und hopp! Tatsächlich,
er hatte es geschafft. Er stand. Und das Bett, worauf er nur vor
wenigen Sekunden saß, stand hinter ihm. Ein ungeheures Gefühl
von Glück und Erfolg überrannte ihn, auch Glücksgefühl
genannt, und mehrere Millionen von Abermillionen Litern Adrenalin
schossen in seinem Blut. Aber wozu diese ganze Anstrengung? Warum
stand er nun und saß nicht mehr? Warum hatte er all seine
seelische Kraft dafür verschwendet? Das mag wohl keiner wissen,
oder doch? Er wusste es auf jeden Fall nicht mehr und entschloss sich
wieder hinzusetzen.
Aber
er tat es doch nicht. Stattdessen rannte er mit großer
Geschwindigkeit in einem Raum, weiß gekachelt, am Boden sowie
an der Wand eins komma drei neun sieben vier Meter hoch. Es war schon
ein komischer Raum in den er hinein trat. Ein Raum ist das, der in
jedem modernen Haushalt existiert, wo sich Menschen sicher und
alleine fühlen. Ein Ort, wo sich Menschen ausziehen und wieder
anziehen. Ein Raum wo es kaum Möbel gibt, und doch von selbst
vollständig ist. Aber was wollte ER da drin? Wie auch immer...
jedenfalls betrat er mit einer imens hohen Geschwindigkeit den Raum.
Er war so schnell, dass er glaubte die Zeit stünde still und er
habe um den Faktor eins komma neun acht vier neun zugenommen!
Ach
natürlich! Was sonst würde er wollen? Er fand einfach das
sitzen auf dem Bett langweilig und entschied sich auf die Kloschüssel
zu setzen. Da saß er nun und es plätscherte... es
plätscherte und er saß? Oh nein! Er ist krank, daher die
Lustlosigkeit! Daher alles! Er hatte einfach nur die Diarrhöe!
Oh nein, nicht schon wieder so ein Wort! Und denkt bloß nicht
an einem Wörterbuch! Ich mag Wörterbücher nicht – da
stehen so viele Wörter drin. Ein komisches Buch ist das. Es hält
sich für total schlau, ist aber eigentlich total blöd und
arrogant. Es will uns tatsächlich erklären, was ein Haus
ist:


Haus [Haus]




das; -es, Häu·ser;

1 ein Gebäude, in dem Menschen wohnen <ein
einstöckiges, mehrstöckiges, baufälliges, modernes,
ruhiges H;; ein H. bauen,
Und
das ist nur ein kleiner Teil!
Verzeiht
mir. Also, ich probiers nochmal: Er ist krank, daher die
Lustlosigkeit! Daher alles! Er hatte einfach nur Durchfall!
Hoffentlich ist das alles nicht so schlimm und seine weißen
Blutkörperchen zeigen mal was sie so drauf haben. Ja, macht ihn
gesund. Denn er braucht ja garnicht zum Arzt, er kann sich
komischerweise von selbst heilen. Und er braucht es noch nicht mal zu
wollen, es passiert einfach. Er heilt sich von selbst. Aber was
machen Menschen, die sich selbst garnicht heilen wollen?
Kompliziert...
Vor
lauter Eile hatte er ganz vergessen die Tür zu schliessen –
mal schauen wie es ihm geht. Oh! Er steht wieder auf den Beinen. Wie
gesagt, es passiert von selbst (auch wenn er nicht wieder gesund
werden will!). Oh mein Gott! *rotwerd* Was seh ich da! Er hatte
überhaupt kein Durchfall! Er ist eine sie! Ich meine, er ist ein
Mädchen. Nein! Sie ist ein Mädchen! Daher das plätschern!
Daher die Lustlosigkeit! Daher alles!
Hatte
ich ja ganz vergessen! Ooops, kleiner Erzählerfehler ~_~ Na gut,
dann ist sie halt ein Mädchen.
Ja
so, ich erinnere mich wieder. Er, nein sie ist total schwul und hat
sich eine Geschlechtsumwandlung unterzogen und weil das ihre Eltern
nicht akzeptieren wollten, hatte sie sie gerade vor paar Minuten
umgebracht und sie hatte es richtig genossen. Wie schwach doch ihre
Eltern waren. Machten immer auf stark und groß, doch gegen
neunhundertvierundsiebzig Schlaftabletten und sieben millarden
neunhunderttausendvierundsechzigmillionen-und-dreiundzwanzig
pikogramm Zyankali konnte niemand lachend davon kommen. Eigentlich
wars ja schade um die Eltern. Wer kümmerte sich nun um das
Essen? Ihr Magen knurrte. Toll, jetzt wo man die Eltern braucht, sind
sie nicht da. Und sonst, wenn man sie nicht braucht stehen die immer
doof rum und nerven!
„Chris,
kommst du? Das Essen ist fertig!“ rief die Mutter. Ja genau, die
Mutter. Na gut, sie ist nämlich nicht tot. Die kleine Geschichte
von eben stimmt nicht ganz, nur ein ganz ganz kleiner Teil davon ist
– zugegeben – gelogen. Also nochmal. Chris hat die Eltern nicht
getötet. Das ist auch fast alles. Achso: und eine
Geschlechtsumwandlung gabs auch nicht. Chris ist auch nicht schwul.
Und, Chris, naja, ist doch männlich - hab mich vorhin glaub ich
etwas >verguckt<.
„Verdammt
Mama! Nenn mich nicht Chris!“, rief Chris. „Ist ja gut, Christina
mein Schatzi batzi tatzi fatzi latzi! Jetzt komm sofort runter oder
ich schütte die heiße Suppe auf dich!“.
Naaaaaaaaaa...
gut! Okay, habe mich doch nicht verguckt! Ha! Ich habe immer Recht!
Sie ist doch ein Mädchen!
„Komm
ja schon.“, seufzte Christina. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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